Theatertipps: Aalto Theater Essen

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LUCREZIA BORGIA

18.02.2024 |Regisseur und Bühnenbildner Ben Baur durfte anläßlich der Premiere damals doch viele Gäste in seine Inszenierung einbauen. In der Wiederaufnahme anno 2024 hatten die Besucher das Glück, glanzvolle Stimmen aus dem Essener Hausensemble zu erleben.
Allen voran in der Titelrolle ist Jessica Muirhead zu loben. Sie setzt ihren strahlend schönen Sopran in allen Lagen sicher ein und hat auch in den dramatischen Stellen keine Probleme, ihre Stimme wunderbar erklingen zu lassen.

Almas Svilpa ist mit seinem Heldenbariton ein idealer Don Alfonso in Stimme und Spiel.

Alejandro del Angel setzt seinen schönen Tenor sicher ein; ihn hätte man auch zwei Tage zuvor auf dieser Bühne gern gehört. Natalia Kukhar als Maffio Orsini behauptete sich mit ihrem wohlklingenden Mezzo-Sopran bestens im zahlenreichen Männerensemble, von dem vor allem Baurzhan Anderzhanov, Jongyoung Kim, Aljoscha Lennert und Karel Martin Ludvik zu erwähnen sind.

Die Inszenierung von Ben Bauer konnte den nicht klaren Handlungsverlauf durch statuarisches Spiel und Personenführung oft verständlich zeichnen, wobei ihm auch der Einsatz der Statisterie half. Dem Publikum gefiel so Donizettis Klangwerk.

Tommaso Turchetta forderte die Essener Philharmoniker zu Höchstleistungen auf und begleitete Chor und Solisten sensibel und lies diese -wenn notwendig- im Vordergrund erklingen.

Das Publikum zeigte sich begeistert und sparte zu Recht nicht mit großzügigem Beifall.


AIDA

16.02.2024 | Nahezu 35 Jahre sind es her, als Dietrich Hilsdorf 1989 seine Inszenierung von Verdis Aida zum ersten Mal im Essener Opernhaus präsentierte. Zwischendurch wurde das phantastische Bühnenbild von Johannes Leiacker teilweise neu gebaut, so daß das Werk heuer eine achtbare Wiederaufnahme erleben konnte.
Spielleiterin Marijke Malitius sei Dank, daß die Inszenierung sich noch spannend und effektvoll auf der Bühne präsentierte. Der am Abend anwesenden Regisseur selbst stellte nur kleine Veränderungen fest. Der Triumphmarsch wurde wieder von Chor und Statisterie phänomenal realisiert.

Andrea Sanguineti leitete die Essener Philharmoniker spannungsvoll ohne hörbaren Fehl und Tadel. Die tiefen Stimmen der Sänger glänzten besonders, allen voran Baurzhan Anderzhanov als König und Sebastian Pilgrim als Ramphis.
Aber auch Heiko Trinsinger als Amonasro konnte wieder überzeugen.

Astrik Khanamiryan als Aida und Gianluca Terranova als Radamès begannen sicher den Abend, während die 'bella voce' dem Ende nähernd immer mehr an Glanz verlor. Bettina Ranch als Königstochter verstand es meist, die kraftvollen Passagen auch mit Schönklang zu formen.

Herausragend die kleinen Partien, so konnten Nataliia Kukhar als Tempelsängerin und Aljoscha Lennert als Bote mit ihren kurzen Auftritten glänzen.

Das Publikum war begeistert und sparte nicht mit Beifall. Viele waren nicht zum ersten Mal in der Aufführung und hoffen, noch oft diese großartige Inszenierung erleben zu können.


FAUSTO

27.01.2024 | Knapp 200 Jahre nach der Uraufführung 1831 erlebte Louise Bertins 'Opera semiseria' im Essener Musiktheater die Deutsche Erstaufführung. Zusammen mit dem 'Centre de Musique Romantique Francaise' wurde die Essener Fassung erarbeitet, die die französischen Kollegen Dank des deutschen Bahnstreiks vorerst nicht miterleben konnten.
Tatjana Gürbaca zeigte eine moderne Sicht von Goethes Faust-Geschichte. Die Bühne von Marc Weeger beschränkt sich auf weiße Wände auf schwarzem Grund, die sich zur Pause aus unerklärlichen Gründen in die Höhe hoben, um nach der Pause einem größeren Bühnenraum Platz zu machen.

Die für die Premiere vorgesehene Darstellerin der Margarita mußte ersetzt werden. Die Regisseurin ließ es sich nicht nehmen, in diese Rolle zu schlüpfen und sie zu spielen, was ihr eindrucksvoll gelang.
Nach 197 Jahren hat keine Sopranistin diese Partie auf Abruf parat. Umso lobens- und beachtenswerter war die Entscheidung von Netta Or, die Margarita 'vom Blatt' von der rechten Bühnenseite wunderschön zu singen. Vielleicht kann die Technik des Hauses sich vorher entscheiden, wer denn den Lichtschalter des Notenpultes für den Gesang korrekt einrichtet.

Der auf Kammermusik spezialisierte Andreas Spering dirigierte souverän die mit dem Orchestergraben hochgefahrenen Essener Philharmoniker. Bertins Musik klingt melodiös, ist selten zurückhaltend und trumpft bereits zur Ouvertüre kräftig auf, die dann doch etwas zu lang wirkt. Die Solisten mußten ab und an gegen den Orchesterklang ansingen. Das Orchester hochzufahren war keine gute Idee, war doch keine Kammerbesetzung eingesetzt.

Allen voran konnte Mirko Roschkowski sich in der Titelrolle mit seinem lyrischen Tenor bestens behaupten. Netta Or präsentierte sicher ihren klaren Sopran. Almas Svilpa ist ein Mefistofele mit sattem Bass, dessen Höhen auch sicher und klangvoll erklingen.

Aber auch die weiteren Partien werden exzellent dargestellt, sei es Baurzhan Anderzhanov mit sonorem Bass und sicheren Höhen als Wagner, George Virban mit ansprechendem Bariton als Valentino oder Natalija Radosavljevic als Marte mit ausdrucksstarkem Mezzosopran.

Die Inszenierung siedelt die Handlung in der Jetztzeit an, was auch die Kostüme von Silke Willret unterstützen. Die Personenführung ist genau und Margarete darf auch ihren Schwangerschaftstest lesen.

Das Publikum bedankte sich mit Zwischenbeifall und sparte beim starken Schlußapplaus nicht mit Bravo-Rufen.


MY FAIR LADY

30.09.2023 | Da wurden die Theaterabteilungen des Aalto-Theaters schon beschäftigt, galt es doch, in einem Monat zwei Neuinszenierungen Premierenreif auf die Bühne zu bringen.
'My Fair Lady' von Frederick Loewe stand nun als Premiere an. Lange stand dieses durchaus bekannte Werk nicht in Essen auf der Bühne; mit Friedrich Gröndahl als Higgins hatte ich das noch im ehrwürdigen Opernhaus gesehen. Wer rechnen kann...

Nun öffnete sich der Aalto-Vorhang für das Werk mit der Inszenierung von Ilaria Lanzino und in der Ausstattung von Emine Güner. Da wurde vorab viel Literatur, vielleicht zu viel, zu diesem Werk gelesen. Es wurde versucht, den Inhalt auf die heutige Zeit zu übertragen.

Die große Bühne zeigte zu Beginn einen weißen Saal, in und vor dem alle Szenen, außer denen im Haus Higgins, stattfinden. Beim Wechsel fingen die Probleme schon an. Der weiße Saal verschwand in der Versenkung, das dauerte schon, ehe ein Bühnenwagen nach vorne gefahren werden konnte und die weiteren Ergänzungen auf den Soffitten von oben hinzukamen; es wurde schon Situation gespielt, ehe der Bühnen-Wechsel vollzogen war. Da dieser Wechsel nun einige Male geschah, zog sich die Aufführung allein aus diesem Grunde in die Länge. Da half es auch nicht, wenn das Orchester kräftig mit Loewes-Musik die Zeit überbrückte. Die Bühnenwechsel in Higgins Haus per Drehscheibe waren da schon wirkungsvoller; hätte man doch...

Die Essener Philharmoniker spielten unter der Leitung von Tommaso Turchetta flott und sauber auf und ließen so die musikalischen Farben aufleuchten. Die Sänger und Sängerinnen wurden für Gesang und manchmal langen Dialogen per Micro-Port verstärkt, was das nächste Problem an den Tag legte. Aber wo funktioniert das schon perfekt...

Das nächste Problem macht die Titelheldin Mercy Malieloa, die über einen schönen, strahlenden Sopran verfügt, aber die Dialoge nicht in perfekter deutscher Aussprache beherrschte. Grundsätzlich ist das kein Problem, aber gerade bei der Eliza Doolittle fällt das auf.

Über zwanzig Mitwirkende werden aufgelistet. Solisten und Chorsolisten zeigten sich engagiert, um die sich hinziehende Geschichte mit Leben zu füllen; dazu noch mit viel Schwung und Elan kamen drei Tänzerinnen und drei Tänzer hinzu.

Von den Solisten fallen besonders Rainer Maria Röhr als Pickering, Karel Martin Ludvik als Elizas Vater oder Andrei Nicoara mit schöner, großer Bass-Stimme als Harry auf, der auch die geforderten Tanzeinlagen mit Bravour erfüllte. Im Hause Higgins machte Christina Clark als Mrs. Pearce, mit wunderschöner Sopran-Stimme, engagiertem Spiel und Dialog ihre Sache so gut, daß man sie sehr gerne als Eliza erleben möchte.

Dem Publikum gefiel alles und sparte auch zwischendurch nicht mit Beifall. Was will man mehr.


DIE HOCHZEIT DES FIGARO

23.09.2023 | Der Tscheche Tomas Netopol ließ es sich nicht nehmen, Mozarts in Prag uraufgeführtes Werk `Le nozze di Figaro' zum Abschluß seiner Essener Zeit als GMD in den Spielplan zu nehmen. Netopils Nachfolger Andrea Sanguineti durfte nun die Inszenierung von Floris Visser musikalisch übernehmen.

Warum der Regisseur gerade diese Mozart-Oper inszeniert hat, wurde mir nicht klar. Gideon Davey zeigte auf der Drehbühne immer wieder neue, dreieckige Innen-Räume, was einen raschen Wechsel der Szene ermöglichte. Eine Wand wurde von mal zu mal mehr mit grüner Farbe angemalt, was für das letzte Garten-Bild Sinn machen sollte. Vielfach wurde die Personenführung vernachlässigt und man setzte nur auf den Gang durch die sich drehenden Räume.

Zwei Figuren, Satyr und Cupido, wurden von der Regie zusätzlich eingesetzt, die das Geschehen begleiteten und oft erläuterten, was letzten endlich aber nicht zur Qualitätssteigerung der Inszenierung beitrug. James Michael Atkins und Mick Morris Mehnert taten ihr bestes.

Ein Gerüst, mit einer Plane abgedeckt, mußte als Versteck für Cherubino und den Grafen im 1. Bild herhalten. So wurde ein Manko der Inszenierung offenbar, da man Mozarts Regie-Anweisungen 'überliest'. Die von Mozart vorgesehenen Aktivitäten auf, hinter und um den Sessel herum funktionieren deutlich besser, setzt man auf Deutlichkeit der komödiantischen Handlung. Aber auch in anderen Inszenierungen funktionieren 'neue' Ideen nicht.

Andrea Sanguineti leitete mit Umsicht die Essener Philharmoniker und begleitete auf dem Hammerklavier die Rezitative, das er seltsamerweise auch in manchen Orchesterstellen einsetzte.

Zwei Umbesetzungs-Gäste wurden angekündigt. Zuvor in der Aalto-Premiere sang Markéta Klaudova aus Prag die Susanna, um nun als Gräfin zurückzukehren, um in Stimme und Spiel zu glänzen.

Mit Lisa Wittig als Susanna hatte sie jetzt eine Partnerin, die in Stimme und Spiel eine exzellente Rollengestalterin war.

Marcel Brunner zeigte einen wendigen, sympathischen Figaro. Seinen hellen Bariton führte er leicht und konnte auch die geforderten tiefen Lagen klangvoll gestalten; er bot so eine hervorragende Titelfigur.

Tobias Greenhalgh ist als Graf eine herausragende Figur in Stimme und Spiel. Seiner Bariton-Stimme fehlt leider Glanz in der Höhe. Das 'Contessa perdono' im letzten Akt wurde von ihm 'verschenkt'.

Auf die Arien von Marcellina (Bettina Ranch) und Bartolo (Andrej Nicoara) im letzten Akt wurden leider verzichtet. Die Aufführung dauerte auch so 3 1/2 Stunden. Alle weiteren Rollen wurden bestens vom weiteren Ensemble gespielt und gesungen.

Das Publikum zeigte sich auch schon beim Zwischen-Applaus begeistert und sparte zum Schluß nicht mit Bravo-Rufen.


MACBETH

03.09.2023 |Ob sich die neue Intendantin des Hauses diesen Einstand mit Verdis Meisterwerk so vorgestellt hat, sei dahin gestellt. Geahnt müßte sie es haben; hat sie doch die noch junge Regisseurin Emily Hehl mit der Aufgabe dieser Neuinszenierung beauftragt. Klug wirkende Fakten zu diesem Shakespeare-Stück wurden vorab von der Regisseurin auch dem Publikum bei der Matinee vorgetragen.

Gesehen hat man in der Premiere auf der Bühne von den Fakten nicht viel davon. Die Ausstattung von Frank Phillip Schlössmann half nicht weiter, um eine erläuternden Sicht von dem Werk auf der Bühne zu bekommen. Die Kostüme wirkten schmucklos auf der mit hellen Wänden eingerahmten Spielfläche.

Die Personenführung half auch nicht, Einsicht in die Motivation der Handelnden zu bekommen, was doch eigentlich versprochen wurde. Da wurde viel mit Requisiten und Tüchern hantiert. Der sehr gut singende Chor durfte oft einen hügelähnlichen Haufen bilden, wenn er nicht vor den Wänden Position, auch mit den Solisten, nahm. Da hat man der Inszenierung keinen Gefallen getan, die wunderschöne Ballettmusik der Pariser Fassung zu spielen, da das szenisch nicht umgesetzt wurde. Für die drei Tänzerinnen, die die ganze Aufführung für Bewegung sorgen sollten, war das Hantieren mit einem schwarzen Schal zu wenig.

Die Essener Philharmoniker folgten präzise den oft langsam wirkenden Tempi ihres neuen Generalmusikdirektors Andrea Sanguineti; oft wurde so eine spannende Wirkung entfaltet. Die laut auftrumpfenden Akzente der Verdi-Partitur wirkten umso bombastischer.

Die Sänger glänzten alle in ihrem Rollendebüt. Allen voran Massimo Cavalletti in der Titelpartie mit hellem Bass-Bariton und Astrik Khanamiryan als Lady Macbeth, deren Sopran auch die tiefen und dramatischen Stellen sicher erreichten. Eine herausragende Erscheinung, auch mit einer schönen hellen Bass-Stimme, war Sebastian Pilgrim als Banquo.

Die Tenöre waren ebenso klangschön präsent. Alejandro del Angel als Macduff und George Virban als Malcolm boten eine ideale musikalische Interpretation ihrer Rollen. Da darf man sich auf weitere Auftritte der beiden mit anderen Partien auf der Aalto-Bühne freuen

Die vielen kleinen Rollen, Diener, Erscheinungen usw. waren nur -technisch verstärkt- aus dem 'off' zu vernehmen. Da freute man sich, Michael Kunze als Arzt auf der Bühne mit seinem wohlklingenden Bass zu hören; neben ihm wirkte die Kammerfrau der Lady musikalisch zurückhaltend.

Aus den angekündigten 3 Stunden Aufführungszeit wurden 3 1/2. Das Publikum bedankte sich bei Orchester, Chor und Solisten einhellig mit starkem Beifall. Dann aber kam 'Schwarz': selten habe ich eine so große, lautstarke Missfallensbekundung im Essener Aalto-Theater gehört, als die verantwortlichen für die Szenerie der Aufführung zum Applaus erschienen. Schade, man hätte der Theaterleitung einen besseren Start gewünscht.


FAUST

13.11.2022 | Was die beiden Opern-Bühnen auch immer zu einer Zusammenarbeit bewogen hat, es hat sich gelohnt. Am 30.1.2016 gab es die Premiere von Charles Gounod's 'Faust' im Aalto-Theater; nach einer Aufführungsserie in Essen wechselte die Inszenierung nach Berlin zur Deutschen Oper. Von dort zurückgekommen, hatte ich nun Gelegenheit zu einem Besuch und ich war in allen Belangen begeistert von der Aufführung.

Für Regie, Inszenierung und Bühne zeichnet sich Philipp Stölzl verantwortlich. Im Raum dominierte eine große, graue halbrunde Wand, von einem schmalen Podest eingefaßt. Während sich die Fläche davor als Scheibe bewegte, blieb die Wand fest auf ihrem Platz. Nach der Pause war der Winter eingezogen; es schneite und selbst auf dem Souffleur-Kasten lag Schnee.

Es gab immer wieder wundervoll inszenierte Situationen aus der Gesellschaft, während die Geschichte um Faust, Marguerite und Méphistofèlès ihren unheilvollen Verlauf nahm, die man gebannt verfolgen konnte.

Im letzten Bild führten Gittertüren zu Marguerites Kerker, die sich öffneten und sie fliehen sollte. Doch sie lehnte das Angebot von Faust und somit auch von Méphistofèlès ab und zog die Bestrafung durch den Tod vor. Sie wurde auf einer Trage festgeschnallt und bekam die Todesspritze.

Gerrit Prießnitz leitete die Essener Philhamoniker glutvoll und umsichtig und ließ den Sängern Raum, sich zu entfalten. Als Faust war Sung min Song eine ideale Figur mit leichter, immer sicheren Stimme und glanzvollem Ausdruck.

Almas Svilpa als Méphistofèlès konnte mit seiner großen heldenbaritonalen Stimme immer überzeugen und war auch im Intrigenspiel präsent. Jessica Muirhead als Marguerite konnte ihren Sopran vor allem in den lyrischen Stellen wirkungsvoll einsetzen.

Aber auch die anderen Mitwirkenden an dem Geschehen machten einen musikalisch und spielerisch überzeugenden Eindruck: Tobias Greenhalgh (Valentin) und Liliana de Sousa (Siébel). Bettina Ranch (Marthe Schwerdtlein) hatte sich von den Wesendonck-Liedern erholt und es machte Spaß, ihrer Figur zu folgen.

Das Publikum zeigte sich begeistert und sparte nicht mit Beifall. Schade, auf den noch freien Sitzen hätten viele Opernfreunde noch Platz gefunden, um eine sehenswerte Theateraufführung zu genießen. Vielleicht erfahren sie davon und ärgern sich entsprechend, nicht dabei gewesen zu sein.


GISELLE

01.11.2022 | Das fing schon gut an: Das Publikum wartete knapp 10 Minuten auf den Beginn des Ballettabends im gut besuchten Aalto-Saal. Die Ballettleitung wartete auch am Technik-Pult in der letzten Reihe auf den Anfang. Eine Ansage für den deutlich verspäteten Beginn wäre vielleicht nett gewesen.

Ballettintendant Ben Van Cauwenbergh zeichnet sich verantwortlich für das Handlungs-Ballett in zwei Akten nach Petipa u.a.. Wolfram-Maria Märtig dirigierte die Essener Philharmoniker und ließ die Musik von Adolphe Adam getragen mit dramatischen Effekten erschallen. Die Partitur konnte so klar mit vielen Feinheiten der einzelnen Stimmen hörbar werden. Ein wenig Spannung fehlte dadurch. Das kurze Vorspiel zum ersten Akt wurde mit Themen aus dem Willi-Akt ergänzt.

Das gab dem Essener Ensemble Zeit, die Choreographie gefühlvoll auszutanzen. Yuki Kishimoto als Giselle ist der tänzerische Höhepunkt im Ensemble. Ihr Partner zur Seite war Artem Sorochan als hoch gewachsener Albrecht, für den die Hebefiguren kein Problem waren. Auch seine Soloeinlagen wirkten blendend leicht getanzt; ein Sturz schmälerte diese Leistung nicht.

Die Mitglieder der Compagnie des Aalto Balletts waren sowohl solistisch als auch in der Gruppe ohne technische Finessen eingesetzt. Nur 14 Willis im 2.Akt gaben optisch ohne Esprit ein dünnes Bild.
Mitglieder des Fachbereichs Tanz des Gymnasiums Werden wurden zur Auflockerung des ersten Aktes eingesetzt. Beim alleinigen Einsatz der jungen Leute an dominanter Stelle fehlte die entsprechende Wirkung zur Musik.

Die Choreographie konnte vor allem beim Hauptthema der Handlung, Giselles Zwang nach Tanz, nicht überzeugen und dieses erläutern; wird Giselle doch zu einem Willi, einem Zauberwesen, das nach dem Tod sein Dasein mit ihren Leidensgenossinnen fristet.

Das junge Publikum zeigte sich mehr als zufrieden. Bereits während der Aufführung geizte es nicht mit Beifall, was den Dirigenten nicht davon abhielt, weiter die Musik spielen zu lassen, damit es auf der Bühne weiter geht. Der sachkundige Besucher verließ zu Pause das Haus. Der Schlußbeifall viel entsprechend dankbar aus.


UN BALLO IN MASCHERA

23.10.2022 | Die Inszenierung von Dietrich Hilsdorf ist nahezu 23 Jahre alt und wirkt heute noch erstaunlich frisch. 2015 hatte ich zuletzt das Vergnügen, diese auf optische Eindrücke setzende Aufführung in der Ausstattung von Johannes Leiacker zu erleben. Marijke Malitius zeichnet für die präzise Wiederaufnahme Verantwortung.

Von der von mir 2015 gesehenen Besetzung gab es jetzt tatsächlich noch zwei Sänger, die sich jetzt auf der Bühne in ihren Rollen wiederfanden. Christina Clark ist der Page, der sich morgens im Bett mit ihrem Chef Riccardo rumsuhlt. Carlos Cardoso ist ein optisch und stimmlich ansprechender König von Neapel, bei dem musikalisch kaum Wünsche übrig blieben.

Baurzhan Anderzhanov ist wieder der fulminante Bösewicht Tom; sein Partner Sam ist diesmal der fantastische Andrei Nicoara. Beide bilden ein ideales Paar, das auch musikalisch mit großen, schön und voll klingenden Bass-Stimmen punkten kann. Sie sind der musikalische Höhepunkt an diesem Abend.

Valentina Boi als Amelia lies sich durch eine Ansage entschuldigen. So ist es nicht einfach, ihre Leistung des Abends einzuschätzen. Grundsätzlich wirkte ihr Sopran sicher. In den Piani werden auch die Spitzentöne sicher erreicht, in den dramatischen Tönen nicht. Grundsätzlich könnte ihre Stimme mehr Glanz haben.

Janis Apeinis als Renato hat einen sicher geführten Bariton, der auch strahlende Momente bietet. Oleh Lebedyev als Silvano ist mit seinem sehr ansprechenden, hellen Bariton ein stimmlich und szenisch großartiger Matrose.

Was man bei einer Ulrica selten hört, Helena Zubanovich bietet in allen Lagen eine schön gestaltete Mezzo-Stimme, ohne Anstrengung und Forcierung.

Elias Grandy leitete die Essener Philharmoniker souverän engagiert und sorgte so für einen weiteren musikalischen Höhepunkt, bei dem auch der Chor seinen Anteil hatte. Daß die Bühnenmusik zu zurückhaltend klang, lag nicht am zupackenden Dirigenten.

Das Publikum amüsierte sich über die interpretatorischen Übertitel der Handlung und geizte nicht mit Beifall für eine Inszenierung, die auch jetzt noch sehenswert ist.


TANNHÄUSER

24.09.2022 | Was lange währt wird... Man könnte den Satz fortsetzen, gäbe es in der Inszenierung von Paul-Georg Dittrich nicht einige Aspekte, die den Betrachter irritierten. Nach der Corona-Zwangspause kam die Inszenierung nun auf die Bühne, in der die Ausstattung von Pia Dederichs und Lena Schmid und die Videoeinspielungen von Vincent Stefan einen großen Anteil hatten.

Im 1.Akt dominierte im Venusberg eine weiße Reliefwand mit großen weiblichen Brüsten das Bild, ehe diese zur Seite geschoben wurde und hohe Gerüste das Bild beherrschten. Auf unangenehme Weise blendeten Scheinwerfer einen Teil der Theaterbesucher; korrektes Ausleuchten sieht anders aus. Als Film wurde u.a. die Geburt eines Kindes gezeigt.

Der 2.Akt auf der Wartburg zeigte einen großen Saal mit Rundbögen, der sich nach hinten mit weiteren Bögen verkleinerte. Im 3.Akt beherrschte eine Leinwand mit diesem Bild die Szene, ehe ein Mädchen dieses Bild mit weißer Farbe zumalte. Ein Tisch stand davor, an dem die Beteiligten der Handlung saßen.

Der Regisseur hat mit seinem Team für diese Inszenierung sehr viel Neues erdacht und die vorgegebene Geschichte weiter entwickelt. Die Personenführung ist genau und wird von den Handelnden präzise umgesetzt. Der Betrachter wurde so veranlaßt, sich seine Gedanke darüber zu machen und vielleicht noch einmal das Programmheft zu lesen.

Die Essener Philharmoniker spielten unter der Leitung von Tomás Netopil phantastisch auf. Bei verhaltenen Tempi erklangen viele Phrasen der Partitur erfreulich klar. Leider wurden im Fortebereich die Sänger vom Orchesterklang oft überlagert. Warum Tomás Netopil betont, die Dresdner Fassung zu bevorzugen, konnte im 1.Akt nicht nachvollzogen werden. Denn da wurde die deutlich erweiterte Fassung Venus-Tannhäuser aus der Pariser Bearbeitung gewählt, die in dieser Inszenierung einige Längen parat hatte.
Das das 'Pariser Bacchanal' nicht gewählt wurde, verstehe ich noch; denn viele Regisseure und Dirigenten trauen sich an diese sehr modern wirkende Musik nicht heran. Hier herrscht bereits der Stil von 'Tristan' vor, mit einer Chromatik, mit schwellenden Nonenakkorden und einer farbenüppigeren Orchesterpalette.

Daniel Johansson gestaltet in Stimme und Spiel die Titelrolle phänomenal. Seine lyrisch klingende Stimme kommt mit der doch schwierigen Partie auch in den dramatischen Stellen bestens zurecht. Seine Textverständlichkeit bestärkt diese ausgezeichnete Leistung und macht ihn zu einen der führenden Tenöre der heutigen Zeit.

Ihm zur Seite als Elisabeth ist Astrid Kessler mit ihrer hellen Sopranstimme zu loben, die auch in der Mittellage und in den dramatischen Momenten eine Glanzleistung bot. Durch ihr körperbetontes Spiel konnte sie der Rolle zusätzliches Profil geben.

Deirdre Angenent als Venus verfügt über einen kräftigen Sopran, der auch die tiefen Stellen sinnlich erreicht.

Heiko Trinsinger - vor 20 Jahren in Essen bereits ein beachtenswerter Wolfram von Eschenbach- hat sich bestimmt nicht gedacht, welche Rolle ihm in dieser Inszenierung 2022 zugedacht wurde. Er singt die Partie wunderschön und meistert auch die Anweisungen der Regie, die seine Liebe zu Elisabeth deutlich heraus arbeitet.

Von den Teilnehmern des Sängerkrieges fällt vor allem Andrei Nicoara als Biterolf mit großer, schöner 'schwarzer' Stimme und präzisem Spiel auf. Mercy Malieloa als 'junger Hirt' verfügt über einen schönen, runden Sopran und darf nach ihrem Gesangspart in den weiteren Akten mitagieren.

Das Premieren-Publikum belohnte die Essener Philharmoniker mit Tomás Netopil und alle Sänger- und Sängerinnen für deren Leistung mit kräftigem Beifall, von denen Astrid Kessler, Daniel Johansson und Heiko Trinsinger besonders gefeiert wurden. Für das Regie-Team war der Applaus mit einigen Buhrufen gedämpfter.


IL BARBIERE DI SIVIGLIA

10.06.2022 | Aus technischen Gründen konnte diese Aufführung nicht im kompletten Bühnenbild stattfinden. Da sind wohl einige Kisten von Ben Baur in der Inszenierung von Jan Philipp Gloger kaputt gegangen?!

Der geplante Umbau zum 2.Akt vor geschlossenem Vorhang dauerte extrem lange. Der arme Darsteller des Fiorello, Demian Matushevskyi, durfte den ganzen 1.Akt auf der Seitenbühne auf seinen Auftritt warten, der doch diese Umbauzeit eigentlich überbrücken sollte. Die Cembalo-Klanghilfe aus dem Orchestergraben konnte auch nicht helfen.

Technische Probleme gab es aber schon vor Beginn der Aufführung. Am Souffleurkasten wurde gewerkelt; der Dirigent wartet daneben im Hintergrund auf sein Startzeichen.

Aber dann! Am Pult der Essener Philharmoniker stand Lorenzo Passerini. Es war eine Wonne, den italienischen Shooting Star bei seiner Arbeit zu erleben. Seine Zeichen für Orchester und Bühne waren präzise und durchlebten die Musik einfühlsam mit. Nie wurden die Sänger vom Orchesterklang 'zugedeckt'. Souverän entwickelte er die Klangschönheit von Rossinis Partitur und fand noch Zeit, mit der Hand ein vom Himmel fallendes Geldschein-Requisit aufzufangen.

Warum die inzwischen in die Jahre gekommene Aufführung noch gespielt wird, kann sicherlich nicht an der Qualität der Inszenierung liegen, obwohl Sara Wieners sich alle Mühe für die szenische Einrichtung gab.

Von den Solisten ist allein Baurzhan Anderzhanov zu nennen, der schon vor 16 Jahren zur Premiere Don Bartolo exzellent sang und spielte. Auch jetzt ist er der szenische und musikalische Höhepunkt. Seine Stimme ist in allen Lagen präsent und klangschön; sein humorvolles Rollenspiel ist genau und weckt Sympathie für den geschundenen Arzt.

Almas Svilpa ist jetzt der Musiklehrer Don Basilio, der mit großer Bass-Stimme keine Probleme für die Gestaltung dieser Rolle kennt; da hat er schon mit anderen Partien gezeigt, zu welchen Glanzleistungen er fähig ist.

Tobias Greenhalgh ist Figaro und versteht es, mit seinem schön geführten, leichten Bariton Rossinis Barbier angenehm zu Gehör zu bringen. Der Strippenzieher der Geschichte hat immer alles, auch die Kisten, unter Kontrolle.

Dmitry Ivanchey ist Almaviva, der mit seinem schön klingenden, leichten Tenor auftrumpfen kann. Allein die Kraft in einigen Passagen fehlte ihm, aber da war ja noch das umsichtige Dirigat von Lorenzo Passerini, der den Klang des Orchesters im Zaume hielt.

Liliana de Sousa bot mit ihrem dunklen Mezzo-Sopran und einer sicheren Höhe alles, was man für eine Rosina benötigt. Ihr sympathisches Spiel war Garant für ein vergnügliches Geschehen.

Christina Clark mit ausgepolstertem Gesäß und Gurkenmaske als Berta konnte mit ihrem hellen Sopran vor allem in den Ensembles strahlen; da hat man bedauert, daß Rossini ihr nur eine Arie gegeben hat.

Demian Matushevskyi als Fiorello zeigt in seinem kurzen Auftritt zu Beginn, welch klangvolle, große Stimme er hat. Da freute man sich schon jetzt, ihn in anderen, größeren Partien zu hören und zu sehen.

Die Besucher im nicht voll besetzten Aalto-Saal bedankten sich mit anhaltendem Beifall, hatten sie doch Dank der Applausordnung genügend Zeit dazu.


DON CARLO

25.03.2022 | Was lange liegt, wird nicht immer gut. Vor zwei Jahren, kurz vor Corona, gab es im Essener Musiktheater die Generalprobe von Verdis Oper. Die Kooperation mit der Opéra national du Rhin Strasbourg war den Essener Theatermachern bekannt und man konnte sich nicht für optische Defizite entschuldigen, wollte man nicht Jean-Michel Criqui die Schuld für dessen szenische Einstudierung geben. Er durfte die Inszenierung von Robert Carsen in Essen betreuen.

Die Bühne von Radu Boruzescu war grau in schwarz. Ein großer Raum nach hinten perspektivisch verkleinert mit Türen und sich oft öffnenden Fenstern in der ersten Etage. Zwischenwände verkleinerten den Raum für des Königs Raum; aus der Versenkung kam dann der Schreibtisch.

Die schwarzen Kostüme von Petra Reinhardt verdüsterten zusätzlich den Raum. Der Einsatz von weißen Plastikblumen als Raumdekoration, die von den Damen des Chores immer wieder anders auf dem Boden dekoriert wurden, waren für die Optik nicht förderlich.

Die Figuren der Handlung bewegten sich im Scheinwerferlicht des dunklen Raums, spielten die Situation und wirkten auf der Bühne doch verloren und nur aufgestellt. Was sich der Regisseur mit der Erzählung der vorgegebenen Handlung denkt wird nicht erläutert; vielmehr führt die Regie eine eigene Idee ein mit den Figuren des Marquis von Posa und des Großinquisitors. Posa gibt dem katholischen Oberhaupt Carlos' Geheimpapiere und wird dadurch zum neuen König gekrönt. Die Hinrichtung Posas wird nur vorgetäuscht; König Fillippo II. wird erschossen.

Ante Jerkunica ist mit stimmgewaltigen Bass Filippo II.; auch in der Höhe konnte er seine Stimme nun wohlklingend einsetzen. Gaston Rivero ist Carlos mit kräftigem, strahlenden Tenor. Karl-Heinz Lehner trumpfte mit großer schwarzer Stimme auf; seine angekündigte Indisposition hat man nicht gemerkt.

Bei solcher Stimmengewalt hatte es Tobias Greenhalgh als Posa schwer, sich zu behaupten. Vorher selbst indisponiert, hat er zugesagt, für den erkrankten Kollegen mit seinem Rollendebüt einzuspringen. Sein lyrischer Bariton wird von ihm wohlklingend eingesetzt; die Partie verlangt aber die Kraft eines Heldenbaritons, die ihm zumindest an diesem Abend fehlte.

Gabriela Mouhlen ist eine hoch gewachsene schlanke Elisabetta von Valois mit großem Sopran, der auch strahlende Momente findet. Nora Sourouzian kann ihren Mezzosopran in den lyrischen und dramatischen Passagen optimal einsetzen.

Auch die kleineren Partien können sich hören und sehen lassen. Baurzhan Anderzhanov ist der Mönch, der die Stimme von Filippo I. mit wohlklingenden Bass erstrahlen läßt und den Todesschuß auf Fillippo II. abschießt. Liliana de Sousa als Tebaldo und Christina Clarks Stimme vom Himmel sind ebenso lobenswert wie der schöne Tenor von Christopher Hochstuhl als Graf von Lerma.

Andrea Sanguineti am Pult der Essener Philharmoniker trumpfte laut und so kräftig auf, daß selbst die großen Stimmen der Solisten manchmal nicht zu hören waren. Der durch Krankheit leicht verkleinerte Chor zeigte wieder seine ausgesprochen starke Qualität.

Um 23h00 mußte das Publikum lange Beifall zollen, ehe der Vorhang sich öffnete und die Applausordnung durchgeführt werden konnte; die Technik mußte zuvor die zahlreichen Särge von der Bühne holen, damit der Chor dort beim Applaus Platz findet. Warum hat man nicht gleich vor dem Vorhang mit den Solisten die Applausordnung begonnen? Ein letztes Beispiel einer glücklosen Inszenierung.


IL TRITTICO

22.1.2022 | Unter dem Titel 'Il Trittico' verbergen sich drei einaktige Musiktheaterwerke von Giacomo Puccini, die der Komponist von zwei Autoren mit unterschiedlichem Inhalt verknüpfen wollte. Die Aufführungspraxis internationaler Opernhäuser folgt dieser Idee nicht immer, ist doch allein eine große, personelle Besetzung aller Partien notwendig.

Da ließ sich es sich das Essener Musiktheater nicht nehmen, diese drei Werke aufzuführen, konnten doch die meisten Rollen aus dem Hausensemble passabel besetzt werden.

Regie und Inszenierung hatten die Idee, diese szenisch und musikalisch unterschiedlichen Werke zu einer Einheit zu verschmelzen, was einen zwiespältigen Eindruck hinterließ.
Roland Schwabs Regie ließ die Darsteller in den ersten beiden Werken, pausenlos durchs Wasser waten. Allein dafür taten mir die Sänger leid. Piero Vinciguerra baute einen offenen Raum mit Spiegelwänden und -decke, bei dem man nur am Rande trockene Füße behält, wenn sie nicht schon naß waren. Das Wasser und die reflektierenden Wände gaben aber durch die Beleuchtung eindrucksvolle Bilder. Zur Idee des Wassers gab es im Programmheft Erläuterungen.

Nach 'Il Tabarro' (Text Giuseppe Adami) ging es ohne Unterbrechung weiter mit dem zweiten Werk. Zu 'Suor Angelica' (Text Giovacchino Forzano) senkten sich vor dem schwarzen Aushang weiße luftige Vorhänge, hinter denen sich meist die Novizinnen verbargen. In der Mitte des Wasserbeckens befand sich schon seit 'Il Tabarro' eine Figur mit Schulranzen, die nun von Schwester Angelica als ihr toter 7jährige Sohn angesehen wird. Diese Szene ist beeindruckend. Zu Angelicas Selbstmord lassen die Novizinnen auf dem Wasser kleine Gläser mit Kerzen schwimmen, was auf dem Bühnen-Himmel auch inhaltlich den Bogen zum Selbstmord schafft.

Wer dachte, daß nach der Pause zu 'Gianni Schicchi' (Text Giovacchino Forzano) kein Wasser zum Einsatz kommt, der täuschte sich. Zumindest die Füße der Trauergemeinde blieben trocken; ein Springbrunnen im Hintergrund bot einen optischen Blickfang. Die Wände waren nun mit Plastikstreifen ausgehängt.
Als Mobiliar gab es große durchsichtige Plastiksessel, die man bestens durch den Raum werfen konnte. Buoso Donati starb dort, ehe man ihn noch sichtbar in einer rechten Gasse ablegte, wo der Darsteller bis zum Ende des Stückes sichtbar bleiben durfte.

Die Regie von Roland Schwab versuchte durch Hinweise, die Verknüpfung der unterschiedlichen Werke herzustellen. Der Liedverkäufer mit Leierkasten (Christopher Hochstuhl) aus 'Il Tabaro' tauchte immer wieder auf. Der Darsteller des Michel (Heiko Trinsinger), der in 'Il Tabaro' mit seinem Mantel den Titel des Werkes gibt, taucht als Gianni Schicchi mit diesem Mantel wieder auf.

Aus der Riege der Darsteller gab es einige herausragende Leistungen, so Annemarie Kremer und Sergey Polyakov in 'Il Tabaro' als Liebespaar. Großartig wirkte auch das Gespräch in 'Suor Angelica' zwischen der Fürstin und Angelica. Bettina Ranch glänzte mit ihrem voll klingenden Mezzo-Sopran und Jessica Muirhead setzte einen Glanzpunkt mit ihrem klaren Sopran in den zurückhaltenden Passagen; Angelicas Selbstmord gestaltet Jessica Muirhead Herz zerreissend. Aus den Reihen der Novizinnen seien stellvertretend Liliana de Sousa und Marion Thienel stimmlich lobenswert erwähnt.

Die Familie im Hause Buoso Donati ist meist durchweg bestens besetzt. Allein Lilian Farahani als Lauretta und Carlos Cardoso als Rinuccio konnten dank Puccini in ihren Arien glänzen; alles andere war Ensemblearbeit. Aber auch hier bringen Uwe Eikötter und Baurzhan Anderzhanov, die noch in 'Il Tabaro' durchs Wasser waten durften, und Christoph Seidl stimmlichen Glanz.

Roberto Rizzi Brignoli leitet die Essener Philharmoniker mit Bravour durch die drei unterschiedlichen Puccini-Partituren. Die Sänger werden von dem Orchester 'getragen'; in dramatischen Stellen braust der Orchesterklang kräftig auf. Besonders eindrucksvoll wirkt die für Puccini seltene, lang anhaltende stille musikalische Untermalung beim Gespräch Fürstin und Schwester Angelica bis zum Selbstmord.

Die Premieren-Besucher zeigten sich von den drei Einaktern sehr angetan und geizten nicht mit Beifall, ohne allerdings euphorisch zu wirken. Das Regieteam stellte sich in großer Personen-Anzahl dem Publikum. Neben dem Regisseur, dem Bühnenbildner und der Kostümbildnerin (Gabriele Rupprecht), nahmen auch Mitarbeiter der Aalto-Technik zu Recht den Beifall für ihre Arbeit entgegen; ein Zeichen dafür, daß das mit dem Wasser nicht so einfach zu lösen war.


AUF IHR WOHL, HERR BLUMENKOHL!

05.12.2021 | Corona macht es möglich, daß die Theater tief in die Repertoire-Kisten der Komponisten und Autoren greifen. Gesucht wurde ein Stück ohne Pause, ohne großen Chor und kleiner Orchesterbesetzung; und schon wird man fündig beim damals so fleißigen Jacques Offenbach, der unzählige Einakter geschrieben hat.

Warum es gerade die Geschichte von Monsieur Choufleuri sein durfte, wurde dem Besucher im mäßig besuchten Essener Opernhaus nicht ersichtlich, obwohl die inhaltliche Vorlage mit damaliger Gesellschaftskritik einiges an komödiantischer Umsetzung anbot. Für die Essener Aufführung wurde von der Dramaturgie und dem Regisseur eine eigene Fassung erarbeitet.

Ein von Geldsorgen geplagter Mann der Oberschicht, der von den geladenen Konzertgästen sich finanzielle Hilfe erhofft, ein Geldeintreiber und seine Tochter, die für ihn den falschen Liebhaber hat, waren die Akzente des Einakters.

Jens Kilian baute auf der großen breiten Bühne einen kleinen bescheidenen Salon mit einem begehbaren Kleiderschrank, einer großen Flügeltür und einem Mobile als Deckendekoration. Als Bühnenpodest für den geplanten Opernabend werden improvisiert Paletten aufgebaut, die unzureichend mit einem Teppich verdeckt werden. Der Raum wirkte etwas 'verloren' auf der großen Aalto-Bühne.

Regisseur Bruno Klimek lies es bereits bei der Ouvertüre lustig angehen, in dem er den Hauptvorhang oftmals sich öffnen und schließen läßt. Der Titelheld, untadelig Karl-Heinz Lehner, kleidete sich Stück für Stück an und der sich gerade öffnende Vorhang mußte sich immer wieder schließen; schließlich sah man seine nackten Beine mit Unterhose. Sowas kommt beim Zuschauer aber immer gut an. Rainer Maria Röhr durfte als Hausangestellter das Mobiliar zum Konzert aufbauen, was für eine lange Zeit Bewegung in das Geschehen brachte.

Alle Beteiligten bemühten sich redlich, ihre Rolle mit Charme und Eleganz in der jeweiligen Situation zu präsentieren. Besonders Carl Bruchhäuser konnte da als skurriler Geldeintreiber Rudi Finsterling glanzvoll auftrumpfen und seine Figur optimal gestalten.
Die Konzertbesucher waren je nach Partiturgröße nur sitzende Staffage, obwohl Kostüm und Maske (Tanja Liebermann) sich um Originalität bemühten. Die Möglichkeit, durch die 'Konzertsänger' auch szenisch mit komödiantischem Geschehen für eine Bereicherung zu sorgen, vernachlässigte die Inszenierung nahezu; allein der Kostümwechsel der Protagonisten war da etwas wenig.

Die Essener Philharmoniker unter Wolfram-Maria Märtig spielen präzise, flott und klangvoll aus. Die Sänger wurden nie mit Musik überlagert. Offenbachs Vorlage bietet allerdings für die Sänger wenig Möglichkeiten, auch musikalisch sich zu profilieren.

Also wurden andere Komponisten zur Hilfe geholt und Karl-Heinz Lehner hatte z.B. Gelegenheit, mit Rossinis Verleumdungsarie aus dem 'Barbier' seine wunderschön große Stimme, die er auch schon in Bayreuth darbot, zum Klingen zu bringen.

Dmitry Ivanchey als Liebhaber Hans-André durfte bei seinem Auftriltt gleich Lehàrs 'Dein ist mein ganzes Herz' glanzvoll schmettern. Giulia Montanari konnte mit Stimme und Spiel als Töchterchen Helga die Bühne mit schön geführtem Sopran beleben. Die Kölner Opernbesucher werden sich in Zukunft freuen, diese beiden jungen Sänger in der Messehalle zu erleben.

Musikalisch wurden die Ensembles von Christina Clarks hohen Sopran strahlend geführt. Rainer Maria Röhr machte als Hausangestellter Hans-Günther mit seinem Charaktertenor Offenbach alle Ehre.

Die wenigen Zuschauer hatten bei einer musikalisch gestalteten Applausordnung ausreichend Gelegenheit, sich bei allen Mitwirkenden zu bedanken. Der Offenbach-Fan war angetan, eine wenig gespielte 'Opérette bouffe' von Jacques Offenbach zu erleben.


LUCIA DI LAMMERMOOR

27.11.2021 | Mein erstes Erlebnis von Donizettis Meisterwerk war mir im damaligen Essener Opernhaus, dem Grillo-Theater vergönnt; graues Mauerwerk mit einer großen Treppe boten dort die Optik für das tragische Geschehen in Schottland.

Als Bühnenraum für das Aalto-Theater der Neuinszenierung entwarf Johannes Leiacker eine beeindruckende Lichtleiste aus senkrecht stehenden Röhren auf schwarzem Grund und weißem Boden. Die alle in schwarz gehaltenen Kostüme von Gesine Völlm ergänzten das schwarze Bild. Die Raumausleuchtung von Fabio Antoci komplettierte den düsteren Charakter des Werkes; sehr eindrucksvoll wurden die Lichtelemente bei Gewitter und Sturm eingesetzt.

Regisseur Dietrich Hilsdorf führte sehr genau seine Figuren, was auf der riesigen Spielfläche der Aalto-Bühne nicht unbedingt leicht ist. Die großen Chor-Szenen ergänzte er mit einer großen Anzahl von Statisten, die auch tänzerisch Bewegung in das Geschehen brachten; einige interessierten sich aber weniger für die tragische Titelheldin, als mehr für das eigene Befinden.

Aus Lucias Vertraute Alisa machte Dietrich Hilsdorf in seiner Inszenierung Lucias Mutter Lady Alisa Ashton, die aus einem Sarg steigt und Teil an dem Geschehen nimmt. Aus einem Brunnen erscheint die damals von einem Ravenswood ertränkte Geliebte; und nun liebt Lucia Ashton einen Nachfahren der Ravenswoods, Edgardo.

Die Ashton-Familie greift vehement in Lucias Leben ein. Ihr Bruder Enrico zwingt aus finanziellen Gründen sie zur Hochzeit mit einem anderen, Lord Arturo Buklaw; dazu ist Ravenswood für ihn immer noch ein Feind der Familie. Lucias Bruder Raimondo ist Geistlicher und versucht im Konflikt zu vermitteln; er wird in Hilsdorfs Inszenierung ein weiterer zentraler Akteur im Geschehen.

Giuseppe Finzi gestaltet mit den Essener Philharmonikern die spannende Partitur mit zurückhaltendem Tempo, ohne aber auf die extrem steigende Entwicklung zu verzichten. Dazu werden oft weggelassene Szenen gespielt, die so einen weiteren Blick in die Entwicklung der Handlung geben.

Hila Famima ist eine junge Lucia, die in Stimme und Spiel dieser jungen Titelfigur nahekommt. Ihr Sopran ist hell und erreicht nahezu unbeschwert die dramatischen Höhen; allein in der Mittellage fehlt ihr ein wohl klingenderes Timbre.

Mit großem, hell klingenden Tenor trumpft Carlos Cardoso auf; sein Edgardo di Ravenswood ist optisch und musikalisch ein optimaler Partner für Lucia.

Lucias intriganter Bruder Lord Enrico Ashton wird von Ivan Krutikov mit kräftiger Figur verkörpert. Seine weiche Baritonstimme schwingt sich scheinbar problemlos zu den dramatischen Ausbrüchen auf.

Baurzhan Anderzhanov ist Raimondo Ashton. Seine in allen Lagen wohlklingende Bass-Stimme ist weiterer Mittelpunkt im musikalischen Geschehen. Sein intensives Spiel macht die Figur von Lucias Bruder zu einer dominanten Hauptfigur.

Heike Grötzinger ist Lady Alisa; im Gespräch mit Lucia und auch in den großen Ensembleszenen kommt ihr kräftiger Mezzo-Sopran effektvoll zur Wirkung. Dmitry Ivanchey als Arturo meistert mit seinem leichten Tenor auch die schwierigen Passagen in der Höhe. Rainer Maria Röhr ist Enricos Intrigant Normanno. Sein kräftiger Tenor wird durch ausdrucksstarkes Spiel ergänzt und entwickelt so eine starke Figur.

Ein besonderer musikalischer Höhepunkt ist Lucias Wahnsinnsarie, die mit einer Glasharmonika begleitet und von Philipp Marguerre gespielt wird.

Das Publikum bedankte sich mit kräftigem Applaus, nach den Szenen und beim Schlußbeifall für alle Beteiligte. Auf die üblichen Buhrufe wurde zu Recht verzichtet.


DER FREISCHÜTZ

24.10.2021 | Die Wiederaufnahme der anno 2018 erfolgten Neuinszenierung hat sich im Essener Opernhaus erfreulich gelohnt. Die Inszenierung von Tatjana Gürbaca hat nichts an Attraktivität verloren. Da passiert viel im Einheitsbühnenbild von Klaus Grünberg. Die Portalbreite ist auf optimale Größe geöffnet und suggeriert von Anfang an eine spannenden Geschichte mit vielen Figuren in Cinemascope-Format; die schnellen Bildwechsel mit bewegten Projektionen auf dem Portalschleier unterstützen diesen filmischen Effekt.

Jessica Muirhead setzt wieder ihren schönen leichten Sopran für Agathe ein; eine dramatische Stimme hat sie immer noch nicht. Maximilian Schmitt setzt seinen lyrisch gehaltenen Tenor optimal für den Jägerburschen Max ein. Wieder ein Ereignis in Stimme, Sprache und Spiel ist Heiko Trinsinger als Kaspar.
Neu besetzt war Wendy Krikken als Ännchen mit leichter Stimme; in der Mittellage kam ihr ansonsten schöner Sopran nicht optimal zur Wirkung.

Eindeutiger Gewinn in der Neubesetzung ist Tobias Greenhalgh als Ottokar mit großer schöner Stimme, der auch die Figur des böhmischen Fürsten mit Blick für das schöne Geschlecht sympathisch gestaltet.
Christoph Seidl hat eine große, runde und tief sitzende Bass-Stimme und kann dazu auch optisch die Rolle des Eremiten exzellent gestalten.

Die Essener Philharmoniker wurden vom Gastdirigenten Yoel Gamzou, Generalmusikdirektor in Bremen, zu breiten Tempi angeleitet. Selten habe ich einen so spannungsgeladenen Aufbau der Ouvertüre gehört. Wie aus dem nichts werden die musikalischen Figuren entwickelt, ohne in dröhnendem Fortissimo zu enden. Umso strahlender wirkten dann die Blechbläser. Da gab es nach der Ouvertüre schon zu Recht einhelligen Beifall. Solisten und Chor wurden vom Dirigenten mit klaren Zeichen optimal unterstützt.

Das Publikum im Corona bedingt nicht ausgelastetem Saal geizte auch zu guter Letzt nicht mit Beifall. Diese Wiederaufnahme hat sich für die Opernfreunde gelohnt.


LA FINTA GIARDINIERA Die Gärtnerin aus Liebe

10-21 | Zum Fasching komponierte der 18-jährige W. A. Mozart für München diese Oper. Da schafft man doch beste Verwirrung zu einer hinreißenden Musik: vier Männer sind verliebt in drei Frauen, finden aber nicht sofort eine gewünschte Reaktion. Dann muß einer übrig bleiben, bis nach langem hin und her feststeht wer mit wem sich findet und glücklich wird. Etwa drei Stunden Musik mit vielen Rezitativen, Arien und Ensembles stehen den Sängern zur Verfügung, sich bis zum glücklichen Ende nach vielen Verwirrungen zu positionieren.

Dem Regisseur Ondrej Havelka steht ein spielfreudiges Ensemble zur Verfügung. Denn weniger die Handlung sorgt für die karnevalistische Heiterkeit, sondern die Spiel-Einstellung der Darsteller zur jeweiligen Situation. Eine dezent angelegte akzentuierte Mimik und Spielanlage und Situations-Komik sorgen dafür, daß die einfach konstruierte Handlung aufgewertet wird. Optische Einfälle für Bühnenbild und Requisiten unterstützen das geschickt.

Frank Philipp Schlößmann schuf einen flexiblen kleinen Bühnenraum auf der Drehbühne, der auf der Grillo-Bühne Platz gefunden hätte. Der Essener Malersaal gestaltete die Landschaften und Räume mit sicherem Gespür. Die Kostüme von Jana Zborilova komplettierten den optischen Genuß.

Die Essener Philharmoniker spielen unter der Leitung von Tomas Netopil leicht und sicher eine klare Mozart-Partitur. Wurde dem Zuhörer ein für ihn unbekanntes Werk dargeboten, bekam er immer wieder erstaunliche Klangerlebnisse geboten.

Die Besetzung der sieben Sänger war in Essen grandios. Die drei Soprane, Giulila Montanari (mit einer klangvoll lyrischen Stimme), Sophia Brommer (mit ausdrucksvoller Kraft) und Christina Clark (mit leichter Stimme und perfekt in der Höhe) hatten schön abgestimmte Stimmfarben.

Die Männerrollen bestachen durch die Tenöre Richard Samek und Dmitry Ivanchey. Tobias Greenhalgh ergänzte der Herrenterzett mit seinem schönen, in allen Lagen präsenten Bariton. Da der vierte Mann eine Hosenrolle ist, erlebt das Essener Publikum Alexandra Kadurina , die in dieser Rolle musikalisch und spielerisch sehr angenehm auffällt.

Der Essener Theater-Besucher verließ mit dem Gefühl das Aalto-Theater, einen wunderschönen Mozart-Abend verbracht zu haben.


TRISTAN XS

11. 10. 2020 | Da warf Corona auch in Essen den Spielplan heftig durcheinander. Statt eines Tannhäusers mit viel Chor, Solisten und großem Orchester entschied man sich für eine Kurz-Fassung des Tristan, auf neudeutsch Tristan XS. So freuten sich Daniela Köhler und Daniel Johansson darauf, als Rollen-Debüt, zumindest einen Teil von Tristan und Isolde mit Rumpf-Orchester singen zu können.

Als musikalische Grundlage wählte man die Konzeption von Hans-Georg Wimmer. Tomás Netopil leitete 33 Mitglieder der Essener Philharmoniker, die anstandslos sauber und sicher durch diese etwas willkürlich gestaltete Partitur folgten. Der große schwelgerische Klang fehlte natürlich und einige Instrumente, z.B. Trompete. Das von Karla Müller geblasene Englischhorn vom 3.Rang hatte so eine dominante Wirkung.

Es gab das Vorspiel zum 1.Akt, das durchaus trotz der neuen Instrumentierung wunderschön erklang. Der musikalische Übergang zu Isoldes Erzählung war aber mehr als gewöhnungsbedürftig; da hätte man auf die "musikalischen Zitate" bis zu dieser Szene durchaus verzichten können; ein Strich mit einem klaren Neuanfang hätte gereicht. Daniela Köhler trumpfte mit großer, sicherer Stimme auf. Daniel Johansson war gescheit genug, im 'ersten Duett' seine Stimme zurückzuhalten. Der musikalische Übergang zum 2.Akt war von Wimmer genial gelöst. Die ersten Gefühle nach dem Genuß des Liebestrankes wechselten bruchlos ins Duett zum 2.Akt mit "Oh sink hernieder, Nacht der Liebe". Die Steigerung bis zum Höhepunkt dieser Liebes-Szene mit dem Abschluß des 2.Aktes waren von Solisten und Orchester mehr als eindrucksvoll.

Der dritte Akt begann mit dem Vorspiel, bei dem das Englischhorn zu Tristans Fieberphantasien seine Wirkung nicht verfehlte. Hier konnte Daniel Johansson seine besonders starken Momente unter Beweis stellen. Seine Stimme klingt immer schön und sicher, mit Wohlklang gefüllt und wenn notwendig, mit Kraft unterlegt. Da hatte mancher Besucher der Aufführung Angst, daß diese großartig realisierte Szene an falscher Stelle zu früh gekürzt würde. Aber - nein. Der musikalische Übergang zu Isoldes Auftritt war bestens gelöst. Tristan konnte sein letztes "Isolde" hauchen, ehe sie zu ihren Klagen "Ich bins..." ansetzte, um dann mit dem Liebestod klangvoll zu sterben.
Spätestens hier konnte der Zuhörer, der nur diese zwei Stimmen vernahm, merken, daß die helle Stimme der Isolde zwar viel Kraft bot, um auch die Spitzentöne mühelos zu erreichen. Aber es fehlte ein gefühlvolles Timbre, so vor allem im Liebestod, der wie in jedem 'Tristan' auch hier einen tollen Abschluß markierte.

Dieser Tristan XS wurde als 'konzertante Szenen' aus Richards Wagners "Tristan und Isolde" angekündigt. Man hätte gut daran getan, es grundsätzlich beim konzertanten Charakter zu belassen. Das Orchester mit Dirigent war auf der Bühne vor einer Operafolie plaziert, auf der man neben Farben später kurze Film-Sequenzen der beiden Protagonisten und Texte von Mathilde Wesendonck zeigte. Auf jeder Portalseite war ein kleines Stufenpodest, das man wenig nutzte. Beide Sänger, schwarz gekleidet, spielten meist stehend die jeweilige Situation richtig und eindrucksvoll, ohne -Dank Corona- sich zu nahe zu kommen.

Nach seinem Tod trägt Tristan einen schwarzen Mund- und Nasenschutz, mit dem er durch den MIttelgang des Zuschauerraums verschwindet. Dieser Vorgang wirkte mit dem heutigen Zeitbezug schon 'aufgesetzt'. Auch die wenigen Textzitate und Filmszenen wirkten ohne Konzept.

So bedankten sich die Besucher im -durch Coronakonzept- nicht voll besetzten Saal bei Solisten und Orchester kräftig mit Beifall und einigen schwedischen Bravo-Rufen. Die 1h45 dauernde Aufführung von Tristan XS verfehlte seine magische Wirkung nicht.


KAIN UND ABEL

1 - 2020 | Ein dramatisches Oratorium in barocken Tönen über den biblischen Brudermord gestaltete 1708 Allessandro Scarlatti in Venedig. Das Aalto-Theater erarbeitete eine packende Aufführung dieses Werkes und konnte seinem Publikum ein selten aufgeführtes Musiktheaterstück bieten.

Dietrich W. Hilsdorf schuf eine immer spannender werdende Inszenierung. Dieter Richter entwickelte dazu einen wunderschönen Bühnenraum. Der Orchestergraben ist auf Saalhöhe hochgefahren, so daß die Musiker auf gleicher Höhe sitzen mit dem Publikum in der ersten Reihe. Treppen führen von der Bühne in die Tiefe; über einen Steg von der Bühne gelangt man nach vorn, teilt so die tiefen Streichinstrumente und das Cembalo von der Bläsergruppe. So hatte das Publikum die seltene Gelegenheit zu sehen, welche Instrumente die wunderbare Scarlatti-Musik spielen, was schon beim Zuschauen ein Genuß ist.

Nachdem sich der vor dieser Bühne befindliche eiserne Vorhang in Höhe und Tiefe teilt und verschwindet, sieht man Dieter Richters halbrunden Bühnenraum, mit Fenstern an Wand und Decke, einer Tafel mit Tisch und Stühlen, einen Raum im Hintergrund mit einem großen Greifvogel und einem Abgang, der zuletzt genutzt wird. Die Wände sind mit dezent farbigen Strukturen bemalt; eine Leiter führt zum hoch gelegenen Fenster. Die Kostüme von Nicola Reichert bereichern diese optische Farbpalette zu einem opulenten Bild.

Die Gesellschaft sitzt an der Tafel. Links separat als elegante Frau verkleidet, langweilt sicher der Teufel, beobachtet das Geschehen, liest dabei Zeitung und schreitet erst im Geschehen ein, als er es für geboten hält. Gott sitzt ihm gegenüber zur Rechten und beginnt mit einer lautlosen Ansprache an die Anwesenden, die nicht komponiert ist. Die Übertitel reichen zur Übermittlung des Gesagten.

Hilsdorfs präzise Personenführung schildert einen scheinbar normalen Ablauf beim Diner der Familie Adam und Eva mit den Kindern Kain und Abel. Mutter Eva ist sichtbar schwanger. Vater Adam benötigt einen Stock als Gehhilfe; seit dem Sündenfall ist schon einige Zeit vergangen. Die beobachtenden Gegenpole greifen von der Seite selten in das Geschehen ein. Der Konflikt zwischen den Söhnen eskaliert, als Gott Abel für seine rituelle Opfergaben vorzieht. Der Teufel wittert seine Chance und mischt sich in der Diskussion ein; er entledigt sich seiner Verkleidung als Frau.

Stilisiert mit einem großen Kieselstein wird Abel von seinem Bruder Kain ermordet, der die Bevorzugung seines Bruders durch Gott nicht akzeptieren kann. Gottes Zorn trifft ihn.

Kain wird von Gott für diese Tat bestraft, aber nicht mit dem Tod. Zur Strafe muß er weiter leben. Der tote Abel erscheint blut verschmiert seinen Eltern, die den neuen Nachwuchs sehnlich erwarten. Gott und Teufel überlassen wieder den Menschen ihr Dasein.

Die Essener Philharmoniker werden von Rubén Dubrovsky zu einer phänomenalen Interpretation von Scarlattis Partitur geführt. Leicht und locker unterstützen die Musiker die Solisten in ihrem Gesang.

Als Gäste sind Philipp Mathmann als Abel und Xavier Sabata als Gott zu hören; zwei Counter-Tenöre, die mit unterschiedlichen Klangfarben für eine erstklassige Realisierung der Partitur sorgen.

Die anderen Rollen sind vom Essener Ensemble. An erster Stelle ist hier Baurzhan Anderzhanov als Teufel zu nennen. Seine große Bass-Stimme klingt in allen Lagen wunderschön und voll; auch kann er die Leichtigkeit der Partitur mit Stimme und sympathischen Spiel grandios gestalten.

Für Dmitry Ivanchey ist die Rolle des Adam bestens für seinen leicht geführten Tenor geeignet. Aber auch Tamara Banjesevic als Eva kann mit ihrem schön timbrierten leichten Sopran glanzvolle Akzente setzen.
Bettina Ranch ist der Mörderbruder Kain, der um mehr Anerkennung als älterer Sohn in der Familie kämpft, und komplettiert mit ihrem wohlklingenden Mezzosopran ein ausgezeichnetes Gesangs-Ensemble auf der Aalto-Bühne, das auch spielfreudig die Intentionen des Regisseurs umsetzt.

Die Inszenierung von Dietrich W. Hilsdorf hat das biblische Thema in einem bildschönen Bühnenraum von Dieter Richter in die heutige Zeit geführt. Die Aufführung des Essener Musiktheaters gibt nach einer spannenden Handlung den Besuchern sehr viel zum Nachdenken mit auf den Nachhauseweg.


PIQUE DAME

12.10.2019 | Tschaikowskis Meisterwerk basiert auf der Novelle von Puschkin. Hermann ist dort ein armer Offizier, Fürsten und Grafen sind Personen der Handlung. Das Werk erzählt von dem gesellschaftlichen Leben der damaligen Zeit. Im zentralen 3.Bild gibt es eine großen Empfang der Zarin mit Ballett und Schäferspiel.
Auf diese großzügige Gestaltung des Werkes verzichtet das Leitungsteam im Essener Aalto Theater und erarbeitet die Beziehung zwischen Hermann, Lisa und der Gräfin in der Jetztzeit heraus. Soldaten spielende Kinder im ersten Bild fehlen, das Intermezzo mit Schäferspiel im zweiten Spiel ebenso und viel vom Beginn des letzten Bildes. Statt Puschkins Soldaten-Zeitanalyse wird die Industrie-Gesellschaft in St.Petersburg geschildert.

Die Inszenierung von Phillipp Himmelmann ist nun bereits die zweite des Werkes im Aalto-Theater. Die Bühne wirkt trotz der Bemühungen von Bühnenbildner Johannes Leiacker groß und die Konzentrierung auf wenige Personen der Handlung gelingt meist spannend in einer rostigen Werkshalle, in der es durchregnet und der Regen große Pfützen hinterläßt; dort wälzt sich Hermann herum und das Gemälde der Gräfin landet auch dort.
Im Hintergrund sieht man das industrielle St.Petersburg mit Kohlekraftwerk und dunkler Newa, in die sich Lisa nicht stürzt sondern vom Grafen Tomski daran gehindert wird. Ein rostig-brauner Zwischenvorhang senkt sich vor dem Bildwechsel und bereitet weitere Auftritte vor. In diesem Einheitsraum finden alle Szenen der Handlung statt. Stühle, Sessel und ein Bett werden immer unterschiedlich eingesetzt und bewegt.

Mit allen Beteiligten auf der Bühne beginnt die Handlung als Traum. Das hat den Vorteil, daß Fürst Jeletzky (Heiko Trinsinger) als Gegenpartner zu Hermann immer präsent ist; die Stichwortgeber für die Erzählung von Graf Tomsky, (Almas Svilpa mit kräftigem Bass) Tschekalinski (Dimitry Ivanchey mit schön geführtem Tenor) und Surin (Baurzhan Anderzhanov mit grandiosem Bass) sind auch gut in die Handlung eingeführt. Hier zeigen die Kostüme von Gesine Völlm bereits die Zeit von heute. Jeans-Hosen und Lederjacken der Arbeiter, zu denen auch Hermann gehört; für die scheinbar bessere Gesellschaft gibt es Anzüge.

In Philipp Himmelmanns Inszenierung werden die Personen mit überraschenden Wendungen genau geführt. Besonders beeindruckend wirkt es, wenn Herrmann in das Schlafzimmer der Gräfin eindringt und sie betört, um an das Kartengeheimnis zu gelangen. Es ist auch eine großartige Leistung der jungen Helana Rasker als Gräfin, die ihre Rolle skurril mit einem Nervenleiden spielt; dazu ihre in allen Lagen voll klingende große Altstimme, die den oft langsamen Tempi der Orchesterbegleitung voll entsprechen kann. Mit Sergey Polyakov, der seinen sicheren klangschönen Tenor als Hermann einsetzen kann, ist die Leistung beider mehr als lobenswert.

Aber auch Gabrielle Mouhlen kann ihre Lisa mit schön geführtem Sopran in die Inszenierung einbringen. Zusammen mit allen weiteren Akteuren gelingt es, die Geschichte spannend bis zum bitteren Ende voranzutreiben. Die kurzen prägnanten Chorauftritte der russischen Gesellschaft sind in bunter Straßenkleidung ; im Festakt zeigt sich die Gesellschaft verkleidet in bunten Phantasie-Kostümen.

Unter der musikalischen Leitung von Tomás Netopil spielen die Essener Philharmoniker mit klarem durchsichtigen Klang, ohne die Blechbläser besonders herauszuheben.

Das Publikum bedankte sich in de Premiere bei allen mit großem Beifall; die sonst üblichen Negativsignale fehlten. Besonders Helena Rasker wurde für Ihre Arbeit mit Jubel bedacht. Beim Applaus bemühte man sich, nicht in die Wasserpfütze hineinzutreten.


DER RING AN EINEM ABEND (2019)

5.7.2019 | Die unsägliche, szenische Realisation von Loriots "Ring an einem Abend" im Essener Opernhaus hatte sich schnell herumgesprochen und wurde vom Aufführungs-Verlag unterbunden. Da hatte in Essen jemand das 'Kleingedruckte' im Aufführungsvertrag nicht gelesen, der eine szenische Realisierung unterband. So stand im Loriot-Ring wieder das Wort neben der Musik im Mittelpunkt, das Jens Winterstein als Sprecher souverän mit großem Gespür für den satirischen Inhalt moderierte.

Die Essener Philharmoniker unter Robert Jindra gaben dieser Konzertfassung einen würdigen Klangrahmen. Gedehnte Tempi mit Ausarbeitung der Kompositions-Strukturen standen vor einer dramatischen Interpretation von Wagners Werk. Die Auswahl der einzelnen Klangbeispiele gab einen durchaus repräsentativen Einblick in das Gesamtwerk; allein der erste Teil dauerte schon 90 Minuten. Man hätte das eine oder andere Musik-Beispiel vielleicht austauschen können, denn im 2.Teil fehlte mit Sicherheit der Trauermarsch nach Siegfrieds Tod. Das war schon mehr als schade.

Der inzwischen in Essen zum Kammersänger geadelte Jeffrey Dowd überraschte mit einigen tenoralen Glanztönen, die vor allem in den Ausschnitten als junger Siegfried aufhorchen ließen. Leider endet aus 'Altersgründen' sein Engagement in Essen und es ist erst mal sein letzter Wagner-Abend im Aalto-Theater; viele werden diesen Ausnahme-Sänger vermissen.

Tijl Faveyts verabschiedet sich auch als Essener Ensemblemitglied und konnte als Hagen noch einmal mit seiner klangschönen großen Bass-Stimme begeistern.

Mit anderen Sängern in einigen Partien wird dieser Loriot-Abend in der nächsten Spielzeit wieder aufgenommen. Freuen darf man sich aber weiterhin auf Almas Svilpa als Wotan und Heiko Trinsinger als Gunther und Alberich, der die Partie des Nibelungen in voller Länge konzertant in Bad Kissingen bieten wird.


COSI FAN TUTTE

1.6.2019 | Die Essener Theaterleitung brachte Mozarts Oper als Neuinszenierung wieder in den Spielplan, obwohl die sehr ansprechende vorherige Inszenierung noch nicht lange abgesetzt war.

Tomas Netopil entwickelte mit den Essener Philharmonikern einen dezenten Mozartklang. Auf dramatische Momente mußte er manchmal verzichten, um die agierenden Sänger nicht zu übertönen.
Dmitry Ivanchey als Ferrando verfügt über einen in allen Lagen schönen lyrischen Tenor, dem aber in dramatischen Stellen etwas Kraft fehlt.
Martijn Cornet als Guglielmo hatte mit seiner brüchigen Bariton-Stimme hörbare Probleme.

Tamara Banjesevic ist Fiordiligi. Ihr großer Sopran strahlt und kann auch in der stark geforderten Mittellage überzeugen. Ihr zur Seite als Dorabella kann Karin Strobos mit ihrem hellen leichten Mezzo-Sopran glänzend bestehen.

Baurzhan Anderzhanov ist der Strippenzieher der Geschichte Don Alfonso. Er setzt seine große Bass-Stimme leicht geführt ein und ist so ein Glanzpunkt im Ensemble.

Despina wird von Liliana de Sousa überzeugend interpretiert. Ihr dunkler Mezzo-Sopran gibt dieser Partie mehr Gewicht und eine andere Farbe, wird doch sonst diese Partie mit einem leichten Sopran besetzt.

Bühne und Kostüme von Frank Philipp Schlößmann boten für den Regisseur Stephen Lawless eine opulent klassische Vorlage mit Säulen und Vesuv. Die Regie verzichtete auf detaillierte Situationsanalysen. Wie auf dem Schachbrett wurden die Personen geführt um dann zu zeigen, daß der Rollentausch alle verwirrt hat.

Das Publikum konnte sich beruhigt zurücklehnen, da man schnell merkte, daß spektakuläre, erklärende Deutungen zum Geschehen nicht zu erwarten waren. Mit höflichem Beifall wurde alle in die Premierenfeier entlassen.


DON GIOVANNI

1.3.2019 | Mozarts Meisterwerk in der Inszenierung von Stefan Herheim wurde im Essener Opernhaus vor 12 Jahren inszeniert und hoch gelobt. Umso erstaunlicher, daß in der jetzigen Wiederaufnahme diese Produktion sich als frisch, frech und musikalisch hochwertig präsentierte.

Herheim zeigt die Geschichte um den spanischen Edelmann, der mit seinem dämonischem Trieb jedem weiblichen Wesen nachstellt, in einem riesigen Kirchenraum. Alle Figuren der Handlung sind Besucher dort oder entwickeln sich aus diesem sakralen Raum. Thomas Schuster entwarf Bühnenbild und Kostüme. Giovanni und Leporello bilden nahezu eine gegensätzliche Einheit - Giovanni ist der Dämon, Leporello der Priester.

Mit einem kindlichen Double der Donna Anna fängt die Geschichte an und es wird gezeigt, daß Giovanni weder vor der Jugend noch vor dem Alter Halt macht. Der Beichtstuhl bietet sich zur sexuellen Tat oft an.

Zerlina ist eine alte Frau mit fahrbarer Gehhilfe; ihr Masetto benötigt einen Stock. In der Premiere waren beide tatsächlich mit älteren Sängern besetzt. Ihre Szenen werden durch ein junges Brautpaar ergänzt, mit denen Giovanni auch sein Spiel treibt.
So wird, wie auch bei Donna Anna, auf doppelter Ebene Giovannis Frauenverschleiß verdeutlicht, von dem Leporello in seiner Registerarie erzählt.

Es gelingt Stefan Herheim mit seiner schier unendlichen Phantasie, in dieser Kirchenwelt jede Beziehung in der von da Ponte geschriebenen Geschichte glaubhaft zu verdeutlichen.

Musikalisch präsentierte sich alles auf hohem Niveau. Christopher Moulds leitete die Essener Philharmoniker, die auf etwas angehobenem Orchestergraben ein wunderbares Mozart-Klangbild erschufen. Vielleicht war die Ouvertüre etwas zu lebhaft gehalten; die dramatischen Szenen waren ein Genuß.

Alle Sänger kamen mit der Mozart-Partitur ausgezeichnet zurecht. Heiko Trinsinger in der Titelrolle und Almas Svilpa als Leporello durften sich eine Woche vorher noch als Wagner-Sänger profilieren; hier beherrschten sie ihre Mozart-Rolle mit Bravour. Dmitry Ivanchey brilliert mit seinem leichten, immer sicheren und schön klingenden Tenor als Don Ottavio; bei ihm hat man keine Sekunde Angst um einen Ton.

Jessica Muirhead ist mit ihrem strahlend leuchtendem Sopran eine phänomenale Donna Anna; Karin Strobos als Donna Elvira ist ebenso eine starke Sängerin, die ihren Mezzo-Sopran gefühlvoll und dramatisch einsetzen kann. Christina Clark kommt mit ihrem leichten Sopran bestens als Zerlina zurecht; das ist eine gute Rolle für sie.

Tijl Faveyts kann als Komtur seinen hohen Bass ebenso wohlklingend einsetzen, wie Karel Martin Ludvik als Masetto. Bei beiden könnte eine satte Tiefe die Rollengestaltung noch verstärken.

Das Publikum bedankte sich zu Recht mit starkem Beifall bei allen Mitwirkenden für diese sehens- und hörenswerte Wiederaufnahme.


DER RING AN EINEM ABEND

2 - 2019 | Wagners Ring des Nibelungen an einem Abend ist schon ein Wagnis, wenn man das Mammutwerk auf drei Stunden kürzt. Vicco von Bülow alias Loriot schuf mit seinen verbindenden humorvollen Texten eine Fassung, bei der man die fehlenden 12 Stunden kaum vermißt.

Sascha Krohn schuf für das Aalto-Musiktheater eine szenische Fassung, die das sonstige Schaffen Loriots in den Mittelpunkt stellt. Auf der großen als Konzertbühne ausgestatteten Theaterbühne stand im Hintergrund das Orchester mit den Essener Philharmonikern. Davor an der Rampe und auf den Podien des Orchestergrabens wurde eine Handlung mit starker Loriot-Sicht dargeboten. Zur Seite links und rechts an zwei bescheiden verkleideten Tischreihen sitzen die Protagonisten bereits vor Beginn der Veranstaltung. Requisiten, Sessel und sonstige Hilfsmittel ergänzen die ärmliche Optik und werden auch durch die Orchesterpodien geschickt transportiert.

Alle Darsteller sollen Figuren aus der Schaffenswelt von Loriots dramatischen Werken sein. Natürlich nur in Kostüm und Maske; die Kostüme von Ulrich Lott sind bunt und nehmen sich die Loriot-Figuren als Vorbild. Gesungen wird natürlich Richard Wagner. Der Vorteil der Regie ist der Ansatz, die einzelnen Beiträge nicht dem wagnerschen Original anzugleichen. Der Nachteil der Regie ist es, dies grundsätzlich mit Loriot-Humor zu versuchen.

Während Vicco von Bülow ehrfürchtig mit Wagner umging, wird das auf der Essener Opernbühne so grotesk wie möglich gelöst. Die gespielte Szene wird von den nicht Beteiligten von der Seite kommentiert; an den Seitentischen ist immer was los.

Siegmund und Sieglinde sind Karl-Heinz Meltzer und Renate Dinkel aus 'Liebe im Büro' und verhalten sich in ihrem Schlußduett aus dem 1.Akt der Walküre auch so.
Es gibt das Atomkraftwerk, die Badewanne, Sofa und Möpse. Der Waldvogel und das Ross Grane ist ein Hund. Brünnhilde erscheint für ihre Schlußszene aus der Götterdämmerung gleich mit einer ganzen Mops-Meute, von der sie sodann aber ein Diener erlöst. Es wird sich dann auf Betten herumgewälzt, daß sich die Balken biegen.

Jens Winterstein führt als Sprecher souverän durch das Wagner-Programm; ihm gelingt auch die nötige distanzierende Süffisanz zu dem Gesagten und Geschehen auf der Bühne.

Die Essener Philharmoniker im Hintergrund können in großer Anzahl aufspielen, geleitet vom 1.Kapellmeister des Hauses Robert Jindra. Der Orchesterklang ist differenziert, langsame Tempi werden bevorzugt und die Sänger werden nicht übertönt. Da der Kontakt zum Dirigenten meist nur über die Monitore bestand, war die Besetzung im Souffleur-Kasten besonders hilfreich.

Gesungen wurde bei dem Spektakel auf teilweise sehr hohem Niveau. Kurzfristig für die geplante Hauskollegin eingesprungen ist Daniela Köhler als Brünnhilde, die mit Bravour für einen musikalischen Höhepunkt sorgt. Jessica Muirhead ist eine vorbildliche Sieglinde und Gutrune; bei ihr freut man sich schon jetzt, sie in der vollständigen Rollen zu sehen und zu hören.

Es ist ein Genuß und eine große Freude, Almas Svilpa als Wotan wieder zu hören. Jeffrey Dowd ist als Siegmund und Siegfried eine sichere Bank auf der Essener Opernbühne. Heiko Trinsinger erweiterte als Alberich sein Wagner-Repertoire; auch bei ihm wünscht man sich, ihn in der ganzen Partie zu erleben. Als Gunter war er in Essen schon bestens präsent.
Bettina Ranch glänzte mit der Rheingold-Szene als Fricka; die Waltraute in der Götterdämmerung ist für sie schon etwas heikler.

Von den Rheintöchtern glänzte Tamara Banjesevic mit ihrem großem hellen Sopran als Woglinde. Tijl Faveyts mußte lange warten, um als Hagen seinen wunderbaren hellen Bass als Bösewicht erstrahlen zu lassen.

Die ausgewählten Wagner-Szenen orientieren sich in der Regel nach der Loriot-Vorlage. Einiges wurde weggelassen - anderes ergänzt. So der hinzu genommene Walkürenritt, der aber mit fünf statt acht Frauenstimmen zur Groteske wurde, die eher an den 'Blauen Bock' erinnerte. Das Finale 1.Akt aus dem Siegfried wurde durch einen Teil der Quiz-Szene zwischen Wanderer-Mime ersetzt; da wurde der Kollege Tenor wohl etwas geschont. Statt der Waltrauten-Szene hätte ich mir lieber doch den Trauermarsch gewünscht.

Eine besonders geniale Idee verwirrte, als ein Musikthema des Films 'Der Herr der Ringe' angespielt wurde. Aber dadurch wurde die Gestalt von Hagen erklärt, als Gollums Bild gezeigt wird und natürlich wird ein Bezug zu den Inhalten von Film-Trilogie und Wagner-Trilogie mit Vorabend geknüpft.

Die Wagner Freunde werden für sich entscheiden, ob sie mit dieser Ring-Version leben können. Ob dieser Ring an einem Abend neue Wagnerfreunde gewinnen kann, wird die Zukunft zeigen. Musikalisch wird man auf jeden Fall mehr als zufrieden sein.


OTELLO

2-19 | Das Essener Musiktheater bietet gerne Opernklassiker seinem Publikum. Eine Premiere mit neuer szenischer Deutung und neuen Stimmen ist immer ein Grund, selbst wenn das Werk schon einige Jahre zuvor im Repertoire war und man nicht vorher weiß, was es da an Neuem geben wird; so auch bei Verdis Otello, der jetzt im Aalto-Theater eine grandiose Neuinszenierung erlebte.

Matteo Beltrami leitete die Essener Philharmoniker zu genauem klangvollen Spiel, ohne kräftig auftrumpfen zu müssen. Die Verdi-Partitur erklingt zurückhaltend schön; der Chor unter Jens Bingert unterstütz mit einer sauberen Leistung diesen Eindruck.

Der Götz-Friedrich-Schüler (schön, daß man diesen Teil in der Biografie erwähnt) Roland Schwab war mit seinem Bühnenbildner Piero Vinciguerra und der Kostümbildnerin Gabriele Rupprecht für die Inszenierung verantwortlich.
Deren Handlung beginnt vor dem ersten Takt. Jago und Rodrigo versprühen Nebel auf leerer Bühne und setzen so ihr Profil. Es gibt eine von Männern beherrschte Gesellschaft, in der Stärke des Militärs zählt. Wer den ersten starken Mann besiegen will, muß gegen ihn agieren und ihn schwächen.

Große Lamellenvorhänge beherrschen den schwarzen Bühnenraum quer und längs zum Portal. Ventilatoren mit Scheinwerfern sorgen für eine leicht 'flirrende' Bewegung dieser 'Wände'. Durch unterschiedlichen Einsatz in Höhe und Position dieser Jalousetten erzielt man immer wieder -auch dank der Lichteffekte- neue Einblicke und Wirkung in einem großen Raum. Das gibt die Möglichkeit, die Massenszenen dezent hinter den Vorhängen zu positionieren, ebenso Otellos 10faches Ich.
Als Funken der Hoffnung wird im Hintergrund ein grüner Naturstreifen gezeigt, bei dem sich Desdemona wohl fühlt und Cassio scheinbar vernichtet wird.

Otello kommt nach dem Schiffsunglück schon verwundet zurück und offenbart geschwächt allen wieder seine große Leidenschaft und somit offene Flanke, die Liebe zu einer Frau Desdemona, die die Stärke ihres Mannes bewundert. Hier setzt Jago, der Meister der Intrige, die Schlacht gegen seinen angeschlagenen Herrn Otello an und erweckt dessen Eifersucht; denn es gibt andere Männer. Jago sucht und entwickelt mit Eifer die Fakten für vermeintliche Beweise.
Rodrigos Leidenschaft für Desdemona nutzt er aus, ebenso wie Cassio, ein mit Elvis-Tolle aufgepeppter Soldaten-Schönling. Ihn macht Jago zum vermeintlichen Nebenbuhler Otellos; hier hilft Jago auch Desdemonas loyales Verhalten zu Cassio. Da klappt alles.

Aber Otello ist nervenkrank; was sich oft erst im III.Akt nur als 'Ohnmacht' zeigt, wird bei Roland Schwab von Anfang an aber deutlich. Hinter den Lamellen-Vorhängen unterstützen zehn Otello-Figuren sichtbar dessen Leiden und neurotische Ausbrüche. Desdemona erscheint für ihn visionär im Brautkleid und wird von ihm auch schon mal vergewaltigt.

Aber nicht nur Otello hat seine Visionen. Jago kann bei seinem Bekenntnis zum Bösen seine Gedanken und Wünsche voll ausleben; Cassio, der ihm helfen soll, Otello zu vernichten, wird von ihm im grünen Hoffnungsstreifen vernichtet. Aber das ist Wunschdenken.

Für Desdemona wird vor ihrem Tod der Schlafraum zum Gefängnis. Die erst durchsichtigen Lamellen-Vorhänge schließen sich nach und nach; leider etwas zu offensichtlich wiederholend nach musikalischem Akzent. In Todesahnung irrt sie durch den großen Raum; Ruhe findet sie auch nicht auf dem unbequemen Schlafgestell.

Nach Mord und Selbstmord versprüht Jago über die Toten seinen Nebel.

Die Sänger zeigen sich nicht nur mit ihrer Stimme exzellent; dank Roland Schwab spielen sie auch spannend und intensiv ihre Situationen, zu der sie der Regisseur angeleitet hat.
Allen voran Nikoloz Lagvilava als Jago, der nicht nur mit großer wohlklingender Stimme sondern auch mit beeindruckendem Spiel das Geschehen beherrschte.

Gaston Rivero gibt mit ansprechendem Tenor sein Otello-Debüt. In den dramatischen Momenten fehlt ihm die Stärke zur musikalischen Gestaltung; sein Rollenbild eines nervenkranken Führers beeindruckt.

Gabrielle Mouhlen ist eine schlanke, hoch gewachsene Desdemona, die auch dank ihrer Brautschuhe Otello überragt. Ihr heller Sopran leuchtet klar, ohne aber einen emotionalen Bogen herzustellen. Der IV.Akt mit ihrer Todesahnung wird zu einer großen Szene für sie.
Bettina Ranch als Emilia hält sich da sehr zurück; sie ist keine Hilfe.

Die Geschichte um Otello endet aus der Sicht des Intriganten Jago. Was Männer in einem Militärlager miteinander alles machen können, wenn ihnen danach ist. Im Aalto-Theater muß der Gegenspieler keine andere Hautfarbe haben; er muß ihm einfach nur im Wege stehen.


DER FREISCHÜTZ

12 - 2018 | Eine der 'deutschesten Opern' ist die Neuproduktion im Essener Opernhaus kurz vor Weihnachten. Tatjana Gürbaca hat sich da für ihre Inszenierung viel einfallen lassen. Was optisch gut tat, war die szenische Realisation der Personenführung und die abstrakten Orte des Geschehens. Da gab es keinen romantischen Realismus mit deutschen Wald für Carl Maria von Webers Freischütz.

Klaus Grünberg schuf ein Bühnenbild mit sieben grauen Häusern im CinemaScope-Format; ein großer kahler Ast liegt herum. Spitze Giebel recken sich in den Himmel, der aus schillernden grauen Fäden besteht; die Türen in den Häusern bieten ausreichend Gelegenheit zum Spiel. Die breite Aalto-Bühne wurde in der Portal-Höhe verkleinert, so daß sie noch breiter wirkte und man sich in einer Kinovorstellung wähnte. Hier spielt sich alles ab, auch die Wolfsschlucht-Szene oder Agathes Zimmer. Agathe und Ännchen stehen schon mal weit auseinander. Das heruntergefallene Bild von Ur-Vater Kuno wird von der kecken Anne gleich mit einem schwarzen Schnäuzer versehen, was auf den deutschen Hintergrund dieser Inszenierung verweist.

Sänger, Chor und Statisten sorgen für erklärenden Trubel und Wirbel, vor allem in der Wolfsschluchtszene, wo skurrile Figuren ihr Unwesen treiben. Der Jägerchor des letzten Aktes wird gleich nach der Pause geboten; das von Weber vorgesehene Vorspiel konnte so entfallen. Agathe wirkt mit ihrer bösen Ahnung in der Menge sehr allein.

Im letzten Akt entfernten sich Regisseurin und Bühnenbildner ganz von einer realistischen Darstellung. Projektionen auf dem Portalschleier wechselten sich ab mit dunklen Lichteinstellungen auf der Bühne; das wurde durch die langsamen Tempi des Dirigats unterstützt. Ein Besuch der Stückeinführung durch die Dramaturgie vor Vorstellungsbesuch und|oder die Lektüre des Programmheftes könnte dem Zuschauer diese Deutung näher bringen.

Tomas Netopil führte die Essener Philharmoniker zu einem schlanken Weber-Klang ohne zu bombastisch wirkende Akzente. Durch ein langsames Tempo fächerten die Essener Philharmoniker die Partitur deutlich mit Wohlklang auf.

Die Sänger waren so auch immer präsent und konnten ihre Qualität hörbar über die Rampe bringen. Jessica Muirhead ist Agathe. Ihr leichter Sopran hat besonders in ihrer Arie prächtigen Glanz; der dramatischen Ausdruck, den diese Partie auch fordert, fehlt ihr ein wenig.

Eigentlich hört man in der Partie des Ännchens den leichter klingenden Sopran; hier ist es umgekehrt. Tamara Banjesevic ist mit ihrem dunkler gefärbten Sopran tatsächlich eine angenehm hörbare Ergänzung zu ihrer Partnerin.

Heiko Trinsinger ist mehr als eindrucksvoll als Kaspar, sowohl durch Dialog, Spiel und musikalischer Gestaltung. Seine Stimme klingt in allen Passagen groß und bedrohlich. Samiels Stimme wurde mit verfremdeter Technik-Stimme und Chor für ihn ein böser Gesprächspartner. Als Samiel erscheint, ist es ein kleines Mädchen.

Maximilian Schmitt als Max ist mit seinem leichten Tenor einen schöner Gegenpol zum kräftig auftrumpfenden Kaspar. Auch paßt er mit sicher geführter Stimme und jugendlichem Spiel ideal zu seiner Agathe, mit der es dann doch kein glückliches Ende gibt.

Baurzhan Anderzhanov als Eremit und Karel Martin Ludvik als Erbförster Kuno runden das wohlklingende Aalto-Ensemble ab. Zu loben sind auch die Chor-Solistinnen beim Jungfernkranz und der Chor, der nie forciert.

Da können die Essener Opernbesucher viel erleben! Ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall.


CARMEN

10|2018| Warum nach einer mehr als erfolgreichen Inszenierung gleich wieder eine Neuinszenierung im Essener Opernhaus des gleichen Werkes gezeigt werden muß, mag die Leitung des Hauses etwas besser erklären, als es ihr bei der Vorstellung des Spielplans 18/19 möglich war. Die neue Carmen liefert dafür keine Ansätze.

Prosper Mérimées Novelle, die Bizet als Vorlage galt, strotzt in seiner Libretto-Vorlage vor folkloristischer Elemente, die auch die Komposition schmissig und gefühlvoll erklingen läßt und das Werk so berühmt und beliebt machte. Eine szenische, optische Umsetzung der Folklore ist durchaus problematisch, möchte man nicht einen Reiseprospekt illustrieren, was lange auf Opernbühnen gemacht wurde.

Reduktion auf das Wesentliche ist in aktuellen Inszenierungen angesagt. So auch in Essen, wo Lotte de Beer mit ihrem Ausstattungs-Team Clement & Sanou eine neue Interpretation des Werkes anging.

Die große Aalto-Bühne mit voller Portalbreite und -höhe bot genug Platz und Tiefe für ein Bühnenbild, das schwarz in schwarz gehalten wurde. Eine helle Spielscheibe war der Mittelpunkt, die gehoben, gekippt und gesenkt wurde. Der Hintergrund-Prospekt zeigte manchmal einen hellen Streifen. Der Bühnenbildner lies es sich auch nicht nehmen, nach Alt-Bayreuther Ring-Tradition diese Boden-Scheibe mit einem Halbrund auf dem Hintergrund zu ergänzen. Wurden nicht alle Bodenpodeste gehoben, kippte ein Teil des Kreises der Bodenscheibe nach vorne. Je nach Einsatz der Podeste bot sich eine eindrucksvolle Ansicht des Raums. Auf hoher Ebene agierte es sich manchmal auch für den Zuschauerblick in Schwindel erregender Höhe.

Regisseurin Lotte de Beer führte gleich zur Ouvertüre zwei Kinderdarsteller für Carmen und Don José ein; auch Escamillo wurde so gedoubelt; bei Gelegenheit tauchten diese Figuren im Geschehen auf; erklärt wurde damit aber nicht viel.

Die Chöre marschierten im Takt der Musik im Kreis was das Zeug hielt oder standen in der Reihe auf hohem Podest; mit den Solisten sang man dann auch nur nach vorne.

Die Kostüme waren für die Menge und die Solisten alle unisono mit dem Effekt, daß man in der Masse gar nicht den Solisten zuordnen konnte. Wenn man gesungen hatte, war man schnell weg, um für den nächsten Einsatz wieder zurück zu kehren.

Die Solisten hatten auf dieser riesigen dunklen Bühne ausreichend Platz für Gesang und Spiel und wirkten im großen schönen Raum allein; und das war ein grundsätzliche Problem dieser Inszenierung. Hier funktionierte kaum ein Kontakt zueinander trotz möglicher Personenführung; vieles wirkte statuarisch. Michaela durfte eine Decke für ein Picknick mit Don José ausbreiten; man saß und sang.

Die französische Sprache von Meilhac/Halévy gab es auch in Essen. Einige Szenen hatten gesprochene Dialoge, wenige ein gesungenes Rezitativ. Die Sprechtexte hätte man bei Notwendigkeit durchaus weglassen können, nicht aber so in Essen. Im Gegenteil gab's etwas besonderes: die Sänger sprachen nicht, sondern die Kinder-Darsteller. Deren kindliche Sprache erklang über die Tonanlage. Das ging dann gar nicht mehr auf, da auch erotische Gefühle den Text begründeten. Der vorher aufgebaute Spannungsboden durch Musik und Gesang verpuffte wie Luft aus einem Reifen.

Die Essener Philharmoniker spielten präzise und klangschön unter der Leitung von Sébastien Rouland, ohne zu kräftig zu klingen; manchmal gab es zu rasche Tempi.
Wollte man das Bühnengeschehen nicht optisch verfolgen, könnte der Besucher sich bequem zurücklehnen, nur um die schön gespielte Musik der Philharmoniker und den durchaus schönen Gesang der Sänger zu lauschen (sieht man mal vom Kinderchor ab). Aber auch dieses alternative Vergnügen wurde nicht optimal geboten.
Das Bühnenbild war für die Sänger ein offener Raum; keine Bühnenbildteile, Seiten- und Plafondwände lenkten die Stimme nach vorne, sondern auch in den Bühnenraum. Die Sängerstimmen kamen nicht im vollen Klang an in die Ohren der Hörer. Unter diesem akustischen Mangel hatte jeder Sänger auf der Bühne zu kämpfen.

Das merkte man besonders, wenn es auch anders ging; als Don José für seine Blumenarie die Schräge nach vorn zur Rampe trippelte, war auf einmal die wunderbare Tenorstimme von Luc Robert in vollem Glanz zu hören.

Bettina Ranch in der Titelpartie fehlte die glutvolle Mittellage; auch szenisch konnte sie als Verführerin keine Akzente setzen.

Jessica Muirhead setzte ihren klaren Sopran mit gefühlvollem Timbre für Micaela ein. Auf hoher Bühnenebene hatte es Almas Svilpa besonders schwer, seine große Stimme, die einem Wotan besser steht, entsprechend zur Geltung zu bringen. Karel Martin Ludvik konnte seinen schön geführten hellen Bariton als Zuniga wirkungsvoll in Szene setzen.

Einige Besucher, die eine andere Carmen in Erinnerung hatten, wünschten sich sicherlich die Kneipe aus Gelsenkirchen zurück.


DIE WALKÜRE

Aalto-Theater Essen 30.6.2018 |Vergleicht man diese Essener Produktion mit der der Duisburg/Düsseldorfer des gleichen Inzenierungs-Teams, so fällt die optische Opulenz auf der Aalto-Bühne in Essen sofort auf. In Essen konnte Dieter Richter die volle Portalbreite von etwa 17 Metern nutzen; an der Rheinoper fehlten dem Bühnenbildner später für ein ähnliches Konzept etwa sechs Meter in der Portalbreite, was dann doch für einige Ideen etwas eng wurde.

Die jetzt neun Jahre alte Inszenierung von Dietrich Hilsdorf wirkte überraschend frisch und Dank des großzügigen Bühnenbildes klar und eindrucksvoll.
Rebecca Teem war wieder die Brünnhilde, die sie schon 2015 in Essen gestalten konnte. Ihre warme Stimme erklingt in allen Lagen groß und schön und kann auch über den großen Orchesterstellen strahlen; ihr Spiel ist genau und intensiv. Was will man von einer Brünnhilde mehr?

An dem Wotan von Almas Svilpa kommt so schnell niemand vorbei. 2011 hat er unter Soltesz sein Rollen-Debüt in Essen gegeben und sein Wotan klingt heute so kräftig, schön und eindrucksvoll, daß man ihm einen internationalen Durchbruch nur wünschen kann. Seine intensive Darstellung ist so phänomenal, daß Regisseur Hilsdorf seine Freude daran hätte, würde er noch einmal in eine Vorstellung gehen.

Deirdre Angenent debütierte mit der Sieglinde in Essen. Sie hat einen schön timbrierten Sopran, der auch in den großen dramatischen Stellen im dritten Akt wohlklingende Wirkung zeigt. Ihr schlankes jugendliches Aussehen hilft bei ihrem Rollen-Debüt, um eine dominante Bühnenpräsenz zu haben; allerdings schien es, als ab sie im 2.Akt schon im 10.Monat schwanger ist - nun gut.

Bettina Ranch glänzte als Fricka mit schönem runden Mezzosopran, der in allen Lagen kräftigen Eindruck hinterließ. Sie verstand es so wirkungsvoll, sich als Gegenspielerin zu Wotan zu profilieren.

Jeffrey Dowd als Siegmund wirkt in Stimme und Spiel jung und ist in dieser Rolle doch ein trauriger Held. Eine sängerische Leistung ohne Fehl und Tadel. Tijl Faveyts als Hunding kann wieder seinen glühend hohen Bass bedrohlich einsetzen.
Tomás Netopil dirigierte und leitete die Essener Philharmoniker zu zurückhaltendem Spiel an. Er entwickelte lange, große Bögen zur dramatischen Phrase. Da hatte man doch den Eindruck, daß viele Feinheiten der Partitur untergingen. Eine kleine Gruppe an Beifall-Jublern sorgte aber dafür, daß beim Schluß-Applaus das Orchester und sein Leiter gefeiert wurden. Dem kundigen Walküren-Ohr fehlte bei der Orchestermusik doch einiges.

Auf jeden Fall sollte man die Essener Hilsdorf-Inszenierung mit der aktuellen Aufführung an der Deutschen Oper am Rhein vergleichen. Da gilt es doch, kleine und große Unterschiede zu entdecken, was sich auf jeden Fall lohnt.


LOHENGRIN

6.5.2018 | Der Abschluß der Wiederaufnahmeserie von Wagners großem romantischen Werk konnte sich vor allem im Essener Opernhaus hören lassen. Die Essener Philharmoniker boten einen extrem wunderbaren Wagner-Klang unter dem Dirigat von Tomás Netopil. Eher breite Tempi wurden von ihm vom Orchester und den Solisten gefordert, was vor allem im 3.Akt einen sensationell blau-silbernen Klang ergab. Allerdings wurden so die Sänger manchmal sehr gefordert; vor allem zu Beginn des zweiten Aktes gaben die gedehnten Tempi den Sängern kaum Gelegenheit, den gesungenen Text auch verständlich zu gestalten.

Sergei Skorokhodov hat sich in der Titelpartie musikalisch und szenisch weiter gesteigert. Er hatte Glück, daß ihm zur Seite Jessica Muirhead als Elsa stand; sie spielte differenziert und deutlich und glänzte mit wunderschönem Sopran. Beide wirkten wie ein Traumpaar, wäre da nicht der unglückliche Ausgang der Geschichte, die Tatjana Gürbaca genau inszenierte und die von Carolin Steffen-Maaß szenisch erfrischend wiederaufgenommen wurde.

Ein anderes Traumpaar boten die Gegenspieler Ortrud und Telramund. Rebecca Teem sang und spielte phänomenal genau und kantabel mit den geforderten dramatischen Ausbrüchen. Heiko Trinsinger war ein ihr ebenbürtiger Partner; die Puccini-Belastung des Vorabends konnte man aber einmal erahnen.

Almas Svilpa als König Heinrich klang und spielte phänomenal; auf seinen Wotan in Essen kann man sich schon jetzt freuen und damit auf die Walküre von Rebecca Teem. Auch die Neubesetzung von Karel Martin Ludvik als Heerrufer ist ein Idealfall, da seine Bass-Stimme auch in der Höhe glänzt.

Allerdings stand szenisch der Abend unter einem schlechten Stern. Vielleicht lag es an dem verspäteten Beginn der Aufführung wegen einer Autobahnsperrung; aber was dann in allen Akten szenisch-organisatorisch passierte, dürfte dem anwesenden Intendanten des Hauses nicht gefallen haben.
Im Vorspiel des ersten Aktes wird die Vorgeschichte in kurzen Licht-Szenen gezeigt. Aber die Darsteller waren nicht pünktlich zur Stelle; als das erste Licht kam, kletterte man noch die hohen Treppen zum Tisch hinab, um dort Platz zu nehmen; Ortrud hatte noch ihre Schürze umzubinden.
Bei der Einrichtung zum zweiten Akt fehlte Elsas 'Hexen-Mantel', mit dem Ortrud zu spielen hatte. Nichts leichter als das: auf einmal warf jemand von rechts vorn den schön zusammengelegten Mantel für Ortrud unerreichbar auf die Bühne. Da Rebecca Teem diese tiefe Treppe nicht mal eben im Spiel herunter konnte, gab sich die helfende weibliche Hand zu erkennen, kam in Zivil auf die Bühne und gab der Sängerin ihr Requisit.

Fehler können passieren, aber bewußt störende private Aktionen, die durch nichts abgedeckt sind, vor allem nicht durch die Inszenierung, gehören nicht in eine professionelle Theateraufführung. Ein Mitglied des Herren-Chores, der vor Jahren noch als Offizier in der alten Barbier-Inszenierung auf sich aufmerksam machen konnte, suchte diesmal die Aufmerksamkeit auf andere Weise. Beim Aufzug des Heergefolges im dritten Aufzug war er in der zweiten kommenden Gruppe vorne rechts in der ersten Reihe. Seine leicht tänzelnde Bewegung mit freudig strahlendem Gesicht fiel auf, während die anderen stolz marschierten. Als das Heergefolge einen militärischen Schwenk nach rechts vornahm, dreht dieser 'Bass-Chorist' eine Pirouette vor den Kolleginnen des Chores, die das wohl lustig finden sollten, und tänzelte weiter.

Das Publikum im nicht voll besetzen Aalto-Saal dankte allen mit stürmischen, nicht enden wollenden Beifall für diese in dieser Spielzeit letzten Aufführung. Da können alle nur hoffen, daß diese wunderbar phantasievolle Inszenierung weiter in Zukunft die Essener Besucher erfreuen wird.


MADAMA BUTTERLFY

5.5.2018 | Im Essener Opernhaus folgt eine Wiederaufnahme der nächsten. Zwei Wochen nach der 'Traviata' konnte eine immer noch sehens- und hörenswerte Produktion das Scheinwerferlicht der Bühne erneut erblicken. Die Inszenierung von Tilman Knabe ist klar, nimmt Position für die Situation der Japaner; selbst die bei ihm eigentlich nie fehlenden kopulierenden Szenen finden erklärend im Hintergrund statt; da hat der Dramaturg Nils Szcepanski gute beratende Arbeit geleistet, um die Geschichte in der heutigen Zeit stattfinden zu lassen.
Die Bühne von Alfred Peter beherrscht eine Container, in dem zu Beginn der Handlung noch die Maler mit Pinsel am hellen weiß der neuen Wohnung arbeiten. Es ist immer noch beeindruckend, wenn zwischen dem 2. und 3. Akt dieses Haus sich aufrichtet, um später senkrecht auf der Seite zu stehen, während Cio-Cio-San ihren Traum vom amerikanischen Helden erlebt. Marijke Malitius sorgte für eine präzise szenische Wiederaufnahme.

Musikalisch wurden die Essener Philharmoniker diesmal durch Giuseppe Finzi hochkonzentriert zu einem betörenden Klang animiert, bei dem auch feine Differenzierungen erarbeitet wurden. Das "Runterdreschen" der Vergangenheit vergaß man gerne.

Die Besetzung konnte bekannte, bewährte Kräfte und neue Mitglieder des Hauses aufweisen. Es war ein Genuß, Sandra Janusaite wieder in der Titelpartie zu erleben; sie gehört dem Ensemble nur noch als Gast an.
Ihr neu zur Seite glänzte Carlos Cardoso als Pinkerton. Hatte er zwei Wochen zuvor noch den Alfredo mit stimmlichen Schmelz zu gestalten, durfte er dazu als amerikanischer Soldat auch zeigen, daß leuchtende Puccini-Töne zu seinen Qualitäten gehören.

Heiko Trinsinger zeigt sich wohlklingend als Sänger für alle Fächer mit seinem kantablen Bariton. Aber auch hier in dieser Wiederaufnahme galt für ihn wie vor 14 Tagen, daß er einen Tag später in einem ganz anderen Fach auf der Bühne sich bewähren durfte.

In den Nebenrollen konnte wieder Baurzhan Anderzhanov als Onkel Bonze glänzen; zwei Tage später konnte er mit seinem Liederabend im Aalto-Foyer die Zuhörer mit seiner großen volltönenden Bass-Stimme verwöhnen.

Das Publikum zeigte sich im nicht voll besetzten Saal begeistert über eine Produktion, die einen festen Platz im Repertoire des Essener Aalto-Theaters behalten sollte.


LA TRAVIATA

21.4.2018 | Am 5.5.2012 gab es die Premiere in der Inszenierung von Josef Ernst Köpplinger. Diese Aufführung damals war mir so gut nicht mehr in Erinnerung. Als ich die Wiederaufnahme-Premiere unter der musikalischen Leitung von Friedrich Haider sah und hörte, wußte ich warum. Daniel Witzke hat sich um die szenische Wiederaufnahme bemüht, aber an der Grundidee der Inszenierung konnte er nichts korrigieren. Frühere Korrekturversuche hatte man wohl aufgegeben?!
Die Geschichte spielt hier in einem großen Krankensaal mit viel Patienten und Betten. Violetta Valéry erlebt dort ihre letzten Stunden. Ihre Geschichte wird so vom Ende her erzählt. Pausenlos herrscht reges Treiben von Patienten, Ärzten und Besuchern. Chor und Statisten bemühen sich erfolgreich, um dies alles zu erklären; selbst die Besetzung von 2012 wie z.B. mit Marion Borkowsky und Fabian Schmitz war dabei, um der Intention der Regie nahe zu kommen. Ob man aber bei diesem Treiben Kopulation mit nacktem Fleisch bieten mußte, ist bei dieser unglücklichen Inszenierung schon gar nicht mehr wichtig.

Hier fehlt einfach die im Mittelpunkt stehende 'La Traviata', ihre echte Liebe zu Alfredo und das Problem ihrer gesellschaftlichen Akzeptanz. Das wurde nicht erarbeitet und durch vielerlei Brimborium verwirrend vermittelt. Da half auch das Bühnenbild von Johannes Leiacker nicht, der einen schönen Raum mit kalter Landschaft entwarf.

Aber da gab es ja noch die musikalische Seite des Abends. Die Essener Philharmoniker unter ihrem 1.Gastdirigenten Friedrich Haider sorgten für eine schmissige, aber auch gefühlvolle Verdi-Interpretation.

Elbenita Kajtazi sang die Titelpartie; sie war eine Ideal-Besetzung in Stimme und Spiel. Ihr klarer Sopran erreichte klangschön mühelos jede Höhe; ihr Spiel rührte den Zuschauer trotz der unglücklichen Regie.
Carlos Cardoso war ihr ein ebenbürtiger Partner mit schönem Tenor und zurückhaltendem Spiel als Alfredo.
Mit seinem etwas deutsch klingenden Bariton konnte Heiko Trinsinger Vater Germont würdevoll gestalten und dieser Partie auch italienischen Belcanto-Charme verleihen. Für ihn war es eine gute Übung, denn einen Tag später galt es, den Telramund auf gleicher Bühne zu interpretierten - das nennt man praktisch.
Aber auch bei den zahlreichen Nebenrollen fielen einige Sänger aus dem Essener Ensemble angenehm auf, so Liliana de Sousa als Flora und Baurzhan Anderzhanov als Dottore.

Diese Aalto-Produktion ist vor allem Plattform für die Sänger, in ihren Partien zu glänzen, was die Zuschauer mit starkem Beifall honorierten.

Schade - Elbenita Kajtazi wird nur noch diese Spielzeit dem Essener Ensemble als festes Mitglied angehören. In der nächsten Spielzeit ist sie nur ein Mal !!! als Gretel besetzt.


LOHENGRIN

8.4.2018 | Die Wiederaufnahme der Inszenierung von Tatjana Gürbaca stand auf der großen Essener Opernbühne in allen Belangen unter einem guten Opernstern. Die Essener Philharmoniker, unter der Leitung von Tomás Netopil, verzauberten das Publikum mit einem sphärisch-dramatischen Wagner-Klang, der bereits im ersten Vorspiel zur bewegenden Geltung kam. Das Publikum bedankte sich bei den Musikern mit besonders starken Beifallsbekundungen.

Aber da wurde ja auch noch gesungen. Als Gast präsentierte sich Frank van Hove als König Heinrich mit schönem, hellen Bass, der auch die extremen Stellen meisterte. Ihm zur Seite aus dem Essener Ensemble ein neuer Heerrufer, der bereits bei der Premieren-Matinee auf sich aufmerksam machte. Karel Martin Ludvik konnte mit seiner sehr ansprechend klingenden Baritonstimme dieser Partie sowohl in der Höhe strahlenden Glanz geben als auch in der Mittellage Durchsetzungskraft verleihen.

Mit Rebecca Teem als Ortrud konnte ein weiteres Ensemblemitglied demonstrieren, welch eine grandiose Sängerin dem Haus zur Verfügung steht. Ihr großer Sopran klang schön, klar und verständlich mit einer Mittellage, die keine Wünsche offen lies. Wenn es erforderlich war, bot ihre Stimme eine dramatische Wucht, die alle neben ihrer darstellerischen Präsenz beeindruckte.
Neben ihr konnte der Telramund von Heiko Trinsinger glänzen, der bereits in der Premiere keine Wünsche offen lies und so den zweiten Akt mit seiner Partnerin zu einer beeindruckenden Wirkung verhalf.

Die besonders angenehme Überraschung war aber ein neuer Gast in der Titelpartie. Sergey Skorokhodov war ein stimmstarker Lohengrin, der scheinbar mühelos über alle schwierigen Stellen der Partie hinweg sang. Er hat seine immer schön klingende Stimme in allen Lagen wirkungsvoll eingesetzt und hatte noch die Strahlkraft für den dritten Akt. Dazu kommt noch sein positives Erscheinungsbild, das ihn zusätzlich zu einem der führenden Sänger in dieser Partie machen wird.
Fans seines Kollegen, der die Essener Premiere bravourös sang und den man immer noch sensationell in anderen Partien woanders hören kann, wurden etwas unsicher.

Jessica Muihead als Elsa von Brabandt zeigte wieder, daß diese Rolle ihrem Spiel und ihrer Stimme besonders liegt. So kann vor allem das Brautgemach als Sternstunde des Abends angesehen werden, gäbe es da nicht noch die Gralserzählung.

Caroline Steffen-Maaß war für die szenische Wiederaufnahme verantwortlich, die nicht wie ein Aufguß wirkte. Geschuldet auch durch die teilweise Neubesetzung, erkannte man scheinbar neue Details im Spiel und in der Rollengestaltung, die den besonders aufmerksame Betrachter besonders erfreuten.

Das Publikum zeigte sich zu Recht begeistert. Noch zwei mal wird in dieser Spielzeit Gelegenheit sein, diesen besonderen Opernabend zu genießen.


SALOME

31.3.2018 | Eindeutiger Pluspunkt der Premiere von R. Strauss' Musikdrama 'Salome' war die musikalische Realisierung durch die Essener Philharmoniker unter der Leitung von Tomás Netopil. Klar und differenziert wurde die Partitur aufgefächert, ohne die große Linie zu verlieren. Die Sänger waren meist präsent textverständlich zu vernehmen. Die Essener Philharmoniker sorgten so für einen wunderbaren Klangkosmos, der besonders in den langsam gestalteten Passagen zur Geltung kam.
Annemarie Kremer gestaltete die Titelpartie mit ihrem leichten Sopran, der die Höhen spielerisch meisterte; allein bei wenigen Phasen merkte man, daß sie keinen dramatischen Sopran hat. Zuvor wurde sie im Essener Opernhaus als Butterfly und Rosalinde eingesetzt, was ihr in Stimme und Spiel besser lag. Ihr mehr als ebenbürtig gestaltet Almas Svilpa den Jochanaan. Für ihn schien diese Rollen kein Problem zu sein. Seine große, wohlklingende Stimme konnte in Höhen und Tiefen textverständlich erstrahlen. Da freut man sich schon auf seinen Essener Wotan im Sommer 2018.

Herausragende Leistungen aus dem Ensemble kamen vor allem von Carlos Cardoso als Narraboth, Lilian de Sousa als Page und Tijl Faveyts als 1.Soldat. Im Juden-Quintett fiel Dmitry Ivanchey als 1.Jude mit seinem hohen sicheren Tenor angenehm auf. Im Gesamteindruck der Szene fehlte aber bei seinen Kollegen stimmliche Präsenz.

Marie-Helen Joel konnte in der Rolle der Herodias vor allem mit ihren spielerischen Möglichkeiten der Figur Profil verleihen. Ihr doch leichter Mezzo konnte sich nicht immer durchsetzen.
Dagegen hatte Rainer Maria Röhr mit seinem Charaktertenor deutlich stärkere, hörbare Probleme als Herodes. Da half ihm auch nicht immer seine starke Bühnenpräsenz. Es wirkte fast schon wie Mitleid, als seine Kollegen ihm auf der Bühne beim Schlußbeifall applaudierten.

Mariame Clément war für die Regie verantwortlich. In der Ausstattung von Julia Hansen entwickelte sie ihre Inszenierung aus der Sicht der weiblichen Hauptfigur Salome. Ehe der erste Partiturton erschallte, sah man als Film zuerst Salome als kleines Mädchen, das von Papa Herodes zum Geburtstag einen Karton mit einem Ballettkleid geschenkt bekommt. Beim nächsten Geburtstagsfilm war das Mädchen schon eine große Frau; das Geschenk das gleiche - nur größer. Eine Vorlage für ein gestörtes Vater-Kind-Verhältnis. Die Mutter kann dem nichts entgegen setzen.

Das Bühnenbild zu Beginn zeigt sehr geschickt das Geschehen in einem Aufenthaltsraum des Dienstpersonals. Soldaten, Nazarener usw. sind Security-Angestellte, Diener des Hauses und beobachten das Geschehen um Salomes Geburtstagsfeier. Die von ihrer Party angeödete Salome macht hier Bekanntschaft mit der Mann aus dem Keller. Jochanaan wird durch die Pistole von Narraboth in Schach gehalten; später wird er sich mit ihr das Leben nehmen.
Die Bühne wechselt Dank der Drehscheibe in einen Lagerraum. In hohen Regalwänden lagern Kartons; ein Bett steht vor einem kleinen Fenster; ein zwielichtiger Raum, in dem auch Herodes sein Unwesen treibt. Hier ist das Gespräch zwischen Salome und Jochanaan, ehe das Dienstpersonal diesen unwirtlichen Ort für die Geburtstagstafel herrichtet. Die Gäste kommen per Polonaise zum Feiern und müssen sich bei diesem 'Kindergeburtstag' zu Salomes Tanz verkleiden. Als Geschenk erhält Salome wieder einen Karton mit dem Kleid, in dem sie später auch tanzt. Hinter dem großen Tisch vergeht sich Herodes an seiner Tochter, wohl nicht zum ersten Mal. Die Gäste schauen verschämt weg oder auch nicht; Herodias sieht das einfach nicht.

Jochanaan scheint in dieser Gesellschaft der einzige Mann zu sein, der es mit Salome nicht treiben will; das spornt sie immer mehr an. Mit der Pistole von Narraboth will sie ihren Willen durchsetzen; denn sie will Liebe, will seinen Mund küssen. Den Beginn ihrer Schlußszene hat Salome noch mit dem lebenden Jochanaan, der kniend auf sein Schicksal wartet. Erst als er weggeführt wird, kann es danach zum vorgesehen Kuss mit seinem abgeschlagenen Kopf kommen; ein Kompliment an die Maskenabteilung des Hauses.

Nachdem sie erschossen wird, verschwindet für Salome die Realität. Der Bühnenraum fährt auf schwarzem Grund langsam in den Hintergrund.

Das Publikum bedankte sich bei allen mit freundlichem Beifall; einige Protagonisten wurden zu Recht besonders bejubelt. Das spiegelt den Eindruck wieder, daß man sich in vielen Belangen mehr von einer Neu-Inszenierung erwartet hatte, die allzu brav trotz des interessanten Ansatzes über die Rampe kam.

Aber da gibt es ja noch die Essener Philharmoniker, die einen Richard-Strauss- Klang boten, der den Besuch dieser Salome-Aufführung belohnt.


DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL

4.3.2018 | Auch sechs Jahre nach der Premiere ist die Inszenierung von Mozarts Singspiel in der Inszenierung von Jetske Mijnssen als psychologisches Spiel zwischen Mann und Frau sehr spannend und richtig; ihre Dialogfassung konzentriert sich auf das Wesentliche.

Kein orientalisches Spiel, sondern nur das Verhältnis untereinander wird auf der wunderbaren Bühne von Sanne Danz gezeigt; keine Entführung, sondern freie Entscheidung der Frauen stehen im Focus des Geschehens.

Große weiße, symmetrische Flächen, werden je nach Bedarf zusammen- oder auseinandergeschoben. Die Figuren wirken auf der riesigen Bühne allein und verletzlich.
Für Bassa Selim wird eine Geburtstagsfeier vorbereitet. Er wird 40 und ist immer noch Single. Er fühlt sich zu Konstanze stark hingezogen, die auch seine Gefühle erwidert. Allein die älteren Rechte von Belmonte an Konstanze beeinflussen ihre Entscheidung, Bassa Selim zu verlassen.

Blonde entscheidet sich für den gefühlsvoll polternden Osmin. Er steht ihr näher als der mit Machogehabe agierende Pedrillo; da wundert man sich nicht, daß dieser das Nachsehen hat.

Musikalisch war die Wiederaufnahme unter der Leitung von Tomás Netopil in den besten Händen. Die Essener Philharmoniker spielten schön leicht und fließend und entwickelten einen wunderbaren klaren Mozartklang.

Nahezu alle Darsteller waren mit der Inszenierung bereits vertraut und konnten so in der szenischen Wiederaufnahme von Daniel Witzke sich auf Zusammenspiel und Gesang konzentrieren. Intensives Zusammenspiel ist für diese Inszenierung Voraussetzung.

Simona Saturová sang und spielte die Konstanze; ihre Arien waren der musikalische Höhepunkt der Aufführung. Dmitry Ivanchey war auch optisch ein optimaler Partner. Seine Tenorstimme ist nicht groß, klingt schön und man hat nie die Angst, ein Patzer könnten den Hörgenuß stören.*s.u.

Tijl Faveyts' Osmin ist auch optisch ein adäquater Liebhaber für Blonde; er setzt seinen vor allem in der Höhe wunderschönen Bass bestens ein. Christina Clark als Blonde kann sowohl in Stimme als auch im Spiel sich optimal bewegen; da blieb kein Wunsch offen. Bei Albrecht Kludszuweit wirkt der Pedrillo trotz seines schnellen Laufpensums und seiner launigen Bierdosenpyramide nach der Pause zu behäbig. Auch bei seiner Paradearie fehlt es an dem notwendigen Glanz; es klang da manchmal rau und nicht strahlend. Da wundert man sich nicht, daß Blonde sich für Osmin entscheidet.

Maik Solbach spielt den Bassa Selim als Softie mit prächtiger Sprachkultur und Körpersprache, die auf der großen weißen Bühne mit seiner schlanken Gestalt überzeugend zur Geltung kommt.

Wie die Geschichte ausgeht, bleibt in dieser Inszenierung offen. Sie endet nicht mit dem Schlußchor. Es erklingt noch einmal als Wiederholung die Ouvertüre; vielleicht geht es diesmal anders aus...

Das Publikum bedankte sich auch durch Zwischenbeifall für die Leistung aller mit kräftigem Applaus, selbst wenn einige eine Geschichte aus dem Orient erwartet hatten. Viele jugendliche Zuschauer waren zu sehen, für die diese Wiederaufnahme im Essener Opernhaus packendes Musiktheater bot.

*P.S.: Der Kollege, den ich vor 3 Jahren in einer Aufführung als Belmonte hörte, hat in seiner aktuellen Biographie jegliche Bühnentätigkeit auf der Essener Aalto-Bühne nicht erwähnt. Da hat er damals wohl oft das falsche Fach gesungen und möchte diese Zeit nur noch vergessen. Zu recht!


HANS HEILING

24.2.2018 | Da hat die Essener Oper mit Heinrich Marschners Werk einen richtigen Impuls gehabt, diese romantische Oper für die Bühne zu realisieren. Als das Werk in Berlin vor 185 Jahren uraufgeführt wurde, feierte Richard Wagner zwei Tage zuvor seinen zwanzigsten Geburtstag; bereits im Juli darauf wurde 'Hans Heiling' mit großem Erfolg in Leipzig gespielt. Nicht nur Wagner hat sich szenisch und musikalisch von Marschners großer romantischer Oper beeinflussen lassen; auch Albert Lortzing hat sich das Werk genau angeschaut.

C.M.v.Weber stand mit seinen Werken wiederum für Marschner Pate, der Hans Heiling weiter in Richtung Musiktheater entwickelte. Die leichte Spieloper mit Dialogen und volkstümlichen Szenen sind verknüpft mit musikdramatischen Szenen, die einen großen Raum für die Handlung aufbauen. Sieht man sich die Vorgaben von Marschner an, mochte er auch szenisch nichts dem Zufall überlassen. Genaue Angaben zum Bühnenbild, zu Auftritten und Positionen sollten die Geschichte von der Königin der Erdgeister und ihrem Sohn Hans Heilung zu einem großen Bühnenwerk machen. Dies Geschichten waren damals beliebt und aktuell. Die Aufführungstradition der Opernbühnen machten später aber einen Bogen um die Werke von Heinrich Marschner. Sei es wegen der Handlung, sei es wegen der Mischung zwischen Spieloper und Dramatik.

Umso mehr ist die Essener Oper zu loben, dieses Werk dem Publikum wieder zu präsentieren. Szenisch konnte die Inszenierung von Andreas Baesler nicht überzeugen. Die inhaltliche Übertragung der Geschichte von einer Geisterwelt und dem Konflikt mit der Menschheit in die nahe Vergangenheit des Kohlebergbaus, in die größte Bergbaustadt des Ruhrgebiets Essen, funktionierte nicht schlüssig in der Deutung des Regisseur. Zu viel wurde da von Text und Musik der Vorlage auf die neue Intention geopfert.

Aber musikalisch ist die Essener Aufführung ein Hochgenuß. Unter der musikalischen Leitung von Frank Beermann lassen die Essener Philharmoniker die Partitur von Marschner aufblühen. Der Zuhörer hatte nie das Gefühl, Zitate der oben genannten Komponisten vorgeführt zu bekommen. Musikalisch gelingt ein großer spannender Bogen, der sowohl die mystische Geister-Sphäre als auch das volkstümliche Leben und Treiben der Menschen mit schönstem Klang illustriert Nein - so filigran und doch dramatisch kommt die Musik mit eingängigen Melodien daher, daß es gar nicht des Bergsteigerliedes 'Glück auf' als Einlage bedurft hätte, welches im letzten Bild erschallte statt Marschners Vorlage; aber wenn lokaler Patriotismus, dann schon richtig oder auch nicht. Aber auch hier hat der Aalto-Opernchor sich bestens bewährt, ist doch 'Hans Heiling' eine Chor-Oper.

Frank Beermann motivierte alle Sänger zu kultiviertem Gesang. Allen voran war Heiko Trinsinger als Hans Heiling mit seinem kräftigen, doch kantablen Bariton die herausragende Figur. Ihm zur Seite stand als Mutter der Erdgeister Rebecca Teem. Da müßten sich inzwischen die Essener freuen, eine solch herausragende Sängerin im Ensemble zu haben, die diese dramatische Figur mit schönstem Sopran erfüllen kann, ohne dramatische Kraft einsetzen zu müssen, die bei Wagner gefordert wird.

Aber da gibt es noch Heilings zukünftige Braut Anna, die Jessica Muirhead mit schönem lyrischen Sopran und Reserven in den dramatischen Phasen erklingen läßt. Ihr zur Seite kann sich Jeffrey Dowd als Gegenspieler zu Heiling mit der Figur des Konrad behaupten.

Bettina Ranch ist Annas Mutter Gertrud; ihr Mezzo-Sopran kommt mit der Spiel-Alt-Partie bestens zurecht, auch darf sie Ruhrgebiet-Platt reden. Karel Martin Ludvik darf bis zu seiner Arie als Schmied Spiellaune versprühen, bis sein heller Bariton in der Arie des Spiel-Basses Stephan glänzt.

Im Bühnenbild von Harald B.Thor wird jeglicher romantischer Naturalismus einer Geisterwelt vermieden. Das Vorspiel scheint in einer prunkvollen Villa auf dem Essener Hügel zu spielen. Holzgetäfelte Wände, großer Schreibtisch auf rotem Teppich. Mutter und Sohn sind elegant gekleidet (Kostüme Gabriele Heiman). Die Erdgeister sind Bergleute auf einem schrägen Kohlestreben im Hintergrund. Heiling erledigt seine Büroarbeit mit seinen Mitarbeitern, die ebenfalls in Schlips und Kragen ihre Arbeit in der Villa Heiling verrichten.
Sein Haus auf der Oberwelt ist eine edle, kühl gehaltene Villa mit Vorhängen, bequemen Sitzmöbeln und einer großen Schallplattensammlung samt Braun-Stereoanlage. Hier sind natürlich Anna und besonders Mutter Gertrud beeindruckt. Daß Heiling seinen Kontakt zur Geisterwelt per Telefon abbricht, ist da schon etwas banal.

Aber da gibt es noch die wundervolle Ouvertüre. Da wird ein alter schwarz-weiß Film, über die Entstehung der Kohle, über den Kohleabbau an der Ruhr gezeigt. Auch die Arbeiterkampf gegen geplanten Stellenabbau kommt und gibt für den Regisseur die Vorlage für seine Interpretation des Werkes. Die Texte von Philipp Eduard Devrient (der übrigens in der Uraufführung den Heiling sang) wurden für die Dialoge vom Essener Regisseur mit Ruhrgebiets-Dialekt bearbeitet. Nicklas der Schneider darf perfektes Platt plaudern. Bei einigen, auch internationalen Sängern klang diese Landessprache nicht so perfekt; da war man froh, die Dialoge zu verstehen.
In der Gasthofszene, hier ein große Kneipe der 50er Jahre, ertönt über ein Radio die Berichterstattung vom Kampf der Bergleute gegen das Zechensterben, von dem wir ja schon im Film gesehen haben. Der Dialog der Zuhörer nimmt das Thema auf, ohne das in der Vorlage vermutete Wissen um die mythische Erdgeisterwelt zu reflektieren.

Annas Begegnung mit den Geistern und Heilings Mutter geschieht auf der Essener Bühne im Grugapark; drei Parkbänke mit einem Papierkorb und einem Schriftzug des Restaurants Blumenhof reichen zur Bebilderung dieser Szene. Ein hochfahrendes Podest mit der Königin mit leichten Licht- und vielen Nebeleffekten mußte für die Geisterwelt herhalten. Auf der großen Aalto-Bühne verfehlte das aber nicht seine Wirkung, unterstützt von der tollen Marschner-Musik des Essener Orchesters.

Die Schlußszene spielt vor der Villa aus dem Essener Süden; eine breite Treppe bildete den Hintergrund mit Blick auf eine Zeche, auf der später die Königin der Erdgeister in ihrem eleganten roten Kostüm erscheint, um ihren Sohn zu vergeben. Hans Heiling, ihr Sohn und der eines Irdischen hat den Kampf um sein Erdendasein mit Anna verloren. Aber er will nicht zurück zur Mutter sonders sprengt alles in die Luft. Ein Film auf die Bühnenfläche dokumentiert dies. Das gute Ende von Marschner-Devrient, Hochzeit mit Konrad und Anna, wird diesem Bild entgegengesetzt. Einige Zuschauer sind leicht verwirrt, fehlt doch für dieses katastrophale Ende eine logische Entwicklung.

Die Personenführung der Sänger-Darsteller verlies sich meistens auch nur auf statuarische Zuordnung; es mangelte an deren intensivem Zusammenspiel und der Entwicklung von Szenen und Figuren durch die Regie; da stand man schon viel rum. Einige Zuschauer honorierten dies beim Schlußbeifall.

Große lautstarke Zustimmung gab es zu Recht für Sänger und Orchester.


TURANDOT

18.2.2018 | Nach elf Jahren kommt die Inszenierung von Tilman Knabe auch 'in die Jahre'. Das Konzept, daß Kalaf als Revoluzzer Turandot zu ihrerm Elend im Finale als funktionierende Mutter mit Kleinkind vorführt, ergibt für die Bühne optischen Inhalt. Die Massen bewegen sich uninspiriert, oft platt wie von Studenten des ersten Semesters geführt. Warum das Volk erst gegen dann für den Revoluzzer ist und sich von ihm einnehmen läßt, wird nicht logisch erklärt. Optischer Glanz aus China fehlt auf der kargen Bühne, die das Innere eines Betonbunkers zeigt. Die toten Prinzen bieten etwas für das Auge; Fahnen schwenkende Kinder ergänzen die farblichen Aspekte. Gott sie Dank nur halbherzig, vollführen Chor und Solisten die von der Regie verlangten kopulierenden Aktionen.

Musikalisch ist die Wiederaufnahme mit exzellenten Sängern auf hohem Niveau. Allen voran die international erfahrene Rebecca Teem als chinesische Prinzessin Turandot und Elbenita Kajtazi als Liu; beide sind neuerdings fest dem Hause in Essen verbunden.
Selten habe ich eine Turandot gehört, die neben der strahlenden Kraft in der Höhe auch eine fundamentale Mittellage einsetzen kann; diese Partie klingt bei Rebecca Teem großartig. Dazu wird diese Figur von ihr differenziert durch Stimme und Spiel gestaltet.
Elbenita Kajtazi glänzt wieder mit ihrem wundervollen Sopran in Stimme und Spiel. Mit ihr erlebt man eine lyrische Puccini-Sängerin, die sich für andere Partien, z.B. die Mimi, mehr als empfiehlt. Besonders bei ihr jubelt das Publikum.

Michael Wade Lee lies sich wegen einer Indisposition in der Pause entschuldigen. Die berühmte Arie danach erklang von ihm aber mit Schmelz und Kraft.

In der Wiederaufnahme fallen die drei Minister besonders angenehm auf. Sebastian Noack a.G., der sich auch als Liedsänger profiliert hat, ist Ping und glänzt mit seinem lyrischen Bariton. Die Tenöre Dmitry Ivanchey und Carlos Cardoso werden im Essener Haus zu Recht in vielen großen lyrischen Partien eingesetzt. Da hörte man keine verbrauchten Stimmen oder die eines Buffo, so daß auch die Ministerszenen durch die beiden mit dem Kollegen aus Berlin ein musikalischer Höhepunkt wurden.
Wo hat man das noch, daß der Heldentenor des Hauses Altoum singt. Jeffrey Dowd hat dieses Jahr wieder mit dem Tristan brilliert und wird noch Siegmund gestalten, wie die Jahre zuvor auch.

Das Publikum bedankte sich mit starkem Applaus, der auch dem Chor galt, nachdem dieser den Weg auf die Bühne fand, hatte er doch vom Zuschauer-Parkett das Alfano-Chor-Finale (ungekürzt) gesungen. Bei einer so tollen Besetzung kann das Aalto-Theater Essen auch weiterhin diese Inszenierung dem Publikum anbieten, egal was da so passiert.


SCHWANENSEE

1-18 | Da hat der Ballett-Direktor und Choreograph Ben Van Cauwenbergh voll in die Geldschatulle seines eigenen Ballett-Etats gegriffen, um Tschaikowskis Meisterwerk opulent in Szene zu setzen.
Die Ausstattungsabteilung des Hauses setzte die Entwürfe von Dorin Gal bestens um; Licht und Videos taten ein übriges, damit man immer das Geschehen auf der Bühne mit Interesse verfolgen wollte. Der Gästeetat wurde strapaziert, um 18 Schwäne im zweiten Akt auftreten zu lassen. Der zahlreich große choreographische Mitarbeiterstab realisierte die Petipa-|Iwanow-Vorlage mit dem Essener Ensemble bis zur letzten Sekunde; gab es doch wichtige Besetzungen erst nach ausgiebigen Überlegungen.

So gut wie alle Solisten des Hauses wurden zumindest im dritten Akt eingesetzt. Obwohl im Spielplan nicht gerade mit klassischem Ballett gefordert, mußte das Aalto-Ballett-Ensemble Leistung zeigen. Das Publikum wurde nicht enttäuscht.

Vor allem gilt es, Mika Yoneyama als Odette/Odile und Liam Blair als Siegfried zu loben, die im Mittelpunkt der Handlung stehen. Beide konnten so technisch und optisch wunderbar ihr tänzerisches Können unter Beweis stellten.

Die 18 Schwäne waren präzise und boten so den Höhepunkt im zweiten und vierten Akt. Spitzentanz, Sprünge mit Kraft und Eleganz waren bei allen Solisten und der Gruppe kein Problem.

Je länger die Aufführung dauerte, umso effektiver wurde die Choreographie, auch Dank der Ausstattung. Die Wechsel der Bilder wurden mit Video-Phantasien überbrückt.
Besonders eindrucksvoll war der Wechsel zum letzten Bild, als die Videoaufnahmen der Schwäne von dem realen Tanz auf der Bühne fortgesetzt wurden.

Die Technik des Hauses durfte das 'Happy End' der Geschichte perfekt in Szene setzen. Das 'Wasser' überschwemmt mittels großer blauer Stoffplanen die Bühne und Siegfried versinkt. Rotbart verliert seinen Zaubermantel und somit seine Kraft. Während Odette ihren Siegfried rettet, schweben die anderen Schwäne dank des letzten Hubpodiums in den Himmel.

Die Essener Philharmoniker unter der Leitung von Johannes Witt begleiteten das Essener-Ballett präzise mit wunderbarem Klangrausch. Ein musikalischer Höhepunkt war das Violin-Solo von Florian Geldsetzer.

Das Publikum zeigte sich zu Recht begeistert.


DIE FLEDERMAUS

6.1.2018 | Anno 2011 gab es im Essener Opernhaus die Premiere der "Fledermaus" in der Inszenierung von Gil Mehmert und unter der musikalischen Leitung von Stefan Soltesz. Die Dialogbearbeitung des Regisseurs und die Verlegung der Pause in den 2.Akt machte die Strauss-Operette zu einer kurzweiligen Aufführung, wie es sich für mich in der Repertoire-Aufführung am 8.3.13 zeigte. Davon war jetzt nicht mehr viel übrig geblieben.

Bei den sauber aufspielenden Essener Philharmonikern fehlte unter der musikalischen Leitung von Johannes Witt oft der die Szene unterstützende leichte Schwung. Doch auch auf der Bühne fehlte die Leichtigkeit, sei es durch einige Umbesetzungen der Solisten oder durch die schleppende szenische Wiederaufnahme. Da hat oft der Anschluß der einzelnen Szenen die Handlung 'gebremst', sei es, daß der nächste Auftritt nicht schnell genug war oder daß man auf einen technischen Wechsel gewartet hat, der länger dauerte als gewünscht. Das sind alles eindeutig Mängel bei einer Wiederaufnahme.

Gesungen wurde, wie man es in Essen eigentlich erwarten kann, gut bis sehr gut. Vor allem die Übernahme der Adele von Elbenita Kajtazi gab der Aufführung musikalischen und szenischen Glanz. Bei Jessica Muirhead als Rosalinde war die Musik in guten Händen, bzw. in perfekter Kehle. Leider hätte die Kostümabteilung die vorgeschriebene Vorlage von Dagmor Morell mehr auf die optischen Reize der Sängerin anpassen können.
Fritz Steinbacher als Dr.Bild war ein mehr als ebenbürtiger Partner von Gabriel Eisenstein - in Stimme und Spiel. Als Advokat des Privatiers gestaltete er die Szene im 1.Akt mit großem, schön und textverständlichen Tenor und lies sich vom Kollegen Eisenstein alias Rainer Maria Röhr und dessen kräftigem Charaktertenor nicht irritieren, der früher in dieser Inszenierung den Rechtsanwalt spielte.
Man freute sich, Fritz Steinbacher in der für ihn kurzen Szene im 3.Akt noch mal erleben zu können.

Karin Strobos als Prinz Orlowsky sang wunderbar, doch fehlte ihr die optische Präsenz, die dieser Figur im 2.Akt zusteht.
Karl Martin Ludvik war Frank, der mit Gesang und Text dem Gefängnisdirektor Würde und spielerische Eleganz gab; auch seine Pointen hat er mit dem wunderbaren Thorsten Krohn als Frosch gut gesetzt; die Froschszene war nicht zu lang und weiterhin ein Höhepunkt der Aufführung.

Martijn Cornet als Dr.Falke setzte auf seine kräftige Stimme; seine Dialoge waren aber mit seiner optischen Präsenz gut gestaltet. Der Heldentenor vom Haus war jetzt der Tenorliebhaber vom Stück. Jeffrey Dowd konnte als Alfred seine vorherigen Glanzpartien, wie den Lohengrin, erklingen lassen, was seiner großen Tenorstimme besser gelang, als die musikalische Beweglichkeit der vorgegebenen Rolle.

Dem Publikum gefiel es und sparte nicht mit Beifall für alle. Die Leitung des Theaters sollte sich aber doch überlegen, wie sie die nächsten Wiederaufnahmen vorbereitet.


DER TROUBADOUR - Il trovatore

2.12.2017 | Verdis Operngeschichte um den Troubadour wird nicht immer so gradlinig wie jetzt auf Essens Opernbühne erzählt. Dazu noch ein gutes Opernensemble mit einer packende Orchestermusik, die Giacomo Sagripanti als musikalischer Leiter den Essener Philharmonikern entlocken konnte. Das sind alles beste Voraussetzung für einen großen Opernabend.

Das Regie-Duo Patrice Caurier und Moshe Leiser bot im aktuell wirkenden Bühnenbild von Christian Fenouillat eine Erzählung um Bruder-Mord, Krieg, Feuertod, Rache und Liebe in einer klaren packenden Inszenierung.

Es geht um ein Kleinkind das vertauscht und verbrannt wurde - in schwieriger politischer Situation. Daß die Zeiten für manche nicht viel besser geworden sind, sieht man gleich zu Beginn, wenn flüchtende Leute, vielleicht Zigeuner, das Bild beherrschen. Es ist ein Einheitsraum mit Betonwänden, dessen Decken-Pfeiler nach einem weiteren Krieg den Raum verwüsten. Stühle, Sofa und ein Bett reichen, um mit schnellen Umbauten die Spannung zu halten. Die Kostüme von Agostino Cavalca zeigen das Militär in Tarnlook; einzig die Gesellschaft um Graf Luna, er in schönem blauen Anzug, ist neutral chic gekleidet. Vertriebene um Kämpfer Manrico bewegen sich in Straßenkleidung.

Daß die Geschichte sich so entwickelt liegt an Lunas neurotisch geprägter Liebe zu Leonora. Es darf nicht sein, daß ein Mann mit seiner gesellschaftlichen Position nicht die begehrte Frau bekommt und diese einen hergelaufenen Straßensänger bevorzugt. Manricos Mutter Azucena wiederum lebt mit dem Trauma des Feuertodes ihrer Mutter und des Babys. Da die politischen Lager immer noch in Fehde sind, macht das die Handlung um die Liebe zwischen Leonora und Manrico und dessen Mutterliebe nicht einfacher. Rache steht an.

Die Inszenierung versteht es, diese Geschichte nicht verwirrend, sondern mit einem klaren Blick auf die Personen, die alle nicht glücklich werden, zu lenken. Da trifft es sich gut, daß die Sänger sich bestens in Szene setzen können. Allen voran Nikoloz Lagvilava als Luna mit kräftigem Bariton, der auch diese italienische Partie zum glühen bringt; und für dessen Bühnen-Bruder Manrico alias Gaston Rivero ist auch die gefürchtete Stretta kein Problem. Baurzhan Anderzhanov verleiht mit seinem schönen großen Bass der Rolle des Ferrando Aufmerksamkeit; er schafft aus einer nicht so großen Rolle durch Stimme und Spiel eine starke Persönlichkeit.
Aurelia Florian ist Leonora; sie hat als Grundlage eine schöne Mittellage, die auch in der Höhe glänzen kann, mit kleinen Ausnahmen. Carmen Topciu führt mit ihrem leicht geführten Mezzo-Sopran die Azucena zu großen Höhen, ohne dabei mit Kraft aufzutrumpfen. Dritte im Bunde eines starken weiblichen Ensembles ist Liliana de Sousa als Ines, die ihren großen immer schön klingenden Mezzosopran für diese doch kleinen Rolle mehr als wirkungsvoll einsetzen kann.

Eine Aufführung steht und fällt mit einem Chor, den Jens Bingert bestens einstudiert hat. Dazu kommt, daß die Regie die Situation mit Soldaten und Zigeunern immer genau musikalisch sinnvoll führt.

Das alles macht die Neuinszenierung im Essener Opernhaus zu einem herausragenden Ereignis. Einigen Premierenbesuchern gefiel nicht alles. Aber gerade durch den jetzigen Blick auf die historische Geschichte von Gutiérrez/Cammarano macht diese Aufführung auch für das junge und jung gebliebene Publikum interessant.


RIGOLETTO

19.11.2017 | Die Wiederaufnahme in dieser Spielzeit hat sich musikalisch sehr gesteigert. Unter der genauen und glutvollen musikalischen Leitung von Matteo Beltrami spielten die Essener Philharmoniker sicher auf. Auch der Chor des Aalto-Theaters Essen unter der Leitung von Patrick Jaskolka gliederte sich in das feurige musikalische Konzept bestens ein; es wurde von ihm immer schön gesungen und nicht wie in der Nähe - forciert dargeboten.

Eindeutig hochwertig war die Titelpartie mit Nikoloz Lagvilava auf der Bühne präsent. Mit großer Stimme, glanzvollen Höhen war er musikalisch und szenisch Garant für eine großartige Rollendarstellung.
Carlos Cardoso gestaltete mit leichter sicherer Höhe und Kraft seinen Herzog bis zum bitteren Ende von Rigolettos Tochter. Auch optisch bot er mit Olesya Golovneva ein junges schlankes Paar. Ihre Gilda gestaltete sie mir sicherem Sopran, der neben der notwendigern Leichtigkeit auch Kraft besaß, immer schön und gefühlvoll klang.
Tijl Faveyts gab einen gefährlichen Sparafucile. Toll, wie er als schwarzer Doppelgänger zu Rigoletto die Szene betrat und dessen zweites Ich verkörperte. Musikalisch verkörperte er diese Figur mit brennender Höhe und klarer böser Tiefe.
In den weiteren Rolllen fiel vor allem Bettina Ranch als Maddalena mit kräftigem Mezzo und Baurzhan Anderzhanov als volltönender Monterone mit rundem Bass auf.

Im Bühnenbild von Volker Thiele entwickelte Regisseur Frank Hilbrich einen schnellen Wechsel der Spielorte; nur der Wechsel zum Schlußbild brauchte etwas Zeit. Auf schwarzen Lackflächen fielen die roten Vorhänge für die Schlußphase ins Auge; wie ein Theaterspektakel schaute sich der Chor als sitzender Zuschauer das 'bad end' an. Die Personenführung war genau und führt durch die Handlung. Schon schlimm, wie der Herzog Gilda einfach nach Gebrauch rauswirft. Alle bisher missbrauchten Frauen klagen ihn und die Männergesellschaft an. Die Herren versprühen mit Clowns-Masken einen dekadenten Charme.

Die zu Kostüm und Bühnenbild eingesetzten Luftballons sieht man dann doch etwas zu oft; eindrucksvoll ist, wie zum ersten Finale eine Ballon-Puppe klagend aus Gilda's Bett aufsteigt. Aber auch Ballons und Lackflächen schmälerten auf Dauer den optischen Glanz dieser Aufführung, deren Handlung spannend bis zum bitteren Ende mit wunderbarem Gesang und Orchesterbegleitung abläuft.

Das Publikum bedankte sich mit kräftigem Beifall im gut besuchten Essener Opernhaus. Die, die bisher diese Produktion nicht besuchen konnten, sollten auf eine weitere Wiederaufnahme hoffen.


HÄNSEL UND GRETEL

11 | 2017 | Pünktlich vor Weihnachten wurde im Essener Aalto-Theater eine Neuproduktion des Opern-Klassikers vorgestellt. Musikalisch kamen die Besucher voll auf 'ihre Kosten', gab es auf der Bühne teilweise eine hervorragende Besetzung zu hören. Die Essener Philharmoniker spielten unter Friedrich Haider einen wunderbaren Humperdinck. Nicht dick aufgetragen sondern, schlank klangvoll. Die Hörner boten bereits im Vorspiel sauberstes Spiel.
Die Eltern waren mit Rebecca Teem und Heiko Trinsinger so optimal besetzt, daß man sich schon jetzt auf deren Wagner-Interpretationen im nächsten Jahr freut; Humperdinck hat schließlich für große Stimmen diese Partien geschrieben. Heiko Trinsinger singt diesmal ohne große Kraftanstrengung und Rebecca Teem gestaltet eindrucksvoll die Mutter mit großer Stimme.

Die Titelfiguren sind ebenso optimal zu hören. Karin Strobos bietet einen schlanken Hänsel und ihre Bühnenschwester Elbenita Kajtazi ist eine Gretel mit hellem, klaren Sopran, der wunderschön zu berühren weiß.
Christina Clark als Sand- und Taumännchen kann ebenso ihren klaren Sopran sicher einsetzen. Albrecht Kludszuweit als Knusperhexe begann mit schön klingendem schlanken Tenor, während ihm später in der Charakterzeichnung Schärfe fehlte.

Die Inszenierung stammt von Marie-Helen Joel. In anderen Produktionen kümmert sie sich neben kleinen Rollen auf der Bühne um Stückeinführungen für Groß und Klein und gestaltet szenische Beiträge für den Zuschauernachwuchs. Das scheint sie für die szenische Verantwortung einer großen Oper zu prädestinieren.

Hänsel und Gretel von Engelbert Humperdinck ist nun mal keine Kinderoper, selbst wenn Kinder die Hauptrollen spielen. Die Musik ist groß romantisch komponiert und die Handlung ist voller sozialkritischer Hinweise, die die Kinder von zu Hause wegbringen, während die Eltern für den Lebensunterhalt aufkommen müssen. Das wird deutlich durch Handlung und Text.
Da zeigen sich die Besucher in vielen Aufführungen immer überrascht, daß für die Kleinen gar nicht so viel dabei ist und diese unruhig auf den Sitzkissen herumrutschen. Gerade die Diskussion bei den Vorbereitungen um die aktuelle Produktion in Stuttgart kann das deutlich machen.

Die Essener Inszenierung tut alles, um das Manko der Kinderferne zu beseitigen. Bereits in der Ouvertüre sieht man ein modernes Kinderzimmer. Aus einem großen Märchenbuch kommend wird von der Figur Sand- und Taumännchen ein kleines Märchenbuch auf ein Regal gestellt. Die gar nicht so armen Eltern bringen die Kinder ins Bett; der Vater liest nun aus diesem Buch die Geschichte von Hänsel und Gretel vor, wie sie eben im bekannten Märchenbuch steht. Und im Schlaf träumen die beiden Kinder dieses Märchen weiter und verändern es mit ihrer kindlichen -sorry der Phantasie der Regisseurin- weiter.

Alle Figuren des Traumes kommen und gehen durch das große Märchenbuch. Es wird eine eigenwillige Interpretation des Märchens gezeigt, in der das Zielpublikum der kleinen Theaterbesucher immer was zu sehen bekommt, egal, was gerade gesungen wird. Armut, Hunger und Elend spielen da keine Rolle. Das Hexenhaus wird aus großen Kekstafeln gebaut, die Hexe selbst wirkt nicht so hexenhaft. Ulrich Lott hat teilweise schöne Kostüme geschaffen. Nur bei den Engeln müssen ihm Flügel gefehlt haben, was zu seltsamen Regielösungen führte.
Dem Bühnenbild fehlt viel an optischer Präsenz. Die größtmögliche Portalbreite bietet nur Raum für großflächige Tristesse; einige Weihnachtsbäume, Sterne und Möbelstücke finden dort Platz. Die Unterbühne hatte Platz für einen großen Hexen-Herd wo auch die Kinderchen des Chores mit ihren Backfiguren hantieren durften.
Je länger die Aufführung dauerte, um so mehr unausgereifte Aktionen liefen vor dem Zuschauerauge ab.

Nicht desto trotz, allein wegen der tollen Sänger, der tollen Orchestermusik und auch wegen der kindgerechten Umsetzung sparte das Publikum nicht mit Beifall, was wohl im Sinne aller ist.


DIE VERKAUFTE BRAUT

14.10.17 | Ein tschechisches Leitungsteam war für die Neuproduktion im Essener Aalto-Theater verantwortlich. Martin Kukucka und Lukas Trpisovsky zeichnen sich als SKUTR für die Regie verantwortlich. Das Bühnenbild entwarf Martin Chocholousek und die wunderbar phantastischen Kostüme entwarf Simona Rybáková. Die Ausstattungstechnik des Hauses baute einen wunderbar bespielbaren Bühnenraum; die hauseigene Maske und Schneiderei sorgte mit tollen Kostüme für die Optik der Protagonisten. Die Essener Philharmoniker spielten präzise und mit Elan unter der Leitung von Tomás Netopil.

Für die Besucher wäre es ein Fehler gewesen, der exzellent aufgespielten Ouvertüre mit geschlossenen Augen zu folgen. Es ist wirklich ein Hörgenuß, diesen schnellen Tempi zu lauschen. Aber bereits in der Ouvertüre wurde der szenischen Grundstein für die Geschichte um die verkaufte Braut gelegt.

Alles spielt in einer Turnhalle, in der das gesellschaftliche Leben des Landes oft gespielt hat. Die Mitglieder der Komödiantentruppe entwickeln die Geschichte um Marie. Aus einem Wald wird der Traummann Hans herbeigezaubert. Beide sind auch optisch ein gepflegtes Paar, das zusammen gehört.

Alle anderen Mitglieder der Gesellschaft sind Dank wunderschön typisierender Masken und Kostüme eine Augenweide und bieten den Solisten und den Mitgliedern des Chores jedwede Gelegenheit zu skurrilen Bewegungen; hier zeigt sich die ausgezeichnete Personenführung, z.B. beim Chor.

Die Inszenierung entwirft mit den Bildern kein klassisch folkloristisches Geschehen, sondern zeigt eher eine in der Jetztzeit angesiedelte Handlung. Die Turnhalle bietet durch kleine Veränderungen immer wieder neue überraschende Lichtpunkte, die das Geschehen auch optisch erweitern.

Gerade die Aktionen des Chores sind nicht nur realistisches Verhalten; aber auch die Solisten erarbeiten über schöne, oft aufgesetzte Gesten, eine optisch wirksame Typisierung. Da werden die beschaulichen folkloristischen Momente nicht mehr vermißt. So hat es mir auch nicht gefehlt, daß die 'Tanzeinlagen' durch gut erdachte Situationen und dem daraus ergebenen Spiel ersetzt wurden. Die Personenführung der Regie ist präzise und immer nah an der Handlung, die von allen Mitwirkenden mit viel Freude umgesetzt wird.

Zu dem phantastischen klaren, leichten Orchesterspiel gesellte sich ein Sänger-Ensemble, das nahezu keine Wünsche übrig lies. Jessica Muirhead ist eine Marie mit leuchtendem leichten Sopran, der auch in den dramatischen Momenten aufblüht. Ihr Tenorpartner Richard Samek ist ein junger smarter Liebhaber, dessen leichte Stimme auch in heldischen Höhen glänzt. Tijl Faveyts glänzt als Kezal vor allem mit seiner wunderschönen Höhe; eine satte Tiefe fehlt ihm leider.

Die Überraschung für mich ist Dmitry Ivanchey als Wenzel. In Essen hat er schon große Tenorpartien gesungen; jetzt adelt er mit seinem leichten, lyrischen Tenor die Rolle des unglücklichen Bewerbers; dazu sein sympathisches Spiel, das Michas 2.Sohn in den Vordergrund katapultiert.

Aber auch einige Eltern können sich durchaus hören lassen. Bettina Ranch und Peter Paul sind Maries Eltern. Karel Martin Ludvik nutzt wenige Passagen der Partie, um seine große Stimme mit Wohlklang zu füllen.

Nicht zu vergessen die Komödianten, die mit Christina Clark, Rainer Maria Röhr und Norbert Kumpf von Beginn an präsent sind, um das Geschehen voranzutreiben. Gerade hier fällt die deutliche deutsche Aussprache angenehm auf. In Essen wird ja diese "tschechische Nationaloper" in deutscher Sprache gegeben, wg. der deutschen Tradition. Die anderen Kollegen hatten, der eine mehr, die andere weniger, schon artikulatorische Einschränkungen zu bieten.

Schade, daß das Publikum, in den Zwischenszenen und beim Schlußapplaus, sich zurückhaltend zeigte. Gerade die schön erarbeiteten Szenen, dazu der musikalische Genuß, hätten mehr euphorische Reaktionen verdient. Unverständlich für mich, daß das szenische Leitungsteam für seine Leistung nicht mit stärkerem Applaus honoriert wurde. Denn ich könnte mir durchaus eine weitere Arbeit der Tschechen im Aalto-Theater vorstellen.

Einen starken Zuschauerzuspruch ist dieser Smetana-Produktion in Essen auf jeden Fall zu wünschen.


DER LIEBESTRANK - L'elisir d'amore

12.5.2017|Donizettis Oper behauptet sich seit sechs Jahren auf dem Essener Spielplan. Zu Recht, wenn man an die Möglichkeiten denkt, den hauseigenen Sängern eine Plattform zur musikalischen Profilierung zu bieten. An der unglücklichen Inszenierung von Andreas Baesler kann es daher nicht liegen, selbst wenn sich Spielleiterin Marijke Malitius bemühte, auf der optisch angenehme Bühne von Harald Thor ein lustiges Geschehen zu organisieren.
Musikalisch kann sich die Aufführung auf jeden Fall hören lassen. Francesco Lanzillotta leitete die Essener Philharmoniker leicht, locker und durchsichtig in der Partitur; nur manchmal mußte der Zuhörer die allesamt schönen Stimmen suchen, die das Orchester zu übertönen suchte.
Der hauseigene Dulcamara war erkrankt und er wurde vom Essener Premieren-Kollegen aus dem Jahre 2011 durchaus würdig ersetzt. Es war ein großes Vergnügen Roman Astakhov, wieder auf der Bühne präzis und mit starker Spiellust zu erleben. Dazu sein in jeder Lage durchsetzungsfähiger Bass, der in der Höhe besonders glänzte, der mit der satten Tiefe ebenfalls in den Parlando-Passagen die Donizetti-Partitur ausfüllen konnte.
Die weiteren Hauptpartien wurden von neuen Mitgliedern des Essener Ensembles gestaltet und da konnte sich das Aalto-Publikum über die neuen Stimmen freuen.
Elbenita Kajtazi, die ich in Berlin als Waldvogel erleben konnte. ist die neue Adina mit immer sicheren, leicht geführten Sopran, der auch in der Höhe glänzen konnte. In dem Kostüm von Gabriele Heimann war die junge Sängerin dazu noch eine Augenweide.
Ihr zur Seite eine weitere mehr als angenehme Überraschung. Der junge Dimitry Ivanchey lies seinen in allen Lagen sicher klingenden, immer schönen Tenor erklingen. Dazu seine auffallende Spielfreude, die in dieser braven Inszenierung angenehm zur Kenntnis genommen. Zusammen mit dem Kollegen Asthakhov waren beide nicht nur im Spiel eine weitere Augenweide.
Ein neuer Belcore komplettierte die neue Hausbesetzung. Ivan Thirion hatte mit seiner leichten Stimme vor allem in der Höhe mit seiner charmanten Art keine Sorgen, die Partie des Sergeanten mustergültig auszufüllen.
Christina Clark als Giannetta war Garant für strahlenden Soprantöne in den Ensembles; ihr Spieltalent, das sie in den Produktionen für Kinder des Hauses unter Beweis stellen darf, war auch für diese nicht großen Partie erfreulich.

Mit dieser aktuellen Besetzung bietet das Essener Musiktheater eine mustergültige musikalische Umsetzung.
Mit einer unbefriedigenden Szene muß sich nicht nur das Essener Haus zufrieden geben. Das passiert auch an Häusern der allerersten Liga, wenn mal wieder die Wiederaufnahme eines beliebten Werkes realisiert werden darf.
Die wenigen Zuschauer honorierten auch durch Szenenbeifall die Leistung aller und sie sind sicher gespannt auf weitere Rolleninterpretationen der neuen Sänger auf der Aalto-Bühne. Ein weitere Anreiz dazu, Roman Astakhov auf einer anderen oder der Essener Bühne zu erleben.


LOHENGRIN

4.12.2016 | Solch einen einhelligen Jubel hat das Aalto-Theater in Essen seit langem nicht erlebt - und das zu recht!!! Wagners Geschichte vom Gralsritter mit dem Schwan wurde in einer Neuinszenierung erstmals in der Ära Mulders aufgeführt. In einer Besetzung, die kaum woanders besser geboten wird und in einer Inszenierung, die mehr als eine interessante Sicht zu bieten hat, Fragen stellt und die immer -manchmal beim Chor zu viel- etwas für das Auge bietet und nie langweilig wird. Was will man da noch mehr.
Tatjana Gürbaca ist für diese genau erarbeitete Inszenierung verantwortlich. Marc Weeger schuf ein praktikables und in der optischen Wirkung eindrucksvolles Bühnenbild, bei dem er sich von Leopold Jeßners Ideen oder von denen der aktuellen Regisseurin inspirieren ließ. Eine weiße Treppe, eingerahmt von zwei hohen weißen Wänden bildet einen nach hinten immer mehr einengenden Rahmen. Die Stufen sind viel zu hoch, als daß man diese einfach begehen kann.
Silke Willrett entwarf die Kostüme. Hier auf dieser neutral gehaltene Szene leben eingeengt die Brabanter, schick angezogen mit Hemd, Bluse, gepflegter Stoffhose oder Rock, aber ohne Jacke. König Heinrich erscheint im teuren Anzug mit Pelzschärpe, seine Soldaten im eleganten grauen Militäranzug; sein smarter Heerrufer unterscheidet sich von den Mannen nur durch sein rotes Barett. Ortrud und Telramund betonen durch ihre Kleidung schon ihre herausragende Position im Lande, sie im blauen Merkel-Blazer und schwarzer Hose, er im dunklen Blazeranzug; Orden zieren als Auszeichnung für das bisherige erfolgreiche Wirken Telramunds Revers. Bei der Begrüßung des Königs zeigt Ortrud gleich, wer hier das Sagen hat - nämlich sie.
Lohengrins Erscheinungsbild wirkt nicht so elegant. In Hut und Mantel in braun gehalten hat er sich von außen kommend auf einmal unter die Leute gemischt; er sieht anders aus als die anderen, aber er ist keine strahlende Erscheinung, wirkt eher drittklassig. Elsa wird zu Beginn gleich als Hexe gekennzeichnet und zum Scheiterhaufen gezerrt. Erst als der König ihr das Hexenkleid entfernen läßt, sieht man Elsas reines weißes Kleid.
Treppen und Wände des Bühnenraums sind weiß, weißer geht's nicht. Die nächtliche Stimmung des beginnenden zweiten Aktes wird nur durch erleuchtete Fenster der Häuser erläutert; es ist also schön hell und man sieht, was zwischen den Handelnden passiert. Kleine 'Spielzeughäuser' und eine Kirche sind zu Beginn zu sehen, ehe Soldaten zum Einzug ins Münster die kleinen Häuser zu Stufen umfunktionieren, damit man überhaupt die hohen Stufen hoch kommt. Die Gesellschaft in Brabant lebt so klaustrophobisch eingeengt in schönem Weiß.
Als Volk wirkt manipulierbar - von welcher Seite her auch immer. Erst als Telramund verbannt wird, sehen alle, daß es auch eine Welt außerhalb der ihnen bekannten in Weiß gibt, aus der übrigens auch Lohengrin gekommen ist. Telramund, inzwischen auch in einer schlichten Kleidung, verschiebt bei seiner Anklage während der Hochzeit die das weiß einengenden schwarzen Portalwände. Auf einmal wird die Konstruktion der weißen Wände sichtbar; darum sieht man einen Raum, in dem sich dieses Weiß befindet und das gar nicht so standfest wirkt. Voller Staunen betrachtet die Gesellschaft diese neue Welt.
Im Vorspiel zum dritten Akt sieht man das architektonisch wunderbare Gebilde des weißen Jeßner-Weeger-Raumes. In der Verwandlung im dritten Akt zum Heeresaufmarsch dreht sich das ganze und man sieht auf der Rückseite die dunkle andere Seite der brabantischen Welt. Auf einer schwarzen Treppe wartet wieder einen Scheiterhaufen, auf dem später Elsa mit dem Tortenmesser Selbstmord begeht. Ein Rednerpult wird für König Heinrich bereit gestellt.
Die Vorgeschichte des Geschehens sieht man als Szenen bereits im Vorspiel des 1.Aktes. In einer heilen Welt kümmern sich Ortrud und Telramund um die Waisen Elsa und Gottfried. Es wird klar, Telramund will Elsa als Frau, Elsa aber nicht, sie liest lieber ein Buch und etwas von ihrem Helden.
Es wird nicht klar, warum auf einmal der Knabe Gottfried vermißt wird, er ist einfach weg. Er ist nach Lohengrins Ankunft während des Geschehens immer präsent; er ist eine gekennzeichnete Knabenfigur, die immer die Nähe zu seinem Lohengrin sucht und auch schon mal eifersüchtig wird. Bei Lohengrins Ankunft wird er von den Anwesenden als 'Schwanenfigur' auf Händen über die Köpfe aller von oben nach unten zu Lohengrin getragen. Im Brautgemach wird Gottfried vom Bräutigam dazu geholt: das kann ja nichts werden mit der ersten Nacht. Da hilft es auch nichts, wenn Elsa dieser Schwanengestalt die Bettdecke über den Kopf hängt. Als Schützer von Brabant wird Gottfried wieder im Knabenanzug den Brabantern vorgeführt. Aber das ist für den Jungen in seiner Entwicklung zu früh; er ist kaum in der Lage, richtig zu gehen; er versucht schon zu marschieren.
Musikalisch liegt alles in den Händen von Tomás Netopil. Er wählt einen wunderbar klar gegliederten Klang auch in den Übergängen, schafft riesige 'silberblaue' Klangräume, ohne derb zu wirken. Die Essener Philharmoniker folgen ihm bravourös, während zum Chor der eine oder andere Kontakt noch verbessert werden könnte. Da hat der neue Chordirektor Jens Bingert noch ein hörbares Einarbeitungsdefizit.
Die Spitzenpositionen unter den Solisten bewegen sich auf aller höchstem internationalen Niveau. Allen voran ist Daniel Johansson als Lohengrin zu nennen; es ist für ihn ein Rollendebüt. Sein lyrisch ausgestatteter Tenor ist geradezu prädestiniert für diese Rolle. Er klingt immer schön und edel; auch die dramatisch-heldischen Phasen kommen ihm scheinbar mühelos über die Lippen. Anfängliche Unsicherheiten sind schnell verziehen. Sein jugendliches Erscheinungsbild ist mehr als attraktiv; er ist ein großes schlanker Held. Die zahlreichen Aufführungen in Essen geben ihm Gelegenheit, in diese Partie 'hinein zu wachsen'; hoffentlich läßt er sich danach nicht von weiteren Angeboten für dies Partie 'verheizen' und schont seine wunderschönes 'Tenormaterial'.
Dem Titelhelden zur Seite präsentiert das Essener Haus eine Elsa aus dem Ensemble - Jessica Muirhead. Lange ist es her, daß ich eine Elsa von Brabant gehört und gesehen habe, die mit so einem schönen klaren lyrischen Sopran diese Partie gestalten kann. Sie erreicht die dramatischen Stellen ohne störendes Vibrato. Dazu ihr Erscheinungsbild und Spiel, das sie zu einem weiteren Ereignis in der Aufführung macht.
Die Gegenspieler sind 'aus gleichem Holz geschnitzt'. Heiko Trinsinger ist mit großer Stimme auch im Spiel optimal besetzt. Katrin Kapplusch ist seine Gattin Ortrud. Sie setzt ihren klaren Sopran mit schöner großer dramatischer Wirkung immer sicher ein und ist so eine würdige Gegenspielerin zum Titelhelden.
Almas Svilpa ist König Heinrich und kann seinen kernigen Helden-Bass vor allem im 3.Akt optimal einsetzen. Leider hat ihn die Regie mit seinem schönen Anzug und der dicken Brille ein wenig allein gelassen, was man von seinem Heerrufer Martijn Cornet nicht sagen kann. Der bekommt schon mal von Telramund 'eins auf die Nase'. Musikalisch konnte Martijn Cornet seinen hellen lyrischen Bariton erstaunlich gut einsetzen.

Lohengrin verschwindet verärgert und läßt alle ratlos zurück. Ortrud trauert um Elsa.
Das Publikum hat eine erstklassige Aufführung von Wagners Jugendwerk erlebt, bei der es so viel zu hören und zu sehen gibt, daß man durchaus nochmals das Aalto-Theater in Essen besuchen sollte, um die Geschichte vom Schwanenritter zu verfolgen.


HOFFMANNS ERZÄHLUNGEN

18.9.16 | Die Neuedition von Offenbachs phantastischer Oper ist vielerorts auf deutschen Bühnen zu sehen und hat die Theatermacher zu neuen Taten im Orchestergraben und auf der Bühne inspiriert. Viel opulentes Neues gab es seither zu sehen und zu hören.
Die Essener Fassung von Soltesz / Hilsdorf macht bereits nach dem Olympia-Akt nach einer Stunde die Pause - gute Idee. Andere Häuser warten, bis einen Akt später Antonia ihre letzten Töne ausgehaucht hat. Das hat schon mal zur Folge, daß der Zuschauer erst nach 2 Stunden in die Pause gehen kann. Bei Wagner ist man das ja schon gewöhnt; bei der Götterdämmerung habe ich da auch noch nie einen Strich erlebt.
Bei Offenbachs neuem Notenmaterial geht man lockerer mit dem Rotstift um. Scheinbar Unermeßliches der Key|Keck-Edition steht den Theatermachern zur Verfügung und verwöhnt so den Zuhörer, der manch für ihn betörend Neues hört. In Stuttgart bot man eine musikalische Fassung von ca. 158 Minuten, in Krefeld etwas 152 Minuten, in Münster ca. 135 Minuten. Da wurde fürs Auge und Ohr viel geboten.
In Essen kam man auf eine 'reduzierte' Fassung von 122 Minuten und verzichtete dazu auf die Rezitative. Gewählt wurden ausufernde französische Dialoge, was manchmal einen harten Übergang zur Musik zur Folge hat. Aber warum überhaupt die gesprochene französische Sprache? In Deutsch hätte man zumindest etwas vom Inhalt verstanden und Spannung erzeugt. Der Blick zu den Übertiteln bliebe erspart, der auch noch von der Bühne ablenkt.
Claudia Isabel Martin war für die präzise Wiederaufnahme der Dietrich-Hilsdorf-Inszenierung verantwortlich und die Protagonisten haben das mit viel Spieltalent umgesetzt. Rainer-Maria Röhr in den Dienerrollen und Marie-Belle Sandis als Muse konnten auf ihre Erfahrungen aus früheren Jahren bauen; auch musikalisch boten beide Wohlklang.
Alle anderen Hauptrollen waren neu besetzt. Umso höher ist die Arbeit aller zu werten. Besonderer Lichtblick war der junge Sébastian Guèze in der Titelrolle. Seine große und doch leichte Stimme setzt er wunderschön ein und er verzichtet nicht auf wohlklingende Spitzentöne. Mit großer Spielfreude setzt er die szenischen Anforderungen um. Es macht eine Riesenfreude, ihn in seinen Erzählungen zu verfolgen.
Baurzhan Anderzhanov ist der Bösewicht. Seine große Bass-Stimme erklimmt scheinbar mühelos jede Höhe und Tiefe; leider muß er auf die "Spiegelarie" verzichten -sie gehört ja nicht in diese Neuedition- und singt dafür aber diabolisch schön die "Brillenarie" im Venedig-Akt. Auch dieser junge Sänger ist ein weiterer Höhepunkt in dieser Wiederaufnahme.
Karel Martin Ludvik kann mit seiner leicht beweglichen Baritonstimme vor allem als Spalanzani, aber auch als Schlémil, Crespel oder Lutter punkten.
Elena Sancho Pereg besticht als Olympia mit schönen und sicheren Koloraturen und hat bei ihrem technischen Missgeschick die Lacher auf ihrer Seite.
Jessica Muirhead glänzt mit lyrischem Schmelz als Antonia; in der dramatischen Phase macht man sich etwas Sorgen, wenn man an die Elsa von Brabant denkt.
Katrin Kapplusch als Kurtisane verströmt großen Wohlklang sowohl in den dramatischen als auch in den leichten Passagen; da können sich die Essener freuen, diese Sängerin am Haus zu haben.
Friedrich Haider dirigiert die 2h02 zügig und doch locker; die Essener Philharmoniker folgen ihm mit einem großen Klangerlebnis, ohne die Sänger 'zuzudecken'. Der Opernchor meistert auch die sehr schnellen Tempi ohne Probleme und ist neben dem Orchester Garant für eine optimale Umsetzung der Offenbachschen Musik.
Die Inszenierung von Dietrich Hilsdorf in der Ausstattung von Johannes Leiacker erzählt genau mit einigen individuellen Ideen die Geschichte von Hoffmanns Erzählungen. Das Verhältnis Muse-Hoffmann interessiert ihn weniger. Bühnenbild und Kostüme verzichten auf opulente Bilder und Umsetzungen; nur kurz kommen phantastische Momente auf. Alles wirkt etwas karg, dafür aber klar.
Die von mir besuchte Aufführung -die zweite nach der Wiederaufnahme- war nicht besonders gut besucht. Schade!


IL BARBIERE DI SIVIGLIA

Als letzte Premiere der Spielzeit 2015/16 kam Rossinis 'Barbier' Anfang Juni auf die große Bühne des Aalto-Theaters. Bereits zur Ouvertüre ging es auf der Bühne zur Sache. Figaro zeigte sich gleich zu Beginn als Strippenzieher der ganzen Geschichte und dirigiert auf dem Souffleurkasten das Orchester. Aber das Publikum sollte lieber dem 'echten' Dirigenten zusehen. Denn im Orchestergraben mit den Essener Philharmonikern gab es unter der musikalischen Leitung von Giacomo Sagripanti den wirklichen Höhepunkt dieser Essener Neuproduktion.
Dem Dirigenten zuzusehen ist schon ein Genuß; aber was er aus der Partitur herausholt ist allen Lobes wert. Die Essener musikalische Fassung verzichtet auf die -für mich narkotisierenden- Wiederholungen. Aber das dauert eben alles irgendwann zu lang und man hat es, wie woanders auch, weggelassen; aber wunderbar, daß in einigen Soli und Ensembles 'kleine Striche' aufgemacht wurden. So bekam auch das geübte 'Barbier-Gehör' etwas neues. Das Orchester deckte die Solisten nie zu; jede Farbe schien der musikalische Leiter 'herauszukitzeln' und gab so den Solisten die Gelegenheit, die Stimme sicher zu führen und so ihr Können unter Beweis zu stellen. Musikalischer Höhepunkt allein durch die Orchestermusik war die 'Gewittermusik'. So differenziert habe ich das noch nie gehört; scheinbar jede Orchestergruppe lies das Wetterereignis erklingen. Die Steigerung bis zum Höhepunkt war so enorm.
Die Sänger auf der Bühne waren vom Dirigenten Giacomo Sagripanti bestens inspiriert. Allen voran die beiden Bässe Bartolo und Basilio. Der junge Baurzhan Anderzhanov als Arzt führt seinen Bass leicht und kultiviert ohne jegliche Anstrengung; seine Umsetzung der schnellen Passagen ist ein Hochgenuß. Und er fand Zeit, die Figur des Dr. Bartolo differenziert auch spielerisch zu gestalten, was ihn zur Hauptfigur der Männer-Riege macht.
Tijl Faveyts ist der Musiklehrer und stand ihn kaum in seinen Leistungen nach; sein Bass glänzt mit einer bestechenden schönen Höhe. Sein skurriles Spiel ist immer ein Hingucker.
Der junge Juan José de León ist der Graf Almaviva und glänzt mit einem sicher geführten kräftigen Tenor. Seine Stimme ist nicht optimal für Rossini, der auch locker leichte Koloraturen verlangt. Das schmälert aber nicht seinen Gesamteindruck; man hat nie Angst, daß die Stimme versagt und man hört ihm gern zu.
Georgios Iatrou ist Figaro mit einem schönen Bariton in der Mittellage. Aber seine Stimme hat zu wenig Kraft für diese Partie. Die geforderten strahlenden Töne -vor allem am Ende einer musikalischen Nummer in der Höhe- kommen kaum an. Bei den Ensembles fällt das besonders auf, da seine Kollegen ihr Bestes geben.
Kai Preußker als Fiorello machte mit seiner kleinen Bariton-Partie sehr angenehm auf sich aufmerksam; er bot eine schöne präsente Stimme, die man gerne in größeren Partien hören möchte. Karin Strobos ist Rosina, um die alles geht. Sie führt ihre schöne Mezzostimme leicht und locker durch alle Koloraturen und Arien. An de Ridder ist für den Sopran als Berta zuständig. Ihre Arie fügt sich ein in die Gesamtqualität des Ensembles; ihr Spiel als verrückte Haushälterin wertet diese Rolle enorm auf.
Jan Philipp Gloger inszeniert die Vorgeschichte zu 'Figaros Hochzeit'. Mit der Bühne von Ben Baur verzichtet er auf eine realistische Optik. Kisten, große und kleine, bestimmen den Raum. Wunderschön, wenn zu Beginn eine kleine Kiste mit roter Schleife auf der schwarzen Riesenbühne des Aaltotheaters steht, in der Rosina verschwindet und dann sich zu einer Riesenkiste mit Schleife wandelt. Fiorello hat dann Gelegenheit, in der zu überbrückenden Umbauphase sich etwas zu profilieren; daß macht Kai Preußker höchst souverän. Denn danach sieht man den Innenraum einer großen Kiste, in der sich wieder kleine Kisten tummeln - größere, in denen man sich verstecken kann, winzige für Requisiten. Lichteffekte werfen große Schatten auf die beiden großen sichtbaren Kistenwände.
Nur das 2.Finale verliert an optischer Attraktivität. Die beiden Kistenwände des Hauses öffnen sich nach hinten, was als Aktion sehr beeindruckend ist. Dort im Hintergrund stehen viele, zu viele Kisten herum und der Chor als Handwerker mit Helm posiert im Hintergrund als Handlanger von Figaro. Da waren die Herren als Musikanten eine doch schönere Augenweide in den Kostümen von Marie Roth, die auch die Solisten phantasievoll ausstaffierte.
Die Personenführung der Solisten war sehr präzise und führte erklärend durch das Geschehen in modernem Gewand. In skurrilen Posen bleiben die Solisten stehen, 'kleben' an der Wand und lassen auch 'die Zeit stehen'. Basilio taucht mit seinem mobilen Keyboard in langem Ledermantel als 'Gruftie' auf, eine Steilvorlage für Almaviva, der im 2.Teil seinen Schüler mimt.
Rosina im roten Kleid hantiert oft mit ihrer Schleife. Höhepunkt für sie ist -nachdem sie für die Hochzeit mit Bartolo dieses Kleid mit einer Abendrobe ergänzt hat-, wenn sie diese Entscheidung während der Gewittermusik durchleidet. Beeindruckend, wie Karin Strobos die Bühne dominiert.

Grundsätzlich fällt auf, daß jeder Sänger vom Regisseur sehr gut in Rolle und Spiel eingestellt ist. Leichtigkeit und Charme wird bei den Solisten im Laufe der zahlreichen Vorstellungen hinzukommen. Denn das ist der Essener Rossini-Produktion zu wünschen, die sicherlich erfolgreich für einige Jahre den Spielplan zieren wird.


ELEKTRA

Nicht vor allzu langer Zeit stand Richard Strauss' Musikdrama sehr erfolgreich auf Essens Opernbühne. Die 'Opernsängerin des Jahres' gab die Titelpartie. Auch die anderen Mitwirkenden aus dem Haus konnten sich unter Leitung des damaligen Hausherrn Soltesz sehen und hören lassen. Unter neuer Leitung muß sich dieses Werk auf der Aalto-Bühne neu beweisen.
Aber - sehr beeindruckend leitete GMD Tomas Netopil die Essener Philharmoniker im rappelvollen Orchestergraben. Nicht Tuttikraft, sondern langsam gewählte Tempi bestimmten den opulenten Musikklang. Das gab dem Hörer Gelegenheit, auch kleinere Schattierungen der Partitur zu genießen; die dramatischen Passagen knallten umso mehr in den Klangraum hinein. Ohne Fehl und Tadel folgten die Essener Philharmoniker dem Dirigat und machten so den Musiktheaterabend zu einem Erlebnis.
Aber da gab es auf der Bühne auch noch Sänger, die in der Regie von David Bösch agierten. Da das eine Kooperation mit der Oper Antwerpen|Gent ist, durfte der Essener Spielleiter Frederic Buhr die Essener Szeneneinstudierung leiten; hatte er doch in Belgien dem Regisseur assistiert.
Irgendwie hatte man das Gefühl, daß der letzte Feinschliff in der Personenführung und die Einstellung der Sänger fehlte. Die größten Akzente für die Inszenierung kamen von dem Ausstattungsteam Bannwart|Wolgast und dem Lichtdesign von Michael Bauer. Leichen fallen vom Himmel und hängen in einer blutrot beengt wirkenden Halle; sie bestimmen nun die Atmosphäre in dem großen Einheitsraum. Elektras Kinderzimmer nebst Bett ist dort untergebracht. Eine große Treppe zu Klytämnestras Tür bildet den Hintergrund in der riesigen Rückwand, an der zu Ende Blut herab rinnt. Nicht das Beil, sondern Messer sorgen für den Tod fast aller Protagisten. Endlich mal ein Bühnenraum, der meist hell war und kein Einheitsdunkel bot.

Gut, daß Übertitel für den gesungenen Text parat waren; denn kaum jemand glänzte durch Textverständlichkeit.
Rebecca Teem profilierte sich in der Titelrolle, je länger sie sich in die Rolle hineinfand. Sie wirkte wie ein kleines zartes Wesen mit großer Stimme, an dem auch die Kostümbildnerin Meentje Nielsen erheblichen Anteil hatte. Sowohl in den stillen Phasen, als auch in den dramatischen Momenten konnte sie ihre schöne Stimme als Elektra entsprechend einsetzen.
Den Kostümvorteil konnte ihre Bühnenschwester Katrin Kapplusch für die Rolle als Chrysothemis nicht ausspielen. Sie wurde im Stil der 50er Jahre mit Petticoat ausstaffiert, was ihrer Physiognomie im Zusammenspiel mit ihrer Bühnenschwester nicht entgegenkam; da hätte man sich für die Rollenträgerin in Essen etwas anderes ausdenken können. Sie setzte ihren klaren Sopran sicher für diese Partie ein; eine Paradepartie für diese Strauss-Oper ist das für sie aber nicht.
Aber da gibt es ja noch Doris Soffel als Klytämnestra. Ihr Auftritt war das Ereignis des Abends auf der Bühne. Sie dominierte durch Stimme und Spiel die Szene. Die herabhängenden Nabelschnüre der Leichen gaben ihr Nahrung für ihre grausamen Taten; aber diese Opfer rächten sich bei ihr ja bereits durch qualvolle Träume. Die Szene mit Elektra wurde durch Doris Soffel zum spannenden Höhepunkt des Abends.
Da konnte Almas Svilpa als ersehnter Orest noch so seine bewährte Stimme für diese Partie einsetzen; die Regie lies diesen wichtigen Rollenträger ein wenig blass wirken. Bart Driessen als sein Pfleger wirkte in Stimme und Spiel sehr präsent. Auch Rainer Maria Röhr als neuer Hausherr Aegisth konnte sich sehr gut behaupten. Wie bei ihm, bei Bart Driessen und dem alten Diener von Michael Haag fiel die Textverständlichkeit positiv auf.

Dem Musiktheaterfreund sei diese Aalto-Aufführung gerade dann empfohlen, wenn er die Eindrücke der alten Inszenierung noch ein wenig in Erinnerung hat. Die Essener Philharmoniker sind dazu neben Doris Soffel der Höhepunkt im Essener Opernhaus.


DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL

Die Inszenierung von Jetske Mijnssen hält sich nicht an die inhaltliche Vorgabe von Mozarts Librettisten Gottlieb Stephanie dem Jüngeren. Kein damals populärer orientalischer Handlungsrahmen, sondern ein neuer Ansatz, um die komplizierte Beziehung zwischen Mann und Frau aufzurollen. Zwei Frauen stehen im Beziehungs-Konflikt zu jeweils zwei Männern. Konstanze zieht ein in Bassa-Selims Haus mit voll gepackter Tasche; diese bleibt aber unausgepackt bis zum Schluß an der Rampe stehen. Bassa Selim feiert seinen 40. Geburtstag; in seiner Midlifecrisis genießt er seine Beziehung zu Konstanze; diese Liebe wird von ihr erwidert. Belmonte hat eigentlich nur die älteren Recht an seine Partnerin, auf die sie scheinbar Rücksicht nimmt.
Auch bei Blonde und Osmin: sie will ihn. Der Anspruch Pedrillos an ihre Freundschaft und Liebe wird nur so weit erfüllt, daß ihre andere Beziehung nicht aufgegeben wird. Bei der "Flucht" im Finale verschwindet sie doch lieber mit Osmin.
Musikalisch liegt die Wiederaufnahme aus dem Jahre 2012 nun im Jahre 2015 in den Händen des jungen Jonathan Cohen. Selten hat man einen Dirigenten gesehen, der mit so viel Spaß an der Partitur sein Orchester führt. Die Essener Philharmoniker folgen ihm leicht und präzise und decken nie die Bühne zu.
Das Problem bei vielen Mozart-Partien ist ja leider, daß Stimmführung und Stimme die Qualität des Protagonisten offenbaren.
Auf der Bühne gibt es hör- und sichtbar ein Tenorproblem. Michael Smallwoods Stimm-Material ist zu leicht für den Belmonte; dafür kann er nichts, wenn er besetzt wird. Bei ihm muß man immer Angst haben, daß die Stimme weg bricht. Aber an der Artikulation muß er arbeiten; es heißt nicht "Leiten" und "Freuten"; da gehört ein weiches "d" gesungen. Was auch in dieser Partie auffällt, darstellerisch wirkt er oft übertrieben und unbeholfen.
Als Gast aus Gelsenkirchen durfte sich nach seinem Pedrillo 2009 dort in Essen E. Mark Murphy bewähren. Darstellerisch machte er seine Sache mehr als ordentlich. Aber bei seiner Paradearie "Auf zum Kampfe" bricht ihm die Stimme weg; auch sonst machte seine Stimme keinen nachhaltig positiven Eindruck. Nach einem Vorsingen wäre er damit nicht engagiert worden.
Tijl Faveyts gibt den Osmin und ist eine auch optisch junge und ansprechende Figur in Stimme und Spiel. Bei seiner wunderschönen Höhe vermißt man kaum die profunde Tiefe, die diese Partie leider auch hat.
Das machen die beiden Kolleginnen hörbar besser. Christina Clark als Blonde bewegt sich in der Partie und auf der Bühne souverän, auch wenn ihre Stimme etwas klein ist.
Immer noch ein Höhepunkt ist Simona Saturová als Konstanze, die höchste Mozart-Ansprüche erfüllt. Auch vermag sie in der Darstellung das Regiekonzept glaubwürdig zu gestalten.
Maik Solbach spielt wieder Bassa Selim, ein in die Jahre gekommener Softie. Gut, daß diese Rolle mit einem Schauspieler besetzt wurde, konnte so doch die Regie-Intention klar verdeutlicht werden.
Es ist für den Zuschauer hilfreich, mindestens zwei Mal sich diese Inszenierung anzusehen. Die weiß gehaltene Bühne von Sanne Danz mit ihren verschachtelten Portalöffnungen ist ein optischer Genuß. Aber man sieht und hört eine andere 'Entführung', an die man sich gewöhnen muß. Die Dialoge sind neu gefaßt und die Musiknummern finden in der Reihenfolge der Handlung einen anderen Platz, alles um die andere Geschichte zu verdeutlichen. Zum guten Schluß ertönt noch einmal die Ouvertüre und man sieht Konstanze. Wohin geht sie mit ihrer vollgepackten Tasche? Fängt die ganze Geschichte wieder von vorne an oder was?
Mehr als ein Grund, damit 'Die Entführung aus dem Serail' auf dem Spielplan des Essener Opernhauses erhalten bleibt.


COSI FAN TUTTE

Es wurde versucht, eine arg verstaubte Inszenierung aus dem vorigen Jahrhundert mit neuen Sängern (bis auf Despina, die hat das schon mal gemacht) wieder zu entstauben. Vor allem lohnt sich ein Besuch, um Sharon Kempton als Fiordiligi zu erleben. In Stimme und Spiel beherrschte der Gast die Bühne und bekam entsprechend umjubelten Applaus. Die Damenriege mit Christina Clark als Despina und Karin Strobos als Dorabella konnte ein wenig mit ihr mithalten. Die Herren müssen noch -einer vor allem stimmlich- in die Rollen hineinwachsen; Martijn Cornet war ein ansehnlicher Guglielmo und Michael Smallwood Ferrando. Baurzhan Anderzhanov als Don Alfonso ließ wieder mit seinem herrlichen Bass aufhorchen.


FIDELIO

Je länger die Aufführung dauerte, umso mehr fragte man sich, warum denn diese tolle Inszenierung von Dietrich Hilsdorf vom Spielplan des Essener Opernhauses verschwand. Nun gut, da gab es die nackten weiblichen Brüste, der Priester der eine Nonne begattete, aber das konnte man von Hilsdorf in früherer Zeit erwarten, aber gleich jahrelang nicht mehr spielen?

Bei der Furtwängler-Einspielung konnte man schon einen Eindruck haben wie das klingt, wenn ohne Dialoge Beethovens Werk aufgeführt wird. Umso packender die Wirkung auf der Theaterbühne im Essener Aalto-Theater; dort fehlten so gut wie alle Dialoge, kein in schlechtem Deutsch gesprochener Text und trotzdem wurde die Geschichte von Florestan und seiner Leonore spannend erzählt. Eine Musik-Nummer folgte der nächsten. Nur minimal mußte die Regie erläuternd eingreifen und etwas zu viel Phantasie walten lassen; etwa, wenn Florestan sich für eine von ihm gefundene Flasche Schnaps bedankt, wo von der Dialogvorlage eigentlich Leonore ihm etwas zu trinken gibt. Zu Beginn während der Ouvertüre wurde schon der Geschlechtertausch offensichtlich. Leonore war verkleidet als Mann und Florestan mußte in Frauenkleidern ausharren. In Obertiteln wurde das Geschehen in Zitaten und Hinweisen kommentiert. Auf der Szene fehlen nahezu inszenatorisch jegliche Vergleiche zu totalitären Staaten und deren Dienern. Der Mensch und sein Handeln steht im Mittelpunkt der Handlung.
Bühnenbild und Kostüme von Johannes Leiacker bleiben historisch. Eine schönes Landschaftsgemälde als Hintergrund in Roccos Stube mit offenem Fenster, durch das man beobachtet wurde. Eine Zahlenkolonne als Streifen umrahmt diesen Raum. Zum zweiten Akt hebt sich diese Wand und man sieht einen riesengroßen Kerkerraum, in dem Körper liegen - und wieder diese Zahlenkolonne. Die Regie in dieser Wiederaufnahme wirkt mit vielen Neubesetzungen sehr frisch. Rainer Maria Röhr ist auch ein musikalisch guter Original-Jacquino mit auffallend detailliertem Spiel. Christina Clark spielt frisch mit ihrem schönen kleinen Sopran. Jeffrey Dowd ist Don Florestan, damals und heute wieder eindrucksvoll in Stimme und Spiel.
Katrin Kapplusch ist nach der Lady Macbeth und der ersten Dame nun Leonore Florestan und das macht sie hervorragend. Ihre Stimme hat die notwendig dunkle Farbe in der Mittellage. Da stört es nicht, wenn sich die dramatischen Spitzentöne nicht ganz abrunden. Sie ist eine Bereicherung für das Aalto-Ensemble.
Heiko Trinsinger ist nun der Bösewicht Fernando, eine Partie, die ihm in Stimme und Spiel bestens liegt. Zum Schluß darf er an das weibliche Publikum Lilien verteilen. Zwei Wotan-Darsteller durfte man auf der Bühne erleben. Almas Svilpa im tiefen Fach des Rocco; hier durfte er seine Stimme in einer seriösen Basspartie einsetzen. Sicherlich eine gute Idee, seine Stimme nicht nur mit Kraft im Heldischen zu bewegen; das ist ausbaufähig. Für den erkrankten Kollegen sprang ohne Fehl und Tadel Ralf Lukas als Minister ein. Das befreite Volk führt diese Figur anklagend als Karikatur vor.
Stefan Klingele leitete die Essener Philharmoniker und führte sie zu einem inspirierenden Beethoven-Klang; die Hörner hatten allerdings nicht ihren besten Tag. Ach ja, warum wurde dieser tolle Fidelio so lange nicht aufgeführt: Im großen Finale schloß sich auf einmal der eiserne Vorhang und beendete scheinbar die Handlung. Doch dann ging es weiter. Alle, Chor, Soli, standen an der Rampe, das Orchester war auf Bühnenniveau hochgefahren und man brachte so konzertant noch einmal den finalen Jubelchor. Diese Regie-Idee muß wohl später jemandem, z.B. einem Dirigenten, nicht gefallen haben.
Das Publikum war zurecht begeistert. Ein Fidelio ohne Pause bei einer Spielzeit von 1h50, der sicherlich nicht wieder so lange in der Versenkung verschwunden bleibt


WERTHER

Die Original-Vorlage von Goethe wird im nächsten Jahr vom Essener Schauspiel gezeigt. Massenets lyrisches Drama wird selten gespielt, wurde aber auch bereits im Grillo-Opernhaus gezeigt und nun neu im Aalto.
Die Regie von Carlos Wagner, wirkte etwas altbacken. Er erzählt genau, ohne aber szenisch und durch Personenführung die Tiefe der Gefühle ausloten zu können. Die realistische Ausstattung von Frank Philipp Schlößmann wurde immer wieder durch weite Öffnungen in die Natur vergrößert, was den romantischen Aspekt des Sujets wunderschön unterstützte.
Musikalisch war die Aufführung bei Sébastien Rouland in den besten Händen. Die Essener Philharmoniker schwelgten unter seinem Dirigat. Abdellah Lasri ist Werther und er singt diese Partie famos und nahezu makellos; darstellerisch könnte er noch mit dem Regisseur etwas arbeiten. Michaela Selinger ist Charlotte mit weichem Mezzo; leider hört man in dramatischen Phasen in der Höhe ihre Grenzen. Auch die kleinen Rollen waren bestens besetzt mit Christina Clark als Schwester und Tijl Faveyts als ihr Vater. Heiko Trinsingers Albert fehlte ein wenig der Glanz.
Auf jeden Fall ist diese Aufführung hörenswert und sicherlich auch sehenswert; wann bekommt man das schon mal ohne große Einschränkungen auf der Bühne geboten.


UN BALLO IN MASCHERA - Ein Maskenball

Es sind schon 15 Jahre her im Aalto-Theater, daß Dietrich Hilsdorf Inszenierungs - Deutung von Verdis 'Maskenball' dort Premiere hatte. Viel hatte ich nach der langen Zeit nicht mehr in Erinnerung, außer die baumelnde Leiche am grauenvollen Ort und die Übertitel, die keine waren. Meine Verdi-Lieblingsaufführung wurde das nie. Da konnte so gut wie nichts an den enormen Eindruck des "Don Carlos" aus dem Jahre 1988 anschließen; auch die Aida nicht, zu der auch Johannes Leiacker ein atemberaubendes Bühnenbild schuf; für den Maskenball schuf ein mit schönen Malereinen ausstaffierten Einheitsraum. Zu manch anderem jetzt auf der Opernbühne ist diese Inszenierung auf jeden Fall ein Gewinn.

Carolin Steffen-Maaß war für die szenische Wiederaufnahme verantwortlich und gab dem Betrachter den Eindruck, daß präzise agiert wird, obwohl doch fast jeder neu besetzt wurde; sie hat das alles schön 'entstaubt'. Hilsdorf zeigte 'Theater auf dem Theater', erzählte irgendwie die Handlung und inszenierte nach dem Königs-Mord noch den Applaus, den der 'Ermordete' strahlend in Damengarderobe auskostete. Da schienen selbst die beiden Verschwörer im Zuschauerraum erstaunt, als aus dem 'off' ein Pistolenschuß ertönte und der König tot umfiel. Politisiert wurde in dieser Inszenierung nicht, eher das Triviale der Liebesgeschichte mit dem gehörnten Ehemann heraus gearbeitet.
Das unterstützten auch die Übertitel von Norbert Grote, zu denen ich nur mal schaute, wenn das Publikum stärker lachte. Denn in der Überschrift gab es keine wörtliche Übersetzung des aktuellen Gesangs, sondern eine humorvolle Inhaltsangabe.
Musikalisch war die Wiederaufnahme am 27.11.2015 bei Matteo Beltrami in guten Händen. Die Essener Philharmoniker boten einen schlanken, durchsichtigen Klang, der Chor und Solisten nie zudeckte; alle boten so für mich auch einige schöne neue Höreindrücke.
Katrin Kapplusch als Amelia zeigte sich in Stimme und Spiel wieder in bester Form und zeigte dem Publikum mit ihrem schönen klaren Sopran, daß diese Partie durchaus von einer 'deutschen dramatischen Stimme' besetzt werden kann. Sehr lustig - im Foyer gab es einen CD-Mitschnitt anno 1955 in deutscher Sprache mit Birgit Nillson.
Einen ungetrübten Genuss bot Ieva Prudnikovaite als Ulrica. Mit voller, großer und schöner Stimme füllte sie ihre Rolle mit engagiertem Spiel zur Freude aller aus. Schade, daß sie dem Essener Haus inzwischen nur noch als Gast zur Verfügung steht.
Christina Clark als Page Oscar hielt das hohe Niveau bei den Protagonistinnen. Sie hatte auch Glück, daß ihre etwas 'kleine' aber feine Stimme nie vom Orchester zugedeckt wurde; selbst in den großen Szene war sie präsent.
Ohne Fehl und Tadel bei den Herren waren die beiden Verschwörer. Mit Bart Driessen und Baurzhan Anderzhanov waren die ersten Kräfte des Hauses besetzt; die tiefen Bässe sind in Essen ja mit ausgezeichneten Solisten sortiert.
Michael Wade-Lee konnte seinen guten Eindruck als Kalaf beim Riccardo an diesem Abend nicht wiederholen, da man immer wieder den Eindruck hatte, daß das eine schwere Partie ist: zu wenig schön gesungene Phasen, Kraft in der Stimme mit Schärfe; manchmal gelang das angepeilte Ziel nicht.
Luca Grassi ist den Essenern aus der sensationellen "La Straniera" bekannt und konnte mit seiner wohl tönenden Stimme die Zuschauer erfreuen. Leider 'kippte' in seiner zweiten Arie zu Anfang kurz die Stimme weg; das war wohl eher ein Problem der Konzentration. Das Publikum hat das vergessen und seine Leistung beim inszenierten Beifall gebührend honoriert.
Die kleineren Partien waren ansprechend aus dem Haus besetzt. Georgios Iatrou als Silvano wirkte auch in dieser Partie mit seiner klein wirkenden Stimme etwas blass. Wie soll er in großen Partien über die Rampe kommen?
Alles in allem ist die Wiederaufnahme auf der Opernbühne des Essener Stadttheaters eine Bereicherung des aktuellen Spielplans.


DIE ZAUBERFLÖTE

Die Essener Oper war am 10.1.2016 im sprichwörtlichen Sinn das Stadttheater, denn viele junge Zuschauer waren im ausverkauften Aalto-Theater dabei, als Mozarts Oper an einem Sonntag-Nachmittag aufgeführt wurde. Bis auf einige wenige Hartnäckige war man konzentriert bei dieser doch langen Oper bei der Sache.
Das lag vor allem an der Inszenierung von Ezio Toffolutti, der auch die Ausstattung entwarf. Es gab immer was zu sehen, die Szene änderte sich, kaum merklich oder beeindruckend mit verschiebbaren Wänden, Böden und Inventar. Seine Kostüme waren unaufdringlich, ausgefallen und bunt.
Die Deutung des Werkes kam ohne psychologische Kniffe zwischen Gut und Böse aus. Alles passierte als Taminos Traum und da konnte passieren was wollte, mit vielen Tieren wie Schlangen, Löwen oder Clowns und anderen lustigen Figuren. Feuer und Wasser wurde mit naiven, theatralischen Mitteln gezeigt. Die Welt der Erwachsenen waren Taminos Umfeld. Da gab es viel zu sehen und zu hören.
Held des Abends -und das zu recht- war Martijn Cornet als Papageno. Selten habe ich eine so sensible Darstellung für diese Rolle erlebt. Kein grober Heldenbariton, sondern ein junger sympathischer Sänger mit riesengroßem Spieltalent und einer schönen lyrischen Stimme. Bei seinen Dialogen verstand man jedes Wort, das immer wohl gesetzt war.
Als Königin der Nacht brachte Hila Fahimi ihren leichten Sopran mit allen Koloraturen perfekt zu Gehör; ihre beiden Arien waren so ein musikalischer Höhepunkt des Abends. Maartje Rammeloo als Pamina kam mit Stimme und Spiel mit ihrer Rolle gut zurecht. Von den drei Damen fiel vor allem Jessica Muirhead als 1. mit schön geführtem Sopran auf.
Wo viel Licht ist, ist leider auch Schatten. Selten in einer Aufführung habe ich ein Tenorproblem so offensichtlich wahrgenommen wie an diesem Abend. Da glänzten die zwei Sänger mit den kleineren Partien im direkten Hörvergleich zu ihrem Kollegen vom ersten Fach, dessen Stimme unangenehm flach klingt.
Der Tamino von Michael Smallwood konnte nur durch sein Spiel Akzente für diese Hauptrolle setzen. Selbst der Tenor des ersten Priesters von Joo Youp Lee kam ansprechender über die Rampe.
Und dann gab es ja noch den bösen Monostatos. Der war bei Fritz Steinbacher aller bestens aufgehoben. Er verstand es, die Figur mit eindrucksvoller Bühnenpräsenz in seinen kurzen Szenen in den Mittelpunkt des Geschehens zu rücken. Sowohl sein großer, schöner ansprechender Tenor als auch seine deutliche Dialoggestaltung bezeugten seine großartige Leistung.
Die Essener Philharmoniker wurden von Johannes Witt sicher geleitet. Der junge Kapellmeister verstand es zudem, vor allem in der Ouvertüre eigene Akzente zu setzen. Die Farben der Partitur und die Sänger brachte er wunderbar zu Gehör, was zu dem Erfolg dieser 12-jährigen Inszenierung beitrug.


DER FLIEGENDE HOLLÄNDER

Die Premiere der Inszenierung von Barrie Kosky im Essener Opernhaus liegt nahezu 10 Jahre zurück. Erfreulich, daß die Wiederaufnahme am 9.1.2016 wieder spannend und frisch präsentiert wurde; Ed Spanjaard leitete diesmal die Essener Philharmoniker, die sich schnell mit seinem Dirigat anfreunden konnten.

Marijke Malitius war für die szenischen Wiederaufnahme verantwortlich und konnte auf Almas Svilpa in der Titelrolle bauen, der neben anderen bereits in der Premiere mit Stimme und Spiel auftrumpfen konnte. Der Holländer ist eine Parade-Partie für ihn, bei der er seinen tiefen Bass und unangestrengte Höhen einsetzen konnte.
Das Stück wird aus Sentas Sicht gezeigt. Ort der Handlung ist hier irgendwo in der Jetztzeit. Nur zur beruhigenden Einstimmung des Zuschauers sieht man vor geschlossenem Vorhang beim Einlaß auf der Vorbühne graue Felsen. Öffnet sich der Vorhang, geht der Blick auf eine Hausfassade mit vielen Fenstern, aus denen Männer Senta begaffen; Seefahrer Romantik mit Schiff und Natur entfällt.
Von Beginn an verfolgt die rotköpfige Senta als Objekt der Begierde mit zwei Doubles das Geschehen; selbst die Angestellten im Haus Daland gehen grob mit ihr um. Senta träumt sich ihren Helden herbei, der durch ein Betonloch in das Geschehen hinein bricht. Die Seemanns-Szene des dritten Aktes ist ihr Albtraum. Viele Sentas treiben es bunt, zu bunt mit Gerippe als Sexpartner und Geburt eines Gnoms. Die Bühne wimmelt voller Senta-Figuren. Senta rettet sich aus dieser Traum-Situation mit der Ermordung des Holländers und verharrt mit verklärendem Blick.
Magdalena Anna Hofmann war die neue Senta auf der Aalto-Bühne und bewältigte diese Aufgabe mit faszinierendem Spiel. Auch musikalisch konnte sie mit ihrer vollen Sopranstimme diese Partie wohl klingend gestalten; leider fehlten ihr für einige Momente in den Spitzenlagen die notwendigen Mittel.
Tijl Faveyts war wieder ein wohl tönender Daland mit großer heller Stimme; er konnte besonders mit seinem Spieltalent in dieser Rolle auftrumpfen und es war ein Vergnügen, ihn zu erleben.
Schade, daß das Essener Opernhaus nicht voll besetzt war; denn diese Aufführung hebt Essen über das Stadttheater-Niveau hinaus und wurde dementsprechend mit Beifall gefeiert. Richard Wagner ist für viele das Maß aller Dinge.


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