Künstlerporträts

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Marita Napier

* 16.2.1939 Johannesburg     † 10.4.2004 Kapstadt

Mehr noch als Birgit Nilsson, war es Marita Napier, die mein Verhältnis zum weiblichen Part, in Wagners Opern beeinflusste. Die Nilsson kannte ich lange nur von der Platte. Marita Napier erlebte ich als junger Mensch oft auf der Bühne, kannte sie später auch privat. Im Opernhaus Essen war sie meine erste Elsa; ich war nahezu in jeder Vorstellung. Seitdem ist der Lohengrin mein wohl beliebtestes Werk vom alten Richard. Während einer Zauberflöten-Probe in Essen ging der Deckel zur Versenkung auf. Marita wurde mit einem Dolch hochgefahren, übergab diesen Margarita Turner und sang die 1.Arie der Königin der Nacht. Alle auf der Bühne und im Saal saßen bzw. standen da mit offenem Mund: „Was die mit ihrer Stimme alles macht“ sagte jemand vom Chor; leider hat Marita diese Partie in Essen nie gesungen, da war sie schon auf dem Weg nach Bayreuth, Hamburg, Berlin, Wien… In der Essener Zeit sang sie nach der Elsa, Amelia (Maskenball), Elisabeth (Carlos), Santuzza, Mimi, Martha (Tiefland), Ariadne, Lisa (Pique Dame), Lady Macbeth, Chrysothemis. Anläßlich eines Konzertes zum Neubau des Aalto-Theaters (auf dessen Bühne sie leider nie gestanden hat.) verabschiedete sie sich von den Essenern mit Isoldes Liebetod und Maskenball-Duett mit Juan Lloveras. Eine Tonbandaufnahme erinnerte mich immer noch daran.
Mich zog es 1974 zum Regie-Studium nach Hamburg und fast täglich zur Staatsoper. Wer lief mir dort über den Weg, Marita und Juan Lloveras. Ein Stückvertrag ermöglichte ihr, ihre wunderbare Sopranstimme in den unterschiedlichsten Partien zum Glühen zu bringen: u.a. Abigail, Leonora (Macht des Schicksals), die Elsa in Wieland Wagners Inszenierung; ich besuchte Marita auch zu Hause. In der Deutschen Oper Berlin erlebte ich sie zu dieser Zeit als Senta. Als Regieassistent unter Everding war ich 1976 in Orange ihr Proben-Lohengrin. Eine schöne Zeit; leider mussten wir beide uns um unsere Karriere kümmern. Für Marita war das nach Bayreuth, wo ich sie als Eva, Helmwige, 3.Norn und dann als Sieglinde erleben durfte, San Francisco, Verona, Wien, London, Mailand usw. Für mich war das nach Dortmund der Künstlerdienst, wo ich 1988 noch nicht mal erfahren habe, dass sie in NRW die Isolde konzertant sang.

Während meines Engagements in Dortmund war Marita dort unter Janowski die Kaiserin im FroSch. Marita reiste durch die Welt. In Dortmund sagte sie mir, dass sie wieder ein Leben in ihrer Heimat Südafrika plant, um dort zu unterrichten. Als Margarita Turner mir in Essen mitteilte, Marita bereitet sich in dort auf ihren Tod vor (Krebserkrankung), schnitt es mir tief ins Herz. Ich vermisse Marita Napier sehr, denn sie hat mich in meinem jungen Theaterleben mit ihrer wunderschönen Stimme und warmen Persönlichkeit begleitet. Fotos und Tondokumente erinnern mich immer wieder an sie. Mein Herz wird sie nie vergessen.



Josef Pelz von Felinau

* 24.10.1895 St.Pölten     † 15.2.1978 Berlin-West

Besuch Karfreitag am 14.7.2017 auf dem Friedhof Heerstraße in Berlin. Dort liegt Josef Pelz von Felinau begraben. Zu finden ist die Grabstätte leicht: Einen Parkplatz gibt es direkt vor dem Olympia-Stadion. Mit der U-Bahnlinie U 2 kommt man zur Haltestelle Olympia-Stadion. Der Eingang zum Friedhof ist auf der Trakehnerallee direkt neben der Verwaltung. Das Grab befindet sich gleich dort unterhalb Berg runter auf der 2.Ebene des Feldes 8 B.

Nach seinem Musikstudium in Wien und einer Offizierskarriere in der österreichischen Handelsmarine übersiedelte Josef Pelz von Felinau (JPvF) 1922 nach Berlin. Dort trat er bis 1926 mit eigenen Stücken und eigenem Ensemble und danach als Kabarettist auf. Ab 1930 begann er, als Sprecher und Autor für den Rundfunk zu arbeiten und schrieb Drehbücher.

1951 heiratete er die Schauspielerin Irene Ortleb und schrieb unzählige Hörspiele und Features für den Rundfunk. Mit ihr als Tontechnikerin hat er viele seiner Aufnahmen für die Radiosendungen vorbereitet. Seine Vision vom Untergang der Titanic (1939) wurde ein Bestseller.
Als Sprecher seiner eigenen Arbeiten wurde er berühmt. Der von ihm gewählte Vorname als Rufname wurde oft 'verheimlicht'; der Nachname war wohl lang genug.

Ihm Stand eine wunderbare Schallplattensammlung zur Verfügung, die Grundlage seiner unzähligen Sendungen nach dem II. Weltkrieg für den Hörfunk war. Höre ich seine mir zur Verfügung stehenden biographischen Portraits und phantasievollen Geschichten, so ist seine liebe zum 'Belcanto', zur italienischen Oper unüberhörbar. Da tauchen Namen auf, die jetzt kaum jemand kennt, da hört man wunderbare Stimmen, die man vorher nie gehört hat.
Es tauchen bei ihm neben den Belcantogrößen auch Christel Golz auf oder der junge Wolfgang Windgassen, der die Arie des Max singt.

Thematisch erfindet JPvF mit seiner nahezu überbordenden Phantasie Geschichten, nicht nur rund um das Theater, mit kuriosen Interna hinter den Kulissen und über die Eigenheiten der Künstler. Es ist ihm nahezu jedes Thema recht, um seine Lieblings-Musik und -Sänger zu präsentieren. Er erzählt das alles so lebendig und lebhaft, als ob er selbst dabei gewesen ist, als ob er es selbst ist. Der Zuhörer hört Details aus der Historie, die einen richtig träumen lassen. Ein besonderer Leckerbissen sind die Biographien. Hier ist vor allem die von Joseph Schmidt zu nennen, bei der JPvF kritisch hart und gefühlvoll auf die Vorgänge der Naziherrschaft blickt.

Etwas zusammengezuckt bin ich, als er von der Negersängerin Leontyne Price spricht oder von einem Neger, der Musik spielt. Aber das war so zu seiner Zeit -und auch bei mir noch als junger Mensch- üblich, das Wort Neger ganz wertfrei zu benutzen.

Auch ausgefallene Musikrichtungen, wie die von Stephen Foster, fallen auf. Alles was er zu Hause auf Platte hatte, kam mal dran. Daß er Serge Jaroff persönlich kannte, ist für die Hörer besonders wertvoll. Für Liebhaber und Kenner sind die Beiträge eine Fundgrube.

Auch Hörspiele hat er produziert. Die Geschichte von der 'Titanic' hat er mehrfach bearbeitet. Sie wurde später auch verfilmt, ohne daß er großen Einfluß auf die Verfilmung nehmen konnte.

Von den zahlreichen Rundfunkbeiträgen liegen mir nur 43 Hörbeispiele vor. Es fehlen dabei so bedeutende Komponisten wie Mozart, Verdi, Offenbach, Bruckner oder Richard Strauß, die aber in Aufzeichnungen seiner Sendungen aufgelistet sind. Und es fehlt mir einer meiner Lieblingskomponisten.

Über Richard Wagner hat Josef Pelz von Felinau ausführlich erzählt. JPvF wichtigsten Textmanuskripte über Richard Wagner liegen mir vor. Allein in den vier Sendungen 'Der Erlöser von Bayreuth' wird von allen großen Werken der Bogen vom Frühwerk Rienzi bis zum Parsifal geschlagen, verknüpft mit genauen Details aus dem Leben des Meisters.

In 'Ein König träumt...' gibt es ein fiktives Gespräch mit König Ludwig II. über Fantasie und Wirklichkeit. JPvF ist Borelli, der Gesprächpartner Ludwigs; Irene Ortleb ist Borellis Nichte.

Weitere Sendungen durchziehen sich mit Details und Erzählungen aus Wagners Leben. In 'Nibelungenverwandtschaft' wird von einem wehleidigen Kontakt zu Hector Berlioz berichtet und dem pointierten Bericht eines Kritikers zu den verqueren Verwandtschaftsverhältnissen der Nibelungen-Akteure. In 'Wagner in London' gibt es eine lustige Anekdote von seiner Probenarbeit mit dem Orchester.

Auch das 'Privatleben' läßt JPvF mit Details für Wagners 'irdische Gelüste' im Hofbräuhaus nicht aus.

'Die Stunde vor der Ewigkeit' schildert Wagners Tod in Venedig und die Beerdigung in Bayreuth.

Alle Beiträge werden von JPvF genau detailliert geschildert, als ob der Erzähler selbst dabei gewesen ist. Grundlage dieses profunden Wissens kann nur die Recherche in umfangreichen Schriften von und um Richard Wagner sein. Daß sich alle JPvF-Beiträge mit Musikbeispielen durchziehen, versteht sich von selbst.

Leider liegen mir die Manuskripte für die Sendungen über Wagner nur schriftlich vor; das persönliche Engagement über die Sprache fehlt so. Was das ausmacht, merkt man im 'Museum des Marchese'; dort beschreibt JPvF Wagners prägnante Optik auffallend deutlich. Bei Berlioz kritisiert er Wagners Verhältnis zum Geld und Ludwig II. engagiert neidvoll; hier liegt mir beides als Tondokument vor.

Immer wieder hat dieser Funk-Magier mit seiner leicht knarzenden Stimme auch ILSE GORA fasziniert. Über sie habe ich mich von seiner faszinierenden Art, Geschichten zu erzählen, anstecken lassen und habe das Gora-Ton-Archiv mit großer Freude digitalisiert. Für mich ist das ein idealer Hörgenuß für einen Sonntagvormittag oder in der heißen Badewanne, um zu entspannen und vielleicht doch wieder etwas neues zu erfahren.

Leider ist diese Sammlung von JPvF-Sendungen nicht vollständig. ILSE GORA hat von den vielen, vielen Sendungen 43 aufgezeichnet. Nur ein kleiner Beitrag seiner Aufnahmen sind uns bekannt; daher kann sich meine Einschätzung ob seiner musikalischen Schwerpunkte und Vorlieben noch ändern.

Wir würden uns sehr freuen, könnten wir die folgende Sammlung mit weiteren Sendungen des Funk-Magiers Josef Pelz von Felinau ergänzen:

Die Jahresangaben sind unter Vorbehalt.


  • Beifall, Bestien und Banausen | 1962
  • Bis ans Ende der Welt | 1952
  • Das magische Kabinett – Ein philosophischer Jahrmarktbummel | 1953
  • Das Museum des alten Marchese | 1962
  • Der Don Quichotte vom hohen C - Leo Sleszak | 1967
  • Der Einsame von Torre del Lago - Puccini | 1951
  • Der fliegende Teppich
  • Der Fuchs von Schottland - Enrico Caruso
  • Der Mephisto von Kasan – Fedor Schaljapin | 1956
  • Der Tanz auf dem Vulkan | 1962
  • Der Tannenbaum - Hörspiel nach Hans-Christian Andersen
  • Die Entstehung der Schallplatte
  • Die gläserne Kugel | 1969
  • Die Kehrseite der Medallie | 1961
  • Die Märchenkutsche
  • Die Nacht von Bergamo - Donizetti
  • Die Nachtigall von Recanti - Benjamino Gigli | 1956
  • Die tote Stadt - Glück das mir verblieb - Joseph Schmidt | 1965
  • Ein Liebling der Götter - C.M. von Weber | 1958
  • Es gab eine Zeit, die man die goldenen Zwanziger nannte | 1969
  • Figaro und Lukull - Dämon und Engel | 1956
  • Gespenster im Schallarchiv | 1967
  • Hypnose - Hörspiel
  • In vino veritas | 1954
  • Italienisches Karussell | 1959
  • Kaiser - Kimonos - Kosaken | 1959
  • Kuriosa der Opernwelt
  • Mario Lanza
  • Marionetten - Eine Rigoletto-Phantasie - 1961
  • Mein Freund der Fabulierer | 1963
  • Mit Pauken und Trompeten
  • Nächtlicher Spuk in der Scala | 1952
  • Phantastische Sinfonie - Hector Berlioz 2.Folge
  • Roulette
  • Satan auf Saiten
  • Sterbliche Unsterblichkeit
  • Sternstunden der Opernwelt | 1954
  • Stimmen im Sturm – Don Kosaken | 1955
  • Taktlosigkeiten mit und ohne Takt | 1965
  • Triumph der Melodie I - Ein Lebensbild von G.Puccini
  • Triumph der Melodie II - Ein Lebensbild von G.Puccini
  • Und Buddha lächelt
  • Virtuosen am Narrenseil
  • Vivat Bacchus – Gesänge ohne Fürerschein | 1972


Ilse Gora

Dieser Beitrag auf meiner homepage ist auch ein Dankeschön an ILSE GORA.



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