Theatertipps: Schauspiel Hannover

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DIE EDDA

10.5.2018 | Im März entstand nach dreimonatiger Probenzeit im großen Haus des Schauspiels eine erstaunliche Uraufführung. Wer sonst als ein isländisches Produktionsteam könnte die Vorlage für die mythische Geschichte der Edda geben und in Wort und Bild neu erzählen. Geschrieben und inszeniert wurde die Zusammenstellung des Mythos von Thorleifur Örn Arnarsson und Mikael Torfason und als packend bildhafte, phantasievolle Geschichte auf die große Bühne in Hannover realisiert. Sie wählten klug aus der zweibändigen Vorlage der Edda Teile aus, um diesen nordischen Schöpfungsmythos so verständlich wie möglich darzustellen. Für eine bestens spielbare und verständliche Übersetzung sorgte Damiàn Dlaboha, auch Dank der Sprachkultur des Ensembles.

Die Kostüme der mit Irland bestens vertrauten Karen Briem waren phantasievoll, prall, bunt und gaben auch aktuelle Hinweise, ohne mit aufdringlich wirkenden Bildern den Bezug zur Gegenwart herauszustellen.

Das Bühnenbild, der Raum, von Wolfgang Menardi ist eine zusätzliche Sensation und dieser Uraufführung mehr als würdig. Über die große Bühnenbreite und -tiefe waren alle Zugstangen mit Leuchtröhren eingesetzt, die durch laufende Auf- und Abbewegungen und feste Einstellungen immer neue Räume und Eindrücke schufen. Die Weltesche wurde Mittelpunkt des Raumes; im zweiten Teil wurde diese Mitte mit einem Gerüst umhüllt. Das ergab mit vielen weiteren bunten Bühnenbild-Teilen für die große Schauspieler-Truppe eine hervorragende Spielfläche.

Großen Anteil am Gelingen dieser Edda-Schöpfung hatte die Musik von Gabriel Cazes, der mit seinen Sound-Einspielungen und live am Klavier die Handlung musikalisch unterstützte und begleitete.

Ragnarök -das Ende- hält noch einen weiteren optischen Höhepunkt für den Zuschauer bereit. Die Bühne wird langsam geleert; die Haustechnik ist den ganzen Abend sowieso sichtbar aktiv. Das Gerüst und die Weltesche verschwinden, ebenso alle weitere Bühnenbildteile. Schauspieler müssen von ihrem Stuhl an der Rampe grausam getrennt werden und die Bühne verlassen bis auf den Halbgott Loki, dem das Ende gehört. Der ganze Bühnenboden versinkt mit ihm in die Tiefe, aus der etwas Neues entstehen wird.

Mit den Schauspielern gelingt es dem Regie-Team, die unterschiedlichen Lied- und Erzähltexte der Edda-Bearbeitung so verständlich und bildhaft in abwechselnden Strukturen darzustellen und doch wirkt alles als logisch kontinuierliche Erzählung - vom Anfang der Welt bis zum Ende. Wie in einem Film wirkende Szenen, Publikumsansprachen und Textcollagen wechseln sich in dieser Mythenretrospektive ab mit kräftigen Szenen und slapstickartigen Einlagen. Selbst in der Pause gibt es eine durchaus launige, hochkarätige Betrachtung über die Entwicklung und den Aufbau der Edda-Szenen durch einen sachkundigen Fachmann.

Gespielt wurde vom großen Ensemble exzellent; einige Szenen wurden auch zusammen mit den Darstellern entwickelt. Viele Schauspieler schlüpften mit Hilfe der grell-bunt wirkenden Kostüme von einer Rolle in die andere.

Zwei Darsteller muß man aber doch herausheben. Zur einen Sarah Franke als Donnergott Thor, die aber auch die Herrscherin der Unterwelt, Lokis Tochter Hel, darstellt.
Loki, der Halbgott des Feuers, Halbriese und Gestaltenwandler scheint für Philippe Goos auf den Leib geschrieben worden zu sein. Allein sein körperlicher und schauspielerischer Einsatz ist beeindruckend.

Das auch weit angereiste Publikum im sehr gut besuchten großen Haus des Schauspiels zeigte sich bereits vor der Aufführung bei der gut gemachten Einführung interessiert und verfolgte mit großem Interesse den Pausen-Vortrag.
Der Schlußbeifall war überwältigend und er galt allen Mitwirkenden gleichermaßen. Da ist dem Team in Hannover ein großer Wurf gelungen, der in der nächsten Spielzeit 2018/19 wieder aufgeführt wird.


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