Theatertipps: Staatstheater Wiesbaden

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GÖTTERDÄMMERUNG

5.6.2017 | Die Ring-Inszenierung von Uwe Eric Laufenberg schloß sich nun auch in Wiesbaden. Große Ideen konnte man auch nach dem 4.Abend weder erwarten noch bekommen. Im Grunde solide wurde das Personenarrangement dann aufgewertet, wenn durch die Bühne von Gisbert Jäkel und der Kostüme Antje Sternberg erklärende Akzente gesetzt werden konnte. Da wurde leider oft der Bildsprache der Vorzug vor einer geschliffenen Personenregie gegeben; aber man denkt ja schon an die Zukunft. Wenn aber in der Premiere schon so viel rumgestanden wird, ist das nicht verzeihlich.
Im ersten Bild hantieren die Nornen mit kleinen Laserstrahlen; ein Effekt, der trotz der kurzen Szene schnell erlischt. Brünnhildes Gemach ist ein gläsernes Haus mit ebenso durchsichtigem Kamin. Dort lodert echtes Feuer und gibt durch das Dach seinen Rauch ins Freie. Während Brünnhilde den Weg zur Vorbühne schon mal durchs offene etwas hoch gelegene Fenster wagt, nimmt die Kollegin Waltraute den sicheren langen Weg über die linke Gasse...

Die Regie läßt die erklärenden Mätzchen durch Statisten auch hier nicht sein. In der Waltrauten-Erzählung erscheint ein Wotan mit zersprungenem Speer und - macht so gut wie nichts; ein ganz plattes Bild. Da muß ich schon mal an eine Lösung erinnern, die der Kollege Regisseur in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts als spannendes Theater darbot. Während des Trauermarsches erschien Wotan, um sich den Ring anzueignen. Die brillante Sängerdarstellerin Lia Frey-Rabine hinderte ihren Vater daran. Und das war der Wotan der vorherigen Aufführungen den das Publikum ja kannte, den Sängerdarsteller Monte Jaffe. Das ging damals unter die Haut.

Zurück zur bitteren Realität im 21.Jahrhundert. Auf dem Hausdach direkt neben dem Kaminausgang ist Brünnhilds Begegnung mit Siegfried als Gunther. Dieser hat, gute Idee, sich eine Latexmaske aufgesetzt, die ihm tatsächlich, mit der Kleidung, Gunthers Gestalt und Bild gibt. Dazu klingt seine Stimme leicht verfremdet - Dank der Maske. Ein Lob an beide Sänger, die trotz der ausströmenden Feuergase dort gespielt und gesungen haben. Ich gehe mal davon aus, daß das mit dem echten Rauch und Feuer kein technischer Trick war.

Die Gibichungen-Halle ist ein großer Raum, mit zwei Sesseln und einem großen, mit rot eingerahmten schwarzen Hintergrund. Dort taucht schon mal Grane als riesige weiße Gestalt auf. Die große Konflikt-Szene mit den beiden Hochzeitspaaren kann Dank der optisch wirkenden Kostüme der Bräute spannend verdeutlicht werden; hier stimmte mal das Personenarrangement.

Die Rheintöchter arbeiten als Bardamen. Wie im Rheingold dient die Form eines großen Auges als ihr Domizil. Deren Bar geht mit der Versenkung in die Tiefe um Platz zu schaffen für die Jagdgesellschaft. Die bringen jede Menge Beute mit und legen diese vorne ab. Vor einem heruntergelassenen schwarzen Prospekt stirbt Siegfried stehend und gedenkt seiner Brünnhilde. Dann geht der Prospekt wieder hoch, die Jaggesellschaft gruppiert um den toten Siegfried seine Beute und bildet wartend einen Kreis, ehe sich der Prospekt wieder senkt. Das hat eigentlich Wagners Musik nicht verdient.

Im Finale erscheint noch mal aufs Stichwort Grane. Der Weltuntergang wird auf der riesigen schwarzen Fläche im Hintergrund filmisch durch allerlei zerstörerischer Strukturen bebildert. Das ist aber zu der bombastischen Musik zu wenig, eine zu klein geratene Optik.

Alexander Joel leitete die Aufführung souverän mit kräftigem Tempo. Das Hessische Staatsorchester Wiesbaden unter seine Leitung spielte engagiert. Den mit dem Extrachor verstärkte Hauschor habe ich im 2.Akt sehr schlecht gehört. Die Akustik ist in dem alt ehrwürdigen Haus aber nicht auf allen Plätzen optimal, vielleicht auch auf meinem Platz in der ersten Reihe.

Die Brünnhilde ist engagiert und mit viel Gefühl Evelyn Herlitzius, so wie man sie kennt und schätzt. Andreas Schager ist Siegfried, im schicken Anzug, der seine wunderschön klingende große Stimme zum eleganten Spiel einsetzt. Beide waren daher schon mal Erfolgsgarant für das Gelingen der Aufführung.

Eine besonders angenehme Überraschung war für mich Matias Tosi als Gunther. Ihn hatte ich mal als Figaro erlebt; hier setzt er seine kräftige Stimme in allen Lagen großartig ein. Er besitzt eine strahlende Höhe und kräftige Mittelage bis hin zu den tiefen Stellen. Dazu kommt noch sein durchaus positives Erscheinungsbild und Spiel. Was will man von einem Gunther eigentlich mehr.

Aber auch die anderen Partien sind achtbar besetzt, z.B. Sabina Civlak als Gutrune oder 3.Norn.
Thomas de Vries ist wieder der Alberich, der mit schneidender Stimme auf seinen Sohn Hagen eindringt. Ja, wäre da nicht der Sohn.

Shavleg Armasi verfügt über eine tiefe, kräftige, sich immer durchsetzende Bass-Stimme, auch in der Höhe, ideal für Hagen. Sein Spiel ist beeindruckend; in jeder Szene beherrscht er die Situation, wenn er will - und er will oft. Wäre, ja wären da nicht die anderen Eindrücke, die man auf musikalischer Seite von ihm vernahm. Vielleicht ist es sein Rollendebüt?! Über die Schwächen beim Text hört man gerne hinweg, es gibt ja die Übertitel. Aber musikalisch scheint er noch nicht so weit zu sein. Falsche Einsätze, rhythmische Ungenauigkeiten geschehen zu Hauf. Alexander Joel gibt ihm jede nur erdenkliche Hilfe; es fehlt ja leider vorne der Souffleurkasten. Diesen Raum brauchen die Kontrabassisten im Graben. Den Mannenruf beschließt Shavleg Armasi irgendwie, auf jeden Fall falsch und geht erst einmal ab. Da bleibt dem musikalischen Helfer am Pult auch nur noch ein Kopfschütteln.

Gejubelt wurde zum Ende aber heftig und das Publikum feierte alle Sänger mit lang anhaltendem Applaus. Die Regie-Ebene war nicht sichtbar. In der nächsten Spielzeit darf man sich auf die eine und andere neue Besetzung freuen.


SIEGFRIED

2.4.2017 | Nach Linz fand nun auch in Wiesbaden eine doch zu Recht umjubelte Premiere dieser Inszenierung statt. Es wurde auf der Bühne nie langweilig und der Titelheld sah aus und sang wie ein junger Gott.
Im Gegensatz zur Vorwoche in Leipzig konnte Andreas Schager neben seiner großen schönen Stimme auch sein Spieltalent unter Beweis stellen. Denn da hatte die Regie von Uwe Eric Laufenberg doch viel vorgesehen.
In der Jetztzeit wurde die Handlung angesiedelt. Mime kommt ökogerecht mit Papiertüten vom Einkauf, denn für ihn gilt ja immer noch, ein Schwert für den jungen Heißsporn zu schmieden. Seine Schmiede sieht mehr als antiquiert aus, da wundert es nicht, daß Siegfried digitale Technik zu Hilfe nimmt. Die hat sein Großvater, inzwischen als Wanderer unterwegs, ihm in Mimes Behausung dagelassen. Laptop und mobiles Tastenfeld sind Siegfried auch beim Drachenkampf eine große Hilfe. Selbst Notung hat einen Chip, der dann den Amboss teilt. Das ist kein freier Held; er erfährt zwar wenig von seiner Herkunft - aber die Vergangenheit mischt noch kräftig mit im Geschehen; das kann nicht gut gehen.
Die Bühne von Gisbert Jäkel bietet immer schöne moderne Räume. Über Mimes Höhle wird das Foto einer Slumgegend mit eng aneinander gedrängten Häusern gezeigt. Da müssen vom Nürnberger Ring noch einige Reifen übrig gewesen sein, die sich hier im Hintergrund real aufhäufen.
Öko ist da wenig, erst recht nicht vor Fafners Höhle. Das ist ein Hochsicherheitstrakt vor einem goldenen Gebäude. Hinter einem hohen Gitterzaun sind Zierhecken das einzige grün. Sicherheitsanlagen bewachen die goldenen Mauern der F+F-Bank, die Fafner nicht nur mit Kameras, sondern auch von Sicherheitspersonal hüten läßt. Zum Waldweben wird ein wenig Natur lichttechnisch an die Wand geworfen. Nach dem Drachenkampf öffnet sich die Bank: Fafner sitzt am PC mit Micro, über das er das Gespräch mit den Besuchern mit bedrohlicher Stimme führte. Nun im Sterben warnt Young Doo Park mit eigener volltönender Bass-Stimme unverstärkt Siegfried. Die Mitarbeiter seiner Bank scheinen nicht unbedingt zu trauern, denn sie haben einen neuen Chef; Siegfried übernimmt sogleich in attraktiver Kleidung die Leitung des Geldinstituts.
Im dritten Akt sehen wir den Walkürenfelsen wieder. Der Reitsaal ist voll gesifft mit Müll inklusive eines Bierkastens mit Leergut. Die 'Germania-Statue' ist leicht angeschlagen; der Kopf fehlt. Selbst die Feuerschalen sind umgeworfen; nur eine funktioniert noch; der Feuerkreis ist erloschen. Wäre Brünnhilde nicht in der Figur eingeschlossen, das Feuer hätte sie nicht beschützt. Die Macht der Götter ist auch hier beendet. Siegfried und Brünnhilde demontieren die Statue weiter.

Der Wanderer taucht elegant in Hut, Mantel, Anzug als eine Art Pensionär auf. Sein fehlendes Auge hat er wieder. Allein Alberichs Kleidung macht einen einfacheren Eindruck, da er doch immer vor Fafners Gitter campiert. Antje Sternberg gibt dem neuen Bankier Siegfried einen topp schicken Anzug mit Pulli. Dank der schlanken sportlichen Statur von Andreas Schager ist er nicht nur für Brünnhilde ein mehr als erfreulicher Hingucker.
Die Personenführung von Uwe Eric Laufenberg war sehr genau und wurde mit viel Spielfreude angenommen, vor allem von Jukka Rasilainen als Wanderer. Das wurde inszenatorisch eine tolle Aufführung bis zum 3.Akt. Die wunderbare Szene zwischen Erda und Wanderer wurden von Statistinnen gestört, die die drei Nornen und 8 Walküren darstellten. Wenn man sie schon zeigen will, dann kann man nicht einfach die jungen Frauen aufmarschieren lassen und sie positionieren. Das hat schon vorher nicht funktioniert und hier auch nicht. Gezeigt hat diese Inszenierung nicht, warum alle neun Walküren Töchter Erdas sein sollen. Das war leider wieder nur platte Bebilderung des Textes und einer Idee.
Das Hessische Staatsorchester Wiesbaden wurde von Alexander Joel inspiriert mit schön herausgearbeiteten musikalischen Farben temperamentvoll geleitet, ohne zu zelebrieren. Hörbare Patzer hielten sich dankenswerter Weise in Grenzen.

Andreas Schager ist neben einigen wenigen Kollegen ein junger Siegfried-Sänger, der schön und sicher singt und bei dem man nie Angst vor Patzer haben muß, selbst wenn er mal den Text vergisst.
Der gute Eindruck, den Sonja Gornik in der Walküre hinterlassen hat, wird auch im Siegfried bestätigt. Die exponierten Lagen sind für sie kein Problem. Sie kann auch textlich die Partie gestalten und ist auch optisch ein adäquates Pendant zum Titelhelden. Da freut man sich auf ihre Brünnhilde am letzten Tag der Tetralogie.
Die beiden Nibelungen waren szenisch und musikallisch beachtlich präsent. Matthäus Schmidlechner war auch musikalisch ein ebenbürtiger Partner zum Ziehsohn. Thomas de Vries gestaltete den Alberich mit eindrucksvoller Präsenz.
Jukka Rasilainen als Wanderer hatte in den ersten beiden Aufzügen musikalisch seine besten Momente. Seine kernige helle Bariton-Stimme unterstützte sein starkes Bühnenspiel und machte so die Figur des Wanderers zu einer Hauptfigur. Vielleicht lag es an der stimmlich nicht ausreichenden Bühnenpartnerin, daß in der Erda-Szene seine Stimme nicht mehr so viel Wohlklang verströmte.
Der quirlige Waldvogel von Stella An war in dem poppigen Outfit schön anzusehen; mit der Partie hatte die Sängerin so ihre Probleme.

Lang anhaltender kräftiger Beifall für alle mit einem bescheidenen Buh für die Leitung war der Abschluß eines doch schönen Wagner-Abends.


DIE WALKÜRE

10.2.2017 | Die Erinnerungen vom Vorabend der Wagnerschen Trilogie in Wiesbaden waren doch verhalten zwiespältig für mich. Umso mehr überraschte mich eine sehr hörenswerte und in großen Teilen sehenswerte Aufführung des 'Ersten Tages'.
Die Inszenierung von Uwe Eric Laufenberg siedelte die Geschichte im 1.Akt nun in einem Gasthaus Anfang des vergangenen Jahrhunderts an; Met wird aus Bierkrügen getrunken. Ein großer Tresen, Tische, Mobiliar und mittendrin ragt ein dicker Baumstamm durch das Dach in die Luft, der in der Mitte gespalten ist. Warum, sieht man erst, wenn vom Baum eine Decke genommen wird: dort steckt Notung. In dieser Ausstattung von Gisbert Jäkel wohnen Hundings; Sieglinde ist immer unter Aufsicht einer durch Kopftuch bäuerlich wirkenden Frau und ihres kleinen neugierigen Mädchens, wenn der Hausherr nicht da ist. Oben auf dem Hausdach spielt sich die Verfolgungsjagd ab; Siegmund gelangt unbemerkt von Hundings Mannen ins Innere des Hauses. Immer präsent auf dem Dach beobachtet Brünnhilde das weitere Geschehen.
Im zweiten Akt sieht man unter einem großen Zelt ein Militärcamp im Wald; Wotan im langen grauen Mantel instruiert sein Militär. Ein großer Tisch mit Stühlen beherrscht die Szene. Warum später das kleine neugierige Mädchen Sieglinde verfolgt um sie vor Hunding zu warnen, bleibt das Geheimnis des Regisseurs, da die Figur dieses Mädchens nicht weiterhin erläutert wird. Vielleicht wollte es Sieglinde vor den brutalen Mannen Hundings warnen; denn diese fügten ihr später demütigende, physische Gewalt an.
Für die Todesverkündung wird der Tisch von zentraler Stelle nach rechts von hinzukommenden Figuren gestellt, die sich später als Bewohner Walhalls entpuppen. So wird Siegmund ein Bild für seine Zukunft aufgebaut. Wunschmädchen mit Speis und Trank laden ein; Wotan und Fricka sitzen an dieser Tafel. Da wundert es nicht, daß der verzweifelte Mann nicht dorthin will. Hinter einer steinernen Vogelfigur taucht später Wotan auf, um den Mord an seinem Sohn vollziehen zu lassen.
Der dritte Akt spielt in einer Reithalle mit großem Tor im Hintergrund - in der Höhe Fensterluken. Hat sich der Vorhang geöffnet, wartet dort ein schönes Pferd, das von einer Walküre im rasanten Tempo geritten wird. So werden mit und ohne Pferd die gefallenen Kämpfer von den Walküren, übrigens alle 10 mit Pferdeschwanz-Frisur, in die Halle gebracht; einige Tote werden auf einem unpassenden, mobilen Servier-Wagen mit Abdeck-Gardinen verfrachtet, damit sie zur gegebenen Zeit Punkt genau von der Bühne gefahren werden können. Dafür kommt nun als große Figur eine Germania-Statue hinein; sie läßt sich öffnen, um in Innern Platz für Brünnhildes Schlaf zu bieten. Die Walküren kommen mit großen Schalen zurück und entzünden dort das Feuer. Wotan vervollständigt mit seines Speeres Spitze den Feuerkreis. Eine Szene, die ihre positive Wirkung nicht verfehlt.
Gespielt wird von allen 'quer durch die Bank' engagiert und sehr genau. Was am Vorabend der Geschichte häufig fehlte, ist hier vorhanden, eine Personenführung ohne sinnlose Aktionen. Gut, die Wotan-Fricka-Szene hätte noch bösartiger gezeichnet werden können; aber was man an Schilderung der Handlung sah, war sehens- und hörenswert. Selten habe ich auch eine Brünnhilde im 3.Akt erlebt, die so genau erklärend ihr Bewegen verdeutlichte.
Was man vielen Sängern attestieren konnte war deren Textverständlichkeit, was Spannung in der Szene ermöglichte.
Unter der musikalischen Leitung von Alexander Joel musizierte das Hessische Staatsorchester Wiesbaden präzise ohne große Wackler und Patzer und deckte die Solisten auf der Bühne kaum zu. Manchmal hielt der Dirigent sein Orchester stark zurück, damit die Sänger mit ihrer Textverständlichkeit zu ihrem Recht kamen. Als Wotan brillierte der international agierende Egils Silins. In Essen durfte er 2009 kurzfristig die damalige Premiere übernehmen und in Wiesbaden kam er für den nach der dortigen Premiere verstorbenen Kollegen. Dieser plötzliche Einsatz bescherte den Besuchern einen Wotan-SängerDarsteller, der in Stimme, Statur und Spiel im Mittelpunkt des Geschehens steht. Seine große Stimme erreicht ohne Probleme jegliche heiklen Stellen der Partie; sie klingt immer schön und kann sich auch vor dem kräftig aufspielenden Orchester behaupten und zeigt auch bei seinem Abschied keinerlei Ermüdungserscheinung. Während andere Kollegen sich diese Partie schon mal einteilen, ist Egils Silins immer präsent, textverständlich und mit seiner glänzenden Erscheinung präzise im Spiel. Ihm zur Seite als Lieblingstochter ist Sonja Gornik mit großer Sopranstimme, die ihre Einstands-Hojotoho sicher einsetzt; sie hat eine klangvolle Mittellage und versteht es hervorragend, den Text verständlich zu machen. Dazu kommt ihr genaues Spiel in schlanker Optik - was will man von einer Brünnhilde noch mehr. Das Wälsungenpaar kann da mithalten. Sabina Cvilak ist eine junge, schlank zerbrechlich wirkende Sieglinde mit dunklem Timbre und großem Sopran; sie hinterläßt auch bei dem "hehrsten Wunder" im dritten Akt einen großen Eindruck. Sie konnte sich gegenüber einem überragenden Partner behaupten.

Selten habe ich einen Siegmund erlebt, der so eindringlich diese Rolle in Stimme und Spiel gestalten kann wie der junge Richard Furman; sein Erscheinungsbild ist für diese Rolle als jugendlicher Held mit langen blonden Haaren optimal. Er besitzt einen schönen klaren Tenor und hat die Kraft, Stellen wie die Wälse-Rufe über dem Orchester zu halten. Seine Textverständlichkeit ist phänomenal; da ist er Vorbild für manch andere; da merkt man, daß das zum Singen dazu gehört.
Young Doo Park als Hunding besticht durch seinen Gesang mit einer Bass-Stimme, die er in Höhe und Tiefe gleichmäßig rund gestalten kann. Ihm gelingt auch spielerisch ein Rollenprofil, das jenseits bekannter Klischees liegt. Leider konnte er sein Applaus-Honorar nach dem 3.Akt nicht entgegen nehmen.
Margarete Joswig als Fricka hatte es neben ihrem Bühnengatten schwer, sich zu behaupten. Es gelang ihr doch, mit ihrem immer schön geführten Mezzo einen Gegenpol im Ehestreit zu bilden. Kostüm und Maske von Antje Sternberg halfen ihr dabei.
Das Walküren-Oktett war durch die Regie optimal beweglich und bot musikalisch eine homogene Leistung.

Das fachkundige Publikum zeigte sich zu Recht begeistert und bejubelte besonders zwei Sänger - Michael Furman und Egils Silins.


DAS RHEINGOLD

8.12.16 | Im österreichischem Linz hat Uwe Eric Laufenberg Wagners Ring zuerst mit seinem Team inszeniert. Für die Bayreuther Macher wohl ein Grund, ihn für die Parsifal-Produktion 2016 kurzfristig zu verpflichten. Ob man wohl das gesehen hat, was sich auf der Linzer Bühne abspielte?
In seinem Stammhaus Wiesbaden bringt nun der Intendant sein Ring-Abenteuer nochmals auf die Bühne. Der Vorabend wirkt auf den Betrachter aber wie ein schneller 'Abklatsch' der Arbeit in Linz; oder wirkte das da dort auch so unfertig? Als ob auf Assistentenebene in kurzer Zeit das für das Wiesbadener Ensemble noch mal umgesetzt werden durfte; so spielte sich die Handlung um den Raub des Rheingoldes im Hessischen Staatstheater ab.
Als im Innern eines großen Auges zeigte sich der Grund des Rheines. Auf Projektionen wird das Wasser als Keimzelle allen Lebens gezeigt. Die Rheintöchter können schön rutschen und Alberich kann so hinfallen. Unter einer großen Glaskugel verbirgt sich das Rheingold; nimmt man diese Kugel weg, findet man das Gold, das Alberich flugs mit einer Hacke herausschlägt.
Schlimm wird es auf den doch luftigen Höhen bei den Göttern. Ein großer Vorhang verbirgt den Hintergrund. Wird er mal als Schlitz geöffnet, ahnt man dort die neue Burg. Viele Kisten, Flokati-Teppiche auf einem Sofa befinden sich unter einem großen weißen Zelt davor. Die Götter sind hier orientalischer Abstammung in andeutungsweise entsprechender Kleidung, die Riesen sind Architekten mit Fes und Attribut. Freia umgeben zahlreiche Mädchen und Jungen, wohl Ergebnisse ihres Harem-Daseins?! Sie darf auch mit den Kleinen zu einem angedeuteten Bauchtanz ansetzen. Bei diesen Auftritten kann man absolut gerne schon mal wegsehen.
In Nibelheim hat sich Alberich im noblen Gehrock schon gut eingerichtet, während sein Bruder und die Nibelungen sich in Arbeitskleidung abmühen. Der goldene Tarnhelm umschließt fest sein Haupt und läßt gerade noch zu, daß anständig gesungen werden kann. Ein rundes Aquarium beherbergt zwei Goldfische, die mit Goldfutter verwöhnt werden - sehr lustig. Dank Videotechnik sieht man auf einer kaum kaschierten Leinwand Alberichs gut gelöste Verwandlung zu Drachen und Kröte. Wie gut, daß Loge gleich mal eben einen kleinen Käfig findet, um dort das Tier einzusperren.
Wieder oben auf luftigen Höhen ist der Käfig gewachsen und dem wieder sichtbaren Alberich wird in dieser Situation der Ring geraubt. Seine Nibelungen bringen als Lösegeld, eine fast durchsichtige goldene Krinoline mit goldenen Lamettafäden und Maske. Da darf sich Wotan nachher nicht wundern, daß er auch den Ring aushändigen muß. Höhepunkt dieser voller Einfälle überbordenden Inszenierung ist der Einzug der Götter nach Walhall. Der große dunkle Vorhang im Hintergrund fällt. Was man vorher schon als Modell sah, wird überdimensioniert sichtbar. Säulen und eine riesige Tür, die mich etwas an Bayreuth erinnert, ebenso das weitere Innere.
Alle Kisten und Kästen müssen dort hinein. Natürlich haben die Götter auf einmal Diener, die die kleinen Gegenstände hineintragen und das ist viel. Für die großen Teile kommen die Kollegen der Wiesbadener Haustechnik zu Hilfe.
Musikalisch lag der Abend in den Händen von Alexander Joel, der das Hessische Staatsorchester zu flottem präzisem Spiel animierte. Leider war mein Sitz- und Hörplatz in unmittelbarer Nähe aller Blechbläser, die sich für mich sehr dominant präsentierten. Auf der Loge links verteilten sich die Harfen, rechts das Schlagzeug. So hatten alle Platz zum munteren Musizieren. Irgendwo im Saal mischte sich auch das Orchesterspiel zu einem Gesamtklang.
Eine präzise Personenführung der Sängerdarsteller konnte man kaum feststellen. Eigentlich sah es so aus, daß alle froh waren zu wissen, wo sie standen, auf- und abgingen und was sie so zu machen hatten. Starke Spielfreude konnte man vor allem beim Sängerdarsteller des Loge feststellen, der dazu noch bestens sang. So war es immer ein Vergnügen, Thomas Blondelle als orientalischen Feuergott zu verfolgen.
Aber auch alle Kollegen sangen ausgezeichnet, hatten sehr schöne, manchmal herausragende Stimmen. So Gerd Grochowski als Wotan oder dessen Gegenspieler Thomas de Vries als Alberich, der vor allem im Nibelheim-Bild einen starken Eindruck machte. Wotans Spiel erinnerte mich aber immer wieder an das eines alteingesessenen Kammersängers. Aufhorchen lies auch der Tenor von Aaron Cawley als Froh und der satte Alt von Romina Boscolo als Erda.
Aber ob dieser Gesamteindruck sich lohnte, ins alt ehrwürdige Haus nach Wiesbaden zu kommen? Aber der Ring hat ja noch drei Abende zu bieten; es wird bestimmt besser!
Dem Publikum im vollen Saal hat es hörbar gefallen; selbst die Schulklasse im 3.Rang blieb 2h30 ruhig.


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