Theatertipps: Badisches Staatstheater Karlsruhe

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GÖTTERDÄMMERUNG

7.1.2018 | Karlsruhe hat wieder einen neuen Ring fertig gestellt; diesmal mit wechselnden Regisseuren und immer mit der gleichen musikalischen Leitung. Die Inszenierung des letzten Tages scheint den Verantwortlichen besonders gelungen zu sein. Für mich ist die Inszenierung von Tobias Kratzer eine sehr spannende, durchdachte und erarbeitete Bühnenfassung, die vieles erklärt und neues zeigt.

Schon zu Beginn zeigt der rote Spielvorhang wie es aufhört "The End". Auf Regiestühlen sitzen die drei Nornen als die drei Regisseure, die die anderen Werke von Wagners Tetralogie in Karlsruhe in Szene setzten. Die erste Norn hat immer eine Partitur zur Klärung auftretender Fragen zu Hand, die zweite filmt und überträgt vieles mit einer Video-Kamera und die dritte begnügt sich mit einem Reclam-Heft. Das war doch hoffentlich keine Anspielung an den Kollegen? Bis zum Ende bleiben die drei Nornen im Spiel und beobachten. Im zweiten Akt dürfen sie den fehlenden Damenchor mit wenigen Einsätzen musikalisch ersetzen. Als Rheintöchter sind sie auch als Fischfrauen verkleiden.

Öffnet sich der rote Vorhang, sieht man Brünnhildes helles Schlafzimmer mit einladendem Doppelbett. Bei den Gibichungen herrscht im Bühnenbild von Rainer Sellmaier schwarze Glanzoptik mit durchsichtiger Folie an den Wänden vor. Die fehlende Natur wird durch mobile Bäume zu Siegfrieds Tod aufgestellt und soll später zeigen, daß diese eine Änderung in der Weltordnung zeigt.

Es wird klar, daß Siegfried von Brünnhildes weiblichen Reizen erst mal genug hat und zu neuen Taten aufbrechen möchte; auch ihre eindringlichen Gesten hindern ihn nicht daran, mit Grane in die Welt zu ziehen. Gunther erwiedert die körperlicher Zuneigung des Helden und man versteht, warum er 'kein Weib' hat. Den ermordeten Siegfried liebevoll umarmend stirbt auch der Gibichung. Nothung ist hier kein Schwert, sondern ein männlich-phallisches Synonym; da wird sich oft zwischen die Beine gegriffen. Gunther ist daher auch nicht in der Lage, den Begattungsakt auf dem Brünnhilde-Felsen - im weißen Doppelbett - zu vollbringen. Für ihn muß der wartende, masturbierende Siegfried einspringen, der für 'beide Seiten' offen ist.

Das Ross Grane sieht man als lebendes schönes Pferd zu Beginn des zweiten Aktes. Wenn es später tot unter einer Plane wieder auf die Bühne gebracht wird, steht bereits Siegfrieds Tod fest - vor dem Terzett. Auf einem Oldtimer-Auto wird Brünnhilde zur Hochzeit mit Gunther gebracht und es kommt so zum sehr spannend gemachten Konflikt.

Siegfried wird von Hagen abgestochen, ebenso Gunther, Gutrune ersticht Hagen. Die Geschichte ist so für die drei Nornen zu Ende erzählt. Doch nicht für Brünnhilde. Sie zerreißt die Partitur und verbrennt die drei Regie-Stühle. Auf einem eigenen Regiestuhl übernimmt sie die Leitung des Geschehens und inszeniert ihr Ende; so wie sie es möchte. Wie im rückwärts laufender Film, stehen die Ermordeten wieder auf, die Handlung läuft wieder zurück, über den Vergessenstrank bis hin zu Siegfrieds Abschied mit Granes Zaumzeug und dem Wink auf das weiße Doppelbett, in das der Held wieder mit ihr hüpfen wird. Das ist Brünnhildes Wunsch-Ende.

Musikalisch geschieht das alles auf hohen Niveau unter der Leitung von Justin Brown; die üblichen Patzer beim Blech hielten sich bei der badischen Staatskapelle in Grenzen. Leider ist der Orchestergraben für alle etwas zu klein, so daß die vier Harfen oberhalb des Grabens aufgestellt werden mußten.

Einige Sänger ließen sich entschuldigen; alle sangen aber sehr achtbar. Die Besetzung wies eine große Anzahl an Gastsängern auf. Daniel Frank war in Spiel und Gesang ein optimaler Siegfried. Thomas Berau -er sprang als Gunther ein- war ein adäquater Partner für Siegfried, in Stimme und Spiel. Ebenso Christina Niessen als Gutrune. Der hauseigene Kammersänger Konstantin Gorny brachte seinen kultivierten Bass für die finstere Figur des Hagen zur Geltung. Jaco Venter als dessen Vater Alberich formulierte ebenfalls eindinglich die Aufgaben für seinen Sohn.

Bei Sarah Castle als 1.Norn und Floßhilde fehlte eine satte Tiefe; als Waltraute war ihre Stimme gut aufgehoben. Dilara Baster war mit schöner großer Stimme die 2.Norn und Wellgunde. An de Ridder glänzte mit strahlendem Sopran als 3.Norn. Agnieszka Tomaszewska bot mit ihrem klaren Sopran eine exzellente Woglinde. Ein Sonderlob an die Maske, die die Sängerinnen in ansehnliche männliche Regisseure verwandelte.

Da konnte bei Heidi Melton als Brünnhilde Kostüm und Maske aber nicht viel helfen. Die kleine Figur der Sängerin und ihr sehr korpulenter Körper war mit einem leichten Kleid nicht zu kaschieren. Das war wirklich kein Hingucker. Musikalisch bot Heidi Melton aber eine ausgezeichnet Leistung mit großem Sopran, der in der Höhe und in der Mittellage sehr ansprechend klang.

Das Publikum bedankte sich für die sehenswerte, interessante Inszenierung, für die Umsetzung der Sänger in Spiel und Gesang, mit lang anhaltendem Beifall, der natürlich auch die Leistung der badischen Staatskapelle und die Herren des erweiterten Staatsopernchores mit einschloß.


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